Hamburg bezahlt Lehrkräfte für Entwicklung offener Unterrichtsmaterialien

Seit 2012 wird in Deutschland intensiv über Potentiale offen lizenzierter Lehr- und Lernunterlagen diskutiert. In Hamburg werden jetzt nicht nur in größerem Stil mit öffentlichen Mitteln solche Open Educational Resources (OER) finanziert, es werden auch eingereichte Materialien quasi zertifiziert.

– CC0 Wokandapix

Parallel zur Präsentation des Buchs „Freie Unterrichtsmaterialien“ (auch als PDF-Download verfügbar) des deutschen OER-Vorkämpfers Jöran Muuß-Merholz verkündete gestern die Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) ihre Pläne, gemeinsam mit der Joachim Herz-Stiftung in den Jahren 2018 und 2019 „Digitale Unterrichtsbausteine“ entwickeln zu lassen:

Die BSB hat dazu ein Team von Hamburger Lehrkräften zusammengestellt, die digitale Unterrichtsmaterialien entwickeln werden. Alle beteiligten Lehrkräfte verfügen über eigene umfangreiche Erfahrungen im erfolgreichen Unterricht mit digitalen Bildungsmedien in Hamburg. Das Redaktionsteam ist in der Stabsstelle Digitalisierung beim Chief Digital Officer der Behörde für Schule und Berufsbildung angesiedelt.

Die in vierwöchigen Zyklen entwickelten und von Testern geprüften Unterrichtsmaterialien sollen dann erstmals zum Schuljahresbeginn 2018/19 auf einer Onlineplattform unter offenen Lizenzen zugänglich sein. BSB-Ansprechpartner Martin Brause zu Folge wird „zum Einstieg ein Team von 30 Redakteurinnen und Redakteuren in kleinen Teams und mit agiler Entwicklungsmethodik“ die Unterrichtsbausteine entwickeln. Die involvierten Lehrkräfte erhalten für ihr Mitwirken Anrechnungsstunden, also quasi eine temporäre Reduktion ihrer Lehrverpflichtung.

Offen für externe Einreichungen

Zusätzlich zu den redaktionell erstellten Inhalten können auch extern Unterrichtsmaterialien eingereicht und nach Prüfung offen lizenziert auf der Plattform bereitgestellt werden:

Neben den digitalen Unterrichtsbausteinen, die vom Redaktionsteam entwickelt werden, können auch Materialien aus Schulen, Fachseminaren, Fortbildungsveranstaltungen und aus anderen Quellen zusammengetragen und aufbereitet werden. Die digitalen Unterrichtsbausteine durchlaufen dann einen Qualitätszyklus und werden unter entsprechenden CC-Lizenzen als Open Educational Resources (OER) bereitgestellt.

Damit verbunden ist eine Chance für all jene Lehrkräfte, die bislang aus Unsicherheit hinsichtlich rechtlicher Fragen vor einer digitalen Veröffentlichung ihrer Materialien zurückgescheut haben, diese quasi „gegenchecken“ zu lassen.

Die Hamburger Initiative betritt damit gleich in doppelter Hinsicht digitales Bildungsneuland in Deutschland: Ähnlich wie in Berlin werden öffentlich finanzierte Lehrkräfte im Rahmen ihrer bezahlten Tätigkeit offene Lehr- und Lernunterlagen erstellen. Und mit der Öffnung für externe Einreichungen gibt es damit ein erstes Zertifizierungsangebot einer Bildungsbehörde für Open Educational Resources.

Korrekturhinweis, 13.2.2018, 13:07: Titel korrigiert und Link auf die „DigitalbotschafterInnen“ in Berliner Schulen ergänzt.

Eine Ergänzung

  1. Alle LehrerInnen erstellen während ihrer Arbeitszeit Unterrichtsmaterialien. Und viele tun so, als ob sie ihr Privateigentum wären. Aber sie gehören dem Staat. Es wundert mich, dass diese nicht viel rigorosen vorgeht, denn die Erstellung von Unterrichtsmaterialien kostet viel Zeit und damit viel Geld. Und sie können sehr unterschiedlicher Qualität sein. Müssen aber dich nur 3 die Lehrpläne wiedergeben! Darum: LehrerInnen müssten ihr gesamtes Material in die Schulcloud hochladen, es gemeinsam sortieren und aufbereiten. Während der Arbeitszeit!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.