Apple-Chef Tim Cook fordert eine Datenschutzgrundverordnung für die USA

In einer Rede vor Datenschützern in Brüssel warnt Tim Cook vor dem „Daten-industriellen Komplex“ und fordert ein US-Datenschutzgesetz nach EU-Vorbild. Was dem Apple-Chef mächtigen Applaus einbringt, soll allerdings auch von den Steuervermeidungs-Strategien des wertvollsten Unternehmens der Welt ablenken.

Tim Cook
Apple-Chef Tim Cook im Jahr 2012 CC-BY 2.0 Mike Deerkoski

Apple-Chef Tim Cook hat bei einer Rede vor Datenschützern in Brüssel ein US-amerikanisches Datenschutzgesetz nach Vorbild der europäischen Datenschutz-Grundverordnung gefordert. „Wir bei Apple unterstützen ein umfassendes Bundesgesetz für Privatsphäre in den Vereinigten Staaten“, sagte Cook bei der Konferenz der europäischen Datenschutzbehörden (ICDPPC). In seiner Ansprache betonte Cook das Bekenntnis seiner Firma zum Schutz der Privatsphäre ihrer Nutzer – und teilte Seitenhiebe gegen Mitbewerber wie Google und Facebook aus.

Cook warnte in Brüssel vor einem entstehenden „Daten-industriellen Komplex“. Damit stellte er einen direkten Verweis zum „militärisch-industriellen Komplex“ aus Rüstungsindustrie und Regierungsbehörden her, der in den USA seit Jahrzehnten für Militarismus und Aufrüstung verantwortlich gemacht wird. „Daten werden mit militärischer Effizienz gegen uns als Waffen eingesetzt“, sagte Cook in Brüssel.

„Privatsphäre und KI sind kein Gegensatz“

Der Apple-Chef schoss sich in seiner Rede auf das Geschäftsmodell der Datenfirmen ein. „Zahllose Entscheidungen werden heute auf Basis unserer Vorlieben und Abneigungen gemacht, unserer Hoffnungen und Träume“, sagte Cook. Mit der Datensammlung würden dauerhafte Profile von Nutzern erzeugt und die verantwortlichen Firmen „kennen dich besser als du dich selbst“. Dabei drohe jedoch wachsende politische Polarisierung, denn aus harmlosen Vorlieben würden rasch verhärtete Überzeugungen. „Wir lesen jeden Tag Bericht über den tödlichen Effekt solcher enger Weltsichten“, sagte Cook. Schuld sei der Datenhandel. „Das ist Überwachung. Das sollte uns sehr unangenehm sein. Es sollte uns verstören.“

In Brüssel beschwor Cook die „geteilten Interessen“ seiner Firma mit den EU-Datenschützern. „Wir hoffen, mit ihnen als Partner zu arbeiten“, erklärte der Apple-Chef. Technologie könne heute bei allen großen Fragen helfen, vom Kampf gegen Krankheiten bis zu Verhinderung des Klimawandels. Dafür sei aber Respekt für die Würde und Privatsphäre der Nutzer nötig, auch bei der Entwicklung von auf großen Datenmengen basierender Künstlicher Intelligenz. „Damit Künstliche Intelligenz wirklich intelligent wird, muss sie menschliche Werte respektieren“, sagte Cook. Privatsphäre und KI seien keine Gegensätze.

Tatsächlich grenzt sich Apple in Privacy-Fragen schon seit Jahren von seiner Konkurrenz ab. Der als wertvollstes Unternehmen der Welt geltende Technologiekonzern verdient einen großen Teil seiner Einnahmen mit hochpreisiger Hardware wie Laptops und dem iPhone und betont dabei seinen Einsatz für die Privatsphäre der Nutzer. Konkurrenten wie Google und Facebook verdienen ihr Geld vor allem mit Werbung und sammeln dafür im großen Stil Nutzerdaten. (Das hinderte im Übrigen Vertreter beider Konzerne nicht daran, bei der Konferenz in Brüssel ebenfalls Lippenbekenntnisse für eine Art US-Datenschutzgrundverordnung zu leisten. Wie die aussehen soll, sagten die Firmenvertreter allerdings nicht.)

Mit seiner verschärften Rhetorik und dem offensiven Werben für neue Datenschutz-Maßnahmen sammelt Tim Cook in Brüssel dringend nötige Unterstützung, denn seine Firma war zuletzt wegen großangelegter Steuervermeidung unter Beschuss. Derzeit diskutieren die EU-Staaten Vorschläge zur Einführung einer Digitalsteuer, diese wird jedoch von einigen Staaten und mit Unterstützung der Tech-Lobby blockiert. Apple nutzt seinen Einsatz für den Datenschutz durchaus geschickt, um von seinen Steuer-Taktiken und anderen Kritikpunkten abzulenken.

Update 24. Oktober 2018: Die Sätze zur Haltung von Google und Facebook zu einer umfassenden US-Datenschutzreform wurden im Laufe des Tages der Veröffentlichung nachträglich hinzugefügt.

8 Ergänzungen

    1. Pssst! Nicht so laut!

      Ist doch besser, wenn Apple die Daten seiner Nutzer selbst verkauft als irgendwelche bösen Hacker.

  1. „Was dem Apple-Chef mächtigen Applaus einbringt, soll allerdings auch von den Steuervermeidungs-Strategien des wertvollsten Unternehmens der Welt ablenken.“

    Ganz schön wertende Unterstellung, die meiner Meinung nach nicht in einen journalistischen Artikel gehört. Konjunktiv wäre hier wohl angebracht.

  2. Was hindert Apple daran sich der EU-Datenschutzverordnung anzuschließen und sie im eigenen Konzern weltweit umzusetzen?
    Lippenbekenntnisse sollten man erst dann ernst nehmen wenn auch Konsequenzen eingegangen werden.

    1. Es geht darum, der Konkurrenz das Geschäftsmodell zu vermiesen bzw. das von Apple selbst gesammelte Daten-Gold vor eben dieser zu schützen.

      Da soll noch einer sagen, es ließe sich mit Datenschutz kein Geld verdienen.

  3. Deswegen wird ja das tägliche Backup in die icloud,was unter anderem den Anrufverlauf, Bilder und Videos, Nachrichten und App-Daten umfasst, auch nicht mehr per Default /Standard eingestellt!
    Ach nö, waren dann doch nur wieder Lippenbekenntnisse und Geschwätz- wie bei unseren Automanagern…

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