Netzpolitischer Wochenrückblick KW 3: Es gibt auch gute Nachrichten!

Während das EU-Parlament Überwachungsexporte einschränken will, fliegen über dem Mittelmeer zunehmend Spähdrohnen und -flugzeuge. Dafür gibt es endlich wieder Geheimdienstkontrolleure im Bundestag. Und eine genossenschaftliche Taxi-App und ein Etappensieg für die Informationsfreiheit machen Hoffnung.

Einfach mal entspannen: Schönes Wochenende allen! – CC0 pixabay.com

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Seit Anfang des Jahres ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ein Dauerbrenner. Große soziale Netzwerke müssen strafrechtlich relevante Inhalte löschen und schießen dabei über das NetzDG hinaus, indem sie gleich ganze Accounts sperren – was das Gesetz nicht verlangt. Was das für einen Flächenschaden verursacht, zeigen viele Beispiele, etwa das Satire-Magazin Titanic. Aber es gibt noch weitere. Wir haben den Fall von Jörg Rupp aufgearbeitet, der sich gegen Rechts engagiert und nun wegen angeblicher Hassrede gelöscht wurde – Twitter hatte einen Tweet ohne jeglichen Kontext betrachtet.

Währenddessen beschäftigt sich die EU-Kommission damit, wie Falschnachrichten im Netz eingedämmt werden können. Eine Gruppe aus Forschern, Journalisten und Plattform-Vertretern soll dazu Vorschläge vorlegen.

EU – für und gegen Überwachung

Das EU-Parlament beschäftigt sich derzeit mit Regeln für den Verkauf von Überwachungstechnologie in autoritäre Staaten. Die meisten Abgeordneten wollen Schlupflöcher schließen, die solche Deals möglich machen. Das macht Hoffnung, nun sind die Regierungen der Mitgliedstaaten am Zug.

Die eigenen Überwachungsbemühungen der EU stimmen dafür weniger optimistisch, ein Portal vereinfacht den Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen aus der Satellitenaufklärung für Militärmissionen – unter anderem für Migrationskontrolle auf dem Mittelmeer. Dort fliegen auch Drohnen und Kleinflugzeuge übers Wasser, EU-Agenturen ziehen positive Bilanz für ein Pilotprojekt, getestet haben sie unter anderem die Verfolgung von langsamen und schnellen Schiffen, das Erkennen von kriminellen Handlungen an Bord und das Aufspüren von über Bord gegangenen Personen.

Deutschland: Überwacher-Überwachung

Seit dieser Woche gibt es endlich wieder ein arbeitsfähiges Parlamentarisches Kontrollgremium im Bundestag. Die Geheimdienstkontrolleure setzen sich aus alten Hasen und Neulingen zusammen, wir haben die Kandidaten vorgestellt. Nur einer ist an der Wahl gescheitert, der umstrittene Rechtspopulist Roman Johannes Reusch von der AfD.

Lichtblicke im grauen Winter

Als Gegenpol zum grauen und stürmischen Wetter gibt es erfreulich viele gute Nachrichten diese Woche: Die Informationsfreiheit kann einen Zwischensieg feiern. Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass die Bundesregierung offenlegen muss, wie viel Geld sie an ihre Anwälte zahlt. Doch der Streit dürfte noch nicht zu Ende sein, denn das Innenministerium wehrt sich gegen diese Transparenz.

In der Schweiz hat ein breites Bündnis genügend Stimmen gesammelt, um eine Volksabstimmung über die im letzten Jahr beschlossenen Netzsperren durchzuführen. In London gibt es nun eine genossenschaftlich organisierte Taxi-App, die einen Gegenpol zu Uber und Co. bilden will, und Wissenschaftseinrichtungen solidarisieren sich im Kampf um mehr freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen.

Eine weitere Hoffnung ist Max Schrems Initiative „noyb – None of your business“. Um das erste Jahr der Organisation zu finanzieren, die Datenschutz-Klagen gegen Großkonzerne plant, läuft derzeit ein Crowdfunding.

Videotipp – wenn es die Internetverbindung zulässt

Wer Unterhaltung fürs Wochenende sucht, dem sei die Geschichte des ersten viralen Videos im Internet empfohlen, das eigentlich eine Promo-Aktion war. Wer beim Videoschauen Probleme hat wegen der Internetgeschwindigkeit, befindet sich in bester Gesellschaft: Die Bundesnetzagentur hat herausgefunden, dass über neunzig Prozent der Nutzer nicht die Geschwindigkeit zur Verfügung haben, für die sie bezahlen. Wir haben das mal am Beispiel eines Backofens illustriert.

Als spannenden Lesestoff legen wir euch den Text von Julia Krüger ans Herz, der Möglichkeiten aufzeigt, wie der Mensch die Kontrolle über den Algorithmus behalten kann. Und wer endlich verstehen will, was es mit dem Hype um Bitcoin und Blockchain auf sich hat, kann das in unserem Interview mit dem Mathematiker und Kryptographen Rüdiger Weis erfahren.

Zum Schluss noch eine Veranstaltungsempfehlung: Im Theater Hebbel am Ufer in Berlin gibt es zurzeit einen Big-Data-Schwerpunkt unter dem Titel „Spy on me“ mit spannenden Vorstellungen und Diskussionsveranstaltungen.

Wir wünschen ein schönes Wochenende!

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