Die Union hat einen „Faktencheck“ veröffentlicht, der die angeblichen Erfolge des Breitbandausbaus in Deutschland hervorheben soll. Übertitelt ist die Wahlkampfbotschaft mit „Schulz will schnelles Internet. Fakt ist: Die CDU-geführte Bundesregierung investiert massiv in die digitale Infrastruktur.“
Fakt ist:
Wir sorgen für schnelles Internet – überall
Schnelles Internet ist im 21. Jahrhundert genauso wichtig wie der Wasser- und der Stromanschluss. Deshalb sorgt die CDU-geführte Bundesregierung dafür, dass es so schnell wie möglich in ganz Deutschland Internetleitungen mit hoher Bandbreite gibt. Das gilt gerade auch für kleine Orte auf dem Land, wo es bislang oft an schnellem Internet fehlt. Deshalb investieren wir hier zusätzliche 4 Milliarden Euro bis 2020.
Allzu weit aus dem Fenster sollte sich die Union aber lieber nicht hängen. Immerhin stellt sie seit zwölf Jahren die Kanzlerin und seit 2009 den Infrastrukturminister. Seitdem ist sehr, sehr wenig weitergegangen.
Bei Glasfaseranschlüssen liegt Deutschland im OECD-Vergleich weit abgeschlagen hinten. Gerade mal 1,6 Prozent der Leitungen sind auf dem aktuellen Stand, tatsächlich genutzt werden sie von nur 600.000 Haushalten. Selbst das moderate Breitbandziel, bis 2018 flächendeckend eine Versorgung mit 50 MBit/s zu schaffen, wird Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) verfehlen.
Und wenn schnelles Internet „genauso wichtig wie der Wasser- und der Stromanschluss“ ist: Warum weigert sich dann die Union beharrlich, den Anspruch auf einen Breitbandzugang gesetzlich festzuschreiben?
Was der Autor nicht erwähnt ist, dass hier in Deutschland die Kommunen für den Ausbau der Leitungen verantwortlich sind.
Aber dank des Föderalismus kann der Staat nur Geld an das Land geben, das es eben weiter verteilen sollte. Das hat er auch gemacht – nicht genug, aber immerhin. In einigen Ländern tut das Land sogar noch etwas dazu. In anderen behält es etwas davon für sich selbst.
Aber fast überall scheitert es daran, dass die Kommunen zwischen 10 und 30% der Ausbaukosten selbst tragen müssen und dies schlichtweg einfach finanziell nicht stemmen können. Wo die Kommunen kapiert haben, dass es ein Wirtschaftsfaktor ist, funktioniert es auf einmal. Bei uns ist FTTH jetzt für den ganzen Kreis ausgeschrieben und wird über die nächsten Monate auch umgesetzt.
Und immer diese Äpfel/Birnen-Vergleiche kann sich zumindest ein vermeintlich technisch begabtes Portal wie Netzpolitik.org mal sparen.
Man kann schlichtweg nicht Japan mit Deutschland vergleichen. Die Anschlussdichte ist eine ganz andere. Da lohnt sich in fast allen Gebieten ein Anschluss durch den freien Markt. Da muss der Staat weniger drauflegen.
Natürlich spielt die Bundesregierung und das BMVI eine große Rolle. Warum das 4 Milliarden schwere Bundesförderprogramm nicht vorankommt, habe ich hier beschrieben (und gehe dabei auch ausführlich auf die Rolle der Kommunen und Bundesländer ein).
Ungeachtet dessen behauptet die Bundesregierung selbst in ihrem „Faktencheck“:
Leider wird der Glasfaserausbau als einzig selig machende Technologie gesehen. Warum nicht Interimslösungen? Wenn man diese bei den Kommunen anbietet, läuft man gegen eine Mauer des Schweigens, auch wenn die gewünschten Übertragungsraten geliefert werden können und die Preise mehr als stimmen. Klar will jeder einen Glasfaseranschluss haben, allerdings geht der weitere Ausbau auch wieder nur in die Gebiete, wo es sich wirtschaftlich lohnt. Rand- und ländliche Gebiete werden leider immer noch nicht berücksichtigt. Lösungen gibt es!
Seltsamerweise gibt es einen Haufen unterversorgter Kommunen, bei denen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ergeben haben, dass ein Glasfaserausbau über langfristig angelegte Betreibermodelle wirtschaftlicher ausfällt als alles andere. Von der Zukunftsfestigkeit ganz zu schweigen. Interimslösungen, die den Markt dominieren und kaputt machen, gibt es in Deutschland genug. Das ist ja das Problem.
Wirtschaftlicher heißt aber leider nicht wirtschaftlich für den Betreiber und/oder die Gemeinde. Da die Gemeinden mit jedem Cent rechnen, bleibt es leider oft bei der Betrachtung. Hier heißt es andere, sinnvolle Wege zu gehen. Interim heißt ja nicht ein vorher definierter Zeitraum, sondern bis zu dem Zeitpunkt wo andere, möglicherweise bessere Lösungen gefunden werden. Aber bis dahin nicht von den neuen Technologien abgeschnitten zu sein.
Es heißt nicht umsonst: Schnelles Internet ist genauso wichtig wie Wasser und Strom.
Als Informatikerin in der angewandten Forschung bin ich immer wieder traurig, dass selbst sogenannte Experten den Unterschied zwischen „Digitalisierung“ und „Breitbandausbau“ nicht verstehen: Wir haben in der deutschen Wirtschaft weniger das Problem, dass es keine schnellen Datenleitungen gibt, sondern dass es kaum (inhaltliche) Vernetzung zwischen den Firmen gibt. Industrie 4.0 und Wirtschaft 4.0 lebt nicht von den Leitungen, sondern von den Daten die ausgetauscht werden (sollen): Wenn Firmen aus Unkenntnis oder Angst nicht kommunizieren, oder weil die notwendigen standardisierten und sicheren Datenformate fehlen, dann ist das ein Thema der Bildung und der Meinungsbildung.
Konzentration auf den Breitbandausbau, ist wie „Autobahnen bauen und keine Autos bauen“.
Wir brauchen schnelle
Eine flächendeckende schnelle Vernetzung hilft eher den Zockern und Filmeschauern, aber nicht der Wirtschaft. Für den Bürger (und den Politikern) natürliche ein Grund laut nach Breitband zu rufen, aber bzgl. Wirtschaftsstandort Deutschland ist das eher sinnlose Geldverschwendung.
BTW: Billige Energie hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Energie verschwendet wurde. breitbandige Vernetzung könnte das Ende effizienter Datenformate bedeuten, und dann dass hat dann sowohl Datenschutzprobleme als auch Verarbeitungsprobleme („ertrinken in Daten“).
Als Nicht-Informatiker kann ich da nur sagen: Unterhalte Dich mal mit Menschen und Unternehmen, die keinen Zugang zu Breitband haben.
Als ElektroIng. kann ich dir nur sagen: Unterhalte dich mit Leuten die Vernetzung anbieten und denen regelmäßig gesagt wird: Ist ja ganz nett, aber nicht für diesen Preis.
Die deutsche Bevölkerung und Wirtschaft will und braucht kein echtes Breitband-Internet? Halte ich für ein Gerücht. (Dass manche Produkte zu teuer sind, ist wieder ein anderes Problem, liegt aber auch an der deutschen Infrastrukturpolitik der letzten Jahrzehnte)
Vielleicht brauchen wir mal wirklich eine 1:1 Befragung aller Haushalte, damit sich verschiedene Akteure nicht mehr mit unpassenden Zahlen bewerfen.
Ich kenne nicht alle Situationen, aber meine im Mobilfunk ist oft: LTE ja bitte, aber für 10€ im Monat und zweistellige GB – was wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Und verschiedene kommunale Glasfaserbetreiber haben plötzlich nicht mehr ganz so hohe Zustimmungsraten wenn’s darum geht den einmaligen Hausanschluß abzurechnen.
Was sind für dich teure Produkte?
Schoener Vortrag dazu von jemandem, der in dem Bereich seit langem arbeitet:
https://www.cccs.de/events/201701-wo-bleibt-mein-glasfaseranschluss/
Es wäre ja auch ein Wunder, wenn die Bundesregierung eine „neue“ Entwicklung mal nicht verschlafen würde. Gerade wird uns ja wieder vorgemacht, wie das bei der Elektromobilität geht. Anstatt für einen zügigen Ausbau der Infrastruktur mit Ladestationen (und zwar für WECHSELAKKUS!!!) zu sorgen, lassen sie sich lieber von der alten Herren der alten Industrie beraten, die nichts weiter will als möglichst lange ihre Diesel zu verkaufen. An Morgen denkt da niemand. Für sich (und evtl. noch für ihre Kinder) haben die alten Herren ja jetzt schon ausgesorgt.
Denk ich an Deutschland in der Nacht …
Leser an Autor (zur Überschrift): What? Wurde die CDU von der Infrastruktur überholt? Hat die CDU deren Abfahrt verpasst? Hat sich der Autor beim Formulieren vergaloppiert? Egal … (soll wohl witzig sein, mir zu hoch)