Urheberrechts-Richtlinie: Die EU will Copyright-Verstöße stärker filtern als Terror-Propaganda

Sämtliche Internet-Inhalte sollen in Zukunft von Webseiten-Anbietern überwacht und bei Urheberrechts-Verstößen gelöscht werden. Das hat die EU-Kommission in ihrer Urheberrechts-Richtlinie vorgeschlagen. Jetzt liegt es an den EU-Abgeordneten, diese gefährliche Zensurmaschine zu verhindern.

Mit Upload-Filtern ist das Internet weniger bunt. CC-BY-NC 2.0 Joe Edwards

Joe McNamee ist geschäftsführender Direktor der NGO European Digital Rights (EDRi). Dieser Artikel erschien zunächst im Newsletter EDRi-Gram. Übersetzung von Lennart Mühlenmeier und Andre Meister.

Im September 2016 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine EU-Richtlinie zum Urheberrecht veröffentlicht. Damit soll eine ständige Überwachung und Filterung von praktisch allem, was in Europa in das Internet hochgeladen wird, aufgebaut werden.

Den drastischen Regeln zufolge müssen Internet-Uploads gescannt werden, um festzustellen, ob hochgeladene Fotos, Videos oder Texte urheberrechtlich geschützt sind – auf Basis von Informationen von Rechte-Inhabern. Damit würden beispielsweise Internetphänome wie Memes blockiert, die urheberrechtlich geschützte Bilder oder Videos, Parodien, Zitate und andere vollkommen harmlose Aktivitäten enthalten.

Um Internet-Firmen zu ermutigen, Inhalte so gründlich wie möglich zu überwachen und zu löschen, wird zudem vorgeschlagen, die Provider-Haftung für hochgeladene Inhalte zu verschärfen.

Bemerkenswerterweise gehen die vorgeschlagenen Maßnahmen für das Urheberrecht weit über das hinaus, was die EU gegen terroristische Online-Inhalte vorgeschlagen hat. Im Rahmen der neuen Anti-Terror-Richtlinie hielt es die EU nicht für notwendig oder verhältnismäßig, verpflichtende Upload-Filter, neue Überwachungs-Pflichten oder eine verschärfte Provider-Haftung vorzuschlagen. Aber alle drei Maßnahmen werden vorgeschlagen, um die scheinbar größere Bedrohung von Internet-Memes zu bekämpfen:

Maßnahme/Richtlinie Urheberrecht
(Vorschlag)
Anti-Terror
(Beschlossen)
Verpflichtende Upload-Filter
JA
NEIN
Neue Überwachungs-Pflichten
JA
NEIN
Verschärfte Provider-Haftung
JA
NEIN

Diese Woche endet die Frist für Änderungsanträge in den zwei führenden Ausschüssen des Europäischen Parlaments: Recht (JURI) sowie Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO). Bald danach können wir sehen, welche Abgeordneten vorgeschlagen haben, den Schaden aus den extremen Vorschlägen der Kommission zu beseitigen oder zu minimieren.

Bisher gibt es ein paar gute Neuigkeiten. Die für die Akte im JURI-Ausschuss zuständige Abgeordnete, Therese Comodini Cachia, hat den Umfang der Vorschläge teilweise eingegrenzt. Auch die Abgeordnete Catherine Stihler, die für die Akte im IMCO-Ausschuss zuständig ist, hat die schlimmsten Elemente entfernt.

Allerdings gibt es immer noch viel Unterstützung für den Vorschlag im Parlament, vor allem von Konservativen wie Sabine Verheyen und Angelika Niebler. Viel mehr Arbeit ist erforderlich, um den Vorschlag zu verbessern.

Und Du kannst helfen! Besuche unsere Kampagnen-Seite SaveTheMeme.net und verteile das Kampagnenvideo gegen die „Zensurmaschine“.

17 Ergänzungen

  1. dann werden Filme halt wieder vermehrt über Tauschbörsen getauscht. Ist sowieso besser, da nahezu unzerstörbar weil dezentral.

    1. möglicherweise wäre dies die lösung für ein problem: filme gegen willen der autoren irgendwo her runterladen wäre weiterhin machbar.

      es gibt einen bunten strauß anderer probleme, die der vorschlag verursacht, und die lassen sich leider nicht durch tauschbörsen korrigieren.

      der richtlinienvorschlag gefährdet interessen von nutzern, autoren und distributoren. es wird eine infrastruktur geschaffen, die alle beteiligten gefährdet.

      nicht nur ihre kostenlosen kinoabende.

      .~.

  2. Moin, ich glaube zwei Ergänzungen sind nicht ganz unwichtig.
    Die erste: Es handelt sich (mindestens) um das Kapitel 2 (Bestimmte Nutzungen geschützter Inhalte durch Online-Dienste) in dem verlinkten PDF.

    Die zweite: So wie ich das in der Schnelle lese, geht es nicht um einen allgemeinen Upload-Filter, der durch ¡ jede ! Anbieterin eines Internet-Dienstes eingeführt werden soll. Sondern um Filter (großer) Dienste die user-generated-content anbieten. Trotzdem, rechtlich ergibt sich damit in meinen Augen aber schon die Lücke bei Webpages mit (viel) genutzten Kommentarmöglichkeiten (Bild, Ton , Text).
    Es handelt sich nach jetziger Lesart, bei sehr gutmütigster Auslegung, auch nicht um den Vorschlag eines allumfassenden Filters (wobei das aufs äußerste schwammig formuliert ist), sondern um einen Filter der nur bei Webanwendungen greift. Oder reden die wirklich von ssh/ftp/sql etc. Filtern? Bleibt das so schwammig, soll dann auch source-code gefiltert werden?

  3. Es ist schön zu beobachten, wie fleissig die großen Vorsitzenden der EU-Kommission auf die über alles stehenden Belange der Content-Industrie Rücksicht nehmen, und dabei keine Mühen scheuen, von ihren großen Vorbildern, wie China, Russland, Türkei, Nordkorea und andere, bezüglich Belehrung ihrer Untertanen, eifrig zu lernen.

  4. Währenddessen kreisen die Themenfliegen in den Big-Media um den immer selben, eine Hand voll höchstens beinhaltenden Zutaten, Brei.

  5. Währenddessen kreisen die Themenfliegen in den Big-Media um den immer selben, höchstens eine Hand voll Zutaten beinhaltenden, Brei.

  6. „…Bemerkenswerterweise gehen die vorgeschlagenen Maßnahmen für das Urheberrecht weit über das hinaus, was die EU gegen terroristische Online-Inhalte vorgeschlagen hat.“

    Das liest sich einwenig so, als würden die Maßnahmen der EU gegen „terroristische Online-Inhalte“ als Grund für die „vorgeschlagenen Maßnahmen für Urheberrecht“ herhalten und im direkten Zusammenhang stehen.

    Ist das unglücklich formuliert oder habe ich das einfach missverstanden?

  7. Es ist schon urkomisch: bei der GEMA stehen über 6000 Künstler unter Vertrag, von denen aber nichtmal die Hälfte was von den Einnahmen abbekommt. Bei Spotify und Co bekommen die Künstler 1 Cent pro Download / Click, hingegen die Betreiber 99 mal soviel einnehmen. Bei Steam (Spielebereich) bekommt Steam 75 und der Macher der Produkte nur magere 25% – das nennt Ihr fairen Umgang mit den Kreativen?
    Wäre ich Künstler, dann würde ich mich von Euch so richtig verarscht fühlen – dann wäre es mir persönlich lieber, wenn mein Kram illegal in Umlauf käme und ich nix davon hätte, als dass ich mir Euren Bullshit anhören müsste und ebenfalls leer ausginge.

    1. Wo hast Du die Zahlen her? Mir kommen die ziemlich ausgedacht und nicht-faktisch vor. Hast Du mal Belege / Quellen für Deine Thesen und die Zahlen, bevor wir hier darüber weiter diskutieren?

      1. Eher grottendämlich, wenn auch mit Zufallstreffern einhergehend. Zunächst die GEMA nimmt niemanden unter Vertrag sondern ist ein Verein mit derzeit 60.000 angeschlossenen Mitgliedern der vom Göbbels zwangsweise dazu verdonnert wurde, als Rechtshülle dafür gerade zu stehen, daß jeder jede Musik ( auch von Nicht Gema Mitgliedern !) öffentlich spielen darf ohne sich dafür Einzellizensen einholen zu müssen. Schließlich hat schon Göbbels lange vor der Club Kultur erkannt, dass sich mit Musik prima Laune gegen den Bombenhagel in den Städten und an den Schätzengraben der Front verbreiten lässt. Den Ausgleich für diesen Rechtentzug an den Komponisten und textdichtern gelten Veranstalter pauschal mit einer Gebühr ab, Das Inkasso und die Abrechnung hat Göbbels der GEMA aufs Auge gedrückt. Das gilt bis heute. Und wurde in den 70iger Jahren sogar ausgeweitet, da damals neben den Rundfunk die Kopiermedien dazukamen, und Rechteinhaber für die legale private Nutzung wieder gegen eine Zahlung einer Pauschale zwangslizensieren müssen. Soviel dazu, was die GEMA eigentlich ist. Jährlich kommen so etwa 800 Mill. zusammen die verteilt werden müssen. Diese Verteilung ist ein schwieriger Prozeß, denn wie erfasst man, wer wie oft wo gespielt wird, und welche Summe jeweils den Einzelnen zustehen. Kein Wunder ist diese Verteilung im ständigen Wandel. Vor der Onlinezeit bildeten die Playlists der Radios eine wichtige Datenbasis. Und da werden numal, ob es den Alternativ Musiker passt oder nicht, 90 % der Musik von den immer gleichen 2% gespielt. Zwischenzeitlich gibt es jährliche Änderungen um besser auch Playlists erfassen zu können, die sich außerhalb des Radios abspielen. Da passiert viel denn es muss ohne Frage besser werden. Bei Spodify hat der Autor zumindest teilweise einen Zufallstreffer gelandet. Zwar bezahlt Spodify durchaus stattliche Summen die Labels, doch diese leiten dies mit allerlei fragwürdigen Rechtkonstrukte nicht an die Musiker weiter. Somit weigern sich Musiker mit 2 Cent im Hirn längst Spodify in eine Label Lizenz zu geben. Fakt ist, erst jetzt, langsam und nach und nach, formieren sich unabhängige Musikerzusammenschlüsse, die fähig genug sind gefunden zu werden und ein attraktives Angebot machen zu können. Dadurch das dafür keine unschönen Label Deals mehr nötig sind, bleibt sogar richtig was dabei hängen und taugt sogar für den Aufbau von Altersvorsorge. Um das voranzutreiben brauchen diese Musiker jedoch EINEN STARKEN URHEBERSCHUTZ, in etwa GENAU SO, wie es unsere aktuelle Deutsche Rechtslage bereits vorsieht. Und nun kommen allerlei Schmarotzer die die Leistung der Musiker gern nutzen möchten, um Ihre Plattformen , sei es Google, Wikimedia oder etc. etc. möglichst attraktiv machen zu wollen um möglichst umfassend und kostenlos Daten abgreifen zu können ( man lernt ja gern von Göbbels) aber, im Gegensatz zum Reichskuluturminister, nichts dafür bezahlen wollen, denn es könnte ja die Mrd. Gewinne ohne externe Kosten mindern. Und nun gibt es seit Jahren hinreichdend Dödel die die Mär von „Urheberrecht das dringedn geändert werden müssen “ in allerbester Hirntodmanier nachplappern und sich nicht für 2 Cent gedanken dazu machen, von wen das ganze initiiert wird.

  8. Der Autor wird als …Je McNamee ist geschäftsführender Direktor der NGO European Digital Rights (EDRi).,,, vorgestellt. Fast richtig aber wg. Unterlassung grob falsch. Auch wenn man NGO bewusst großzügig sachfern auslegt. Richtig ist…Joe McNamee ist Chef der als Lobbyorganisation im EU Register eingetragender EDRI. Die EDRI lobbyiert für in allen Belangen unreguliertes Internet. Hintergrund sind die Wertschöpfungsperspektiven der Hauptsponsoren, die sich aus fehlender Regulation ergeben. Ebenso lobbyiert die EDRI für eine Absenkung von Schutzhöhen für einzelne Akteure, z.b Urheber. Der Hintergrund ist auch hier klar, je weniger Regulation und Schutz einzelner, umso mehr Umsatz für die Profiteure der „Teilen ist das Neue haben“ Aktivisten. Das das monetäre „Haben“ und die Wertschöpfungsverlagerung dabei weitgehend zu den Hauptsponsoren der EDRI umgeleitet wird, hat NP noch nie gekümmert.

  9. Da gabs doch mal einen Freiherrn von Grafenreuth ….
    Der war ähnlich drauf!
    Friede seinem Arsche!

  10. Tja, was soll man dazu noch sagen?
    Ein wenig Realismus tut hier doch gut, nicht?
    Also, durch eine Sache verlieren die heutigen Freunde und späteren Arbeitgeber unserer Politiker Geld und mit der anderen Sache machen die heutigen Freunde und späteren Arbeitgeber unserer Politiker Profite!

    Jetzt mal die Hirnzelle Einschalten und Verlust bzw. Profit richtig zuordnen, dann weiß man was man hat, guten Abend!

  11. Profit vor Sicherheit ? Urheberrecht vor Bürgerrecht ? Ziele klar definiert,unser Lobby-Club aus Brüssel ??✌

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.