Nach Trump-Dekret: Irland prüft, ob vorgelagerte US-Kontrollen an Flughäfen verfassungswidrig sind

US-Behörden kontrollieren Einreisende teils schon an europäischen Flughäfen. Nach Trumps Einreiseverbot für Bürger sieben mehrheitlich muslimischer Länder ordnet Irland jetzt eine Überprüfung der Praxis an. Die Vorkontrollen könnten gegen die Verfassung des EU-Landes verstoßen.

Dieses Schild der U.S. Customs and Border Protection könnte bald in Frankfurt/ Main hängen.

Im sogenannten Pre-Clearance-Programm haben die US-Einwanderungsbehörden ihre Einreisekontrollen in einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorverlagert. US-Personal wird hierfür an europäischen Flughäfen stationiert und mit hoheitlichen Rechten ausgestattet. Passagiere können in einer zweiten Kontrolllinie befragt und durchsucht werden, im Zweifel dürfen die BeamtInnen auch Reiseverbote verhängen. Zu den Pionieren dieser Kooperation gehören die irischen Flughäfen Dublin und Shannon.

Als Reaktion auf das umstrittene Trump-Dekret zur Einführung von Reiseverboten für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern hat die irische Regierung jetzt eine Überprüfung der Praxis beschlossen. Denn in dem 2008 unterzeichneten Abkommen zur Einrichtung der US-Kontrolllinien heißt es, dass durch die Maßnahmen keine Rechte verletzt werden dürfen, die in den Verfassungen Irlands und der USA verbrieft sind. Die Einreisebeschränkungen werden jedoch von US-Bürgerrechtsgruppen, AnwältInnen und sogar Teilen der Trump-Administration für rechtswidrig gehalten. Das Gleiche dürfte für Irland gelten.

US-Kontrolle von Mobiltelefonen in Irland und Schweden?

Laut der Irish Times unterstützen irische Zoll- und Grenzbehörden das Pre-Clearance-Programm indirekt. Sind etwa ausreisende Personen von den US-Grenzern mit einem Reiseverbot belegt, werden sie von den irischen Behörden wie frisch Einreisende behandelt und können dort Anträge auf internationalen Schutz einreichen. Wenn also die US-Regierung internationale Konventionen bricht, könnte sich die irische Regierung mitschuldig machen.

Medienberichten zufolge diskutiert das Weiße Haus, beim Grenzübertritt die Adressbücher von Mobiltelefonen der Reisenden auszulesen. Dies könnte dann auch an europäischen Flughäfen erfolgen. Möglicherweise würden dann auch andere elektronische Geräte im Rahmen einer Pre-Clearance-Kontrolle inspiziert. Reisende in die USA müssen sich seit einigen Jahren im Registrierungsprogramm ESTA zur Einreise voranmelden. Die Einwanderungsbehörde hat das Formular erst kürzlich mit einem zunächst optionalen Feld zur Angabe von Social Media-Konten ergänzt. Die Freiwilligkeit der Maßnahme wird aber in Zweifel gezogen, da bei Nichtausfüllung eventuell Nachteile für die Reisenden entstehen könnten.

Ergänzung des ESTA-Formulars mit Angaben zu Sozialen Medien.

Irischen Nichtregierungsorganisationen geht die Überprüfung der bisherigen Zusammenarbeit durch die Regierung nicht weit genug. Sie fordern Transparenz zu jeglicher Beihilfe irischer Behörden zur Durchführung von US-Kontrollen. AnwältInnen bieten Betroffenen hierzu kostenlose Beratung an. Zum jährlichen St Patrick’s Day am 17. März reist der irische Premierminister traditionsgemäß zum Weißen Haus nach Washington. Eine Petition, die Reise wegen des umstrittenen Trump-Dekrets abzusagen, hat bereits Zehntausende UnterstützerInnen.

Ausweitung des Programms auf weitere europäische Flughäfen geplant

In 2015 hatte das US-Heimatschutzministerium mehrere europäische Flughäfen für eine Erweiterung des Pre-Clearance-Programms ins Auge gefasst. Unter ihnen sind Brüssel (Belgien), Oslo (Norwegen), Madrid-Barajas (Spanien), Heathrow und Manchester (Großbritannien) sowie Istanbul Atatürk (Türkei). Wenige Tage vor der Wahl in den USA hatte die Obama-Administration die Liste abermals erweitert. Das Heimatschutzministerium will demnach auch mit zu den Flughäfen Edinburgh (Schottland), Keflavik (Island), Malpensa und Fiumicino (Italien) sowie dem Flughafen auf dem niederländischen Archipel St. Maarten verhandeln.

Die schwedische Regierung hat der Einführung von Pre-Clearance-Kontrollen am Flughafen Stockholm im November vergangenen Jahres zugestimmt. Die ebenfalls kontaktierte französische Regierung wollte ihre Zustimmung von einer Beteiligung der USA an der Finanzierung der notwendigen Maßnahmen abhängig machen.

Wunsch nach US-Kontrollen auch in Frankfurt am Main

Auch die Bundesregierung war bereits zu Kontrollen am Flughafen Frankfurt kontaktiert worden. Es handelte sich dabei aber zunächst nicht um eine offizielle Anfrage, sondern um eine Konsultation auf Ebene des Innenministeriums. Ähnliche Anfragen sind laut der Staatssekretärin Emily Haber an die Flughäfen Manchester, Brüssel-Zaventem, Paris-Charles de Gaulle und London Heathrow gerichtet worden. Die Flughäfen Madrid-Barajas und Warschau hätten demzufolge „Interesse signalisiert“.

Schon seit mehreren Jahren werden Passagiere am Flughafen Frankfurt/Main im Rahmen von „Last-Gate-Checks“ durch Bedienstete der Customs and Border Protection kontrolliert. Die US-Behörde kann dabei auch für einzelne Reisende Beförderungsverbote gegenüber den Fluglinien aussprechen. Offiziell handelt es sich dabei laut dem deutschen Innenministerium nicht um Luftsicherheitskontrollen, sondern um eine Beratung „in grenzpolizeilicher Hinsicht“. Die Mitnahme der Betroffenen wäre den Airlines zwar erlaubt, jedoch erhielte der Flieger keine Überflugs- und Landeerlaubnis in den USA.

19 Ergänzungen

  1. Ja, schön. Danke für den Bericht. Das war mir neu. Die „vorgelagerten“ Kontrollen, wie auch die sich nach Löchern im Gehirn anhörende Nummer mit den Lande-/Überflugsverboten. Was für ein paranoider, soziopathischer Mist. Was sind die Bedingungen dafür, dass das wieder aufhört?

  2. Zitat:“Offiziell handelt es sich dabei laut dem deutschen Innenministerium nicht um Luftsicherheitskontrollen, sondern um eine Beratung „in grenzpolizeilicher Hinsicht“.“

    Beratung … so kann man die Enteignung der hoheitlichen Aufgaben durch US Bedienstete auch nennen!

  3. „Die Freiwilligkeit der Maßnahme wird aber in Zweifel gezogen, da bei Nichtausfüllung eventuell Nachteile für die Reisenden entstehen könnten.“
    Das ist toll! Ich hätte da nix auszufüllen und würde mich damit verdächtig machen.
    Kannste dir nicht ausdenken!

  4. Verstehe die Aufregung um diese Kontrollen nicht. Wenn die Amerikaner mich nicht hineinlassen werden, dann würde ich das schon gerne noch auf dieser Seite des Atlantik herausfinden.

    1. Warum schicken dir mir nicht gleich eine Mail anstatt mich zum Flughafen fahren zu lassen?
      Und warum muss ich dann in den USA nochmal bei wem vorbei, der dann doch noch entscheiden kann mich zurück zu schicken (Also bin mir jetzt nicht sicher, ob das wirklich so ist, ist aber mein Verständnis)?

      Naja egal, solange mein Arbeitgeber nicht auf die Idee kommt, mich beruflich gen USA zu schicken wird sich das für mich nicht als Problem darstellen. So sehr ich den ein oder anderen netten Amerikaner den ich kenne, mal besuchen wollen würde, aber das aktuelle Theater muss ich mir nicht antun.

    2. Deswegen bin ich kürzlich auch über Dublin geflogen. Was auch den schönen Effekt hatte das wegen der 80 Minuten Aufenthalt alle Reisenden sofort an den Anfang der Schlange geholt wurden :)

  5. @Alex: Danke! Genau das verstehe ich bei dieser Diskussion regelmäßig nicht. Wenn mir schon vor der Reise gesagt wird, dass ich am anderen Ende der Reise wieder umkehren muss, ist das doch in meinem Interesse!
    Solange die kontrollierenden Personen im jeweiligen Land keine hoheitlichen Rechte haben, kann ich das Problem wirklich nicht sehen.
    (Das Problem von Einreiseverboten schon, nicht aber das der Vorkontrollen.)
    Ganz ernst gemeint: Wer kann es mir erklären?

  6. Wie wohl die USA auf das Ansinnen reagieren würde, daß die Bundespolizei Vorkontrollen an US Flughäfen vornimmt? Warum müssen alle Europäer dem Amis in den Allerwertesten kriechen? Was ist da, was ich und viele andere nicht wissen?

    1. Das ist tatsächlich Teil des Abkommens, wird aber von keinem der teilnehmenden Staaten derzeit in Anspruch genommen.

  7. Ich finde es auch gut vor einem mehrstündigen Flug zu erfahren, ob ich mir die Reise auch sparen kann. Es muss dabei aber auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Ebenso wie die Gleichheit.
    Es müssen also Vorflugprüfungen durch deutsche Beamte in US-Flughäfen eingeführt werden. Dann erfolgt eine Identifikation und eine Prüfung ob bspw. Vorstrafen vorliegen. Mehr ist indiskutabel. Soziale Netzwerkinfos geschweige denn Handyauslese und Auszüge aus Tagebüchern sind Tabu.
    Demnächst wird wohl drüber nachgedacht werden ein EEG am Flughafen zu machen und wehe man hat dabei die falsche Hirnströme…

  8. Wozu Kontrolle ? Die Kameras arbeiten doch schon rund um die Uhr, gut der Rückkanal fehlt noch. Mal schauen ob irgendeiner noch die Idee hat Farbkugeln mit Hilfe der Kameras auf die unerwünschten Reisenden zu schießen dann könnte am Flugzeug der Zutritt verwehrt werden.

    „Schaut die NSA mit? …………… 2004 hatte der BND entdeckt, dass eine Überwachungskamera des Herstellers NetBotz am Frankfurter Flughafen versuchte, sich mit dem US-Militärserver zu verbinden. “
    http://www.ingenieur.de/Themen/Datenschutz/US-Geheimdienst-zapft-weltweit-Ueberwachungskameras-an

  9. So what? Es zwingt einen Niemand in ein anderes Land zu reisen. Wenn man das doch tut muss man sich halt an die Gesetze und Prozesse des Landes halten, ich bin dort ja auch primär erstmal Gast!
    Das die Kontrollen schon im Abflugland angeboten werden ist ja eher eine positive Sache, da ich dann nicht mehrere Stunden im Flieger sitze um dann zu erfahren, dass ich nicht einreisen darf.
    Die USA kosten diese Vorkontrollen ja erstmal nur Geld und bringen ihnen keinen wirklichen Vorteil.

    1. Dann aber bitte gleiches Recht für alle und Kontrolleure aller Reiseländer an den größten deutschen Fluhäfen. Langsam wird es Zeit im Namen der Sicherheit einfach mal nackt durch eine Flughafenhalle zu laufen.

    2. Was ein lahmes Argument.
      Niemand war gezwungen Jude zu sein.
      Niemand musste Juden verstecken.
      Niemans muss heute Moslem sein.
      Niemand war gezwungen zur weißen Rose zu gehen.
      Niemand muss der Gülen-Bewegung folgen.
      Niemand muss reisen.
      Und niemand muss frei sein.

  10. Man stelle sich vor, jedes Land möchte an den größten Flughäfen anderer Länder vorgelagerte Kontrollen durchführen. Was für ein Geraffel wäre das. Aus politischer Sicht ist die USA schon lange vor Trump und Obama als Reiseland für mich gestrichen. Warum sollte man auch in ein feindlich gesinntes Land einreisen?

  11. Manchmal, nein, immer öfter wundert man sich, wie sehr nun der Fokus auf den Amis wegen Trump liegt, und wie sehr die Praxis anderer Länder vernachlässigt oder nie gesehen wurde, nie interessiert hat. Das brave Medienschaft bemerkt halt nur das, was die Medien wollen, dass es bemerkt.
    1. Mauer – auch Mexiko hat eine Mauer, an der Grenze zu Guatemala
    2. Ungefähr die selben Staaten, deren Angehörigen nun Trump die Einreise verweigern will, lassen keine Israelis ins Land, schon seit Jahren. Ebenso pauschal und ohne konkreten Verdacht.
    3. Ebenfalls seit Jahren führ Israel Vorkontrollen auf allen Flughäfen durch, wo Maschinen der ELAL fliegen. Es ist für jeden Israel Reisenden ganz normal, dass er am Abflughafen von israelischen Sicherheitsbeamten auseinander genommen, stundenlang befragt wird…
    Nicht davon kratzte die Welt und die Berufsempörten bislang.
    Es kratzt sie auch nicht, wie Mexiko seinerseits mit Migranten von noch weiter südlich umgeht. Auch seit Jahren schon.
    https://www.heise.de/tp/features/Mexiko-Betreten-verboten-3417603.html

    Aber nun, weil der pöhse Bube Trump heißt, bzw. weil das Establishment beschlossen hat, Trump zum pöhsen Buben zu machen, ist auf einmal alles furchtbar empörend, was andere schon seit vielen Jahren tun?
    Nein, mir gefällt seine Visage auch nicht, trotzdem finde ich diese ganze Empörung, ja regelrechte Hysterie, mit der da nun umgegangen wird, einfach nur vollkommen lächerlich und einseitig.
    POSTFAKTISCH eben.

  12. Komisch, das gibt’s doch schon viel länger – inkl. sämtlicher Defizite und der Verletzung staatlicher Hoheitsrechte.

    Warum hat sich Irland das nicht schon unter Obama oder Bush jr. getraut? Weil man jetzt meint, mit dem unerwünschten US-Präsidenten ein leichtes Spiel zu haben? Es wird keinen „Block“ der EU gegen die USA geben!

    Die spielen jetzt eine Runde trotzige Kinder und dann wird der US-Präsident einmal husten und sie fallen alle um! Vor allem unsere Trulla, deren eigene Stasi-Akte seit 1992 Staub beim FBI ansetzt.

    Und die EU-Politik hatte schon die letzten Jahrzehnte nicht die Eier um Menschen- und Bürgerrechte flächendeckend auf ihrem eigenen Gebiet durchzusetzen. Wie sollen die da gegen die USA seriös auftreten?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.