Außengrenzen und „Nackt im Netz“: Surveillance-Studies-Netzwerk verleiht Journalismuspreis

Auch wenn das Thema aus den Medien nicht wegzudenken ist: Noch immer wissen wir über Überwachung und ihre Wirkungen viel zu wenig. Ein Forschungsnetzwerk zeichnet deshalb jährlich besonders gelungene journalistische Beiträge zum Thema aus. In diesem Jahr werden Recherchen zu Online-Tracking und der Aufrüstung der EU-Außengrenzen geehrt.

Üdberwachungsdiskussionen „jenseits von Datenschutz und Big Brother“: Das Netzwerk Surveillance Studies zeichnet JournalistInnen aus. Screenshot: NDR / Nackt im Netz

Das Forschungsnetzwerk Surveillance Studies zeichnet die JournalistInnen Svea Eckert, Jasmin Klofta, Harald Schumann und Elisa Simantke mit seinem jährlichen Medienpreis aus. Mit dem seit 2012 verliehenen Preis hofft das Netzwerk, „die wissenschaftliche und journalistische Aufmerksamkeit jenseits von Datenschutz und Big Brother zu fördern und die Diskussion auf ein anderes Niveau zu heben.“

Aufgezeichnetes Surfverhalten und Aufrüstung der EU-Außengrenzen

Eckert und Klofta hatten in der TV-Recherche „Nackt im Netz“ (NDR) gezeigt, wie vermeintlich vertrauenswürdige Browser-Plugins das Surfverhalten von NutzerInnen aufzeichnen und wie leicht es ist, diese Daten zu kaufen. Beeindruckt habe die Jury „vor allem die Art der Recherche sowie die Konfrontation von verschiedenen Betroffenen, insbesondere Bundestagsabgeordneten, mit den Befunden.“ Der Datensatz, den das Recherche-Team erstand, enthielt unter anderem Informationen über Staatsminister Helge Braun (CDU) und den heutigen SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

Schumann und Simantke hatten im Tagesspiegel-Dossier „Grenzenlose Überwachung“ über die technische Aufrüstung an Europas Außengrenzen berichtet. Die Jury prämiert „die außerordentliche Recherche zu diesem Thema sowie die Tiefe der analytischen Berichterstattung, die über das bloße Erzählen hinausgeht.“ Mit einem internationalen Team hatten Schumann und Simantke unter anderem gezeigt, dass die Aufrüstung in erheblichem Maße durch europäische Rüstungskonzerne sowie deren Lobbyorganisationen vorgedacht und beeinflusst ist. Die Verquickung von Administration und Wirtschaft geht so weit, dass die Vergabe von Fördermitteln von Gremien gesteuert wird, die zu großen Teilen mit Lobbyisten besetzt sind – welche dann ihren eigenen oder ehemaligen Firmen Gelder zuschieben.

Preisverleihung in Hamburg

Eine besondere Erwähnung – sozusagen für sein Lebenswerk – erhält der Wiener Journalist Erich Möchel. Gewürdigt werden „seine jahrelange qualitativ hochwertige Arbeit und kritische Berichterstattung zu neuen Technologien und Überwachung.“

Die Preisverleihung findet am 29. Januar 2018 in Hamburg statt. Die diesjährige Surveillance-Studies-Lecture hält Professorin Dr. Judith Simon, Philosophin am Fachbereich Informatik der Universität Hamburg. Die Verleihung ist Teil der Ringvorlesung Daten, Algorithmen, Kontrolle der Zukunft.

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