Peter Schaar zum Weg in die digitale Gesellschaft

Wurde vom BND belogen: Ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar. Bild: Alexander Klink. Lizenz: Creative Commons BY 3.0.

Von 2003 bis 2013 war Peter Schaar über zwei Amtsperioden hinweg Bundesdatenschutzbeauftragter. Auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt engagiert er sich weiterhin für den Datenschutz. So ist er unter anderem Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz. Im Rahmen seines fortgesetzten Engagements ist er selbst als Autor tätig. In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung veröffentlichte er vergangenen Samstag einen Gastbeitrag zum Umgang der Allgemeinheit mit dem Thema Datenschutz.

Gewöhnung hat bereits eingesetzt

Einleitend beschreibt Schaar, dass Überwachung vielen Bürgern durchaus bewusst sei, aber meist davon ausgegangen werde, dass sie einen selber nicht betreffe. Frei nach dem Motto: „Davor haben doch nur Kriminelle und Terroristen Angst!“ Insbesondere sei mittlerweile bekannt, dass Computer und Smartphone Spuren hinterlassen. Weniger bekannt sei dagegen noch die immer weiterreichende Informationssammlung durch Autos. Ein ähnliches Muster stellt Schaar bei Überwachungskameras fest: Zwar sei bekannt, dass es Videoüberwachung gebe, aber weniger, dass zunehmend aufgenommene Bilder ausgewertet werden, so dass Personen automatisch identifiziert werden können.

Schaar sieht den Kenntnisstand der Bevölkerung in Sachen Datenschutz also durchaus einer Entwicklung unterworfen: Die technischen Möglichkeiten der Geheimdienste sind teilweise bekannt. Die Kenntnisse können nur nicht mit der technischen Entwicklung Schritt halten. Ähnlich kann man das bei der Gesetzgebung sehen.

Ein großer Anreiz zur Nutzung zahlreicher Dienste sei, dass sie scheinbar kostenlos sind. Die Währung wären aber die Daten, so Schaar. Den Preis, den wir zahlen, könnten wir so nicht einschätzen.

Erkenntnisgewinne ungleichmäßig verteilt

„Big Data schafft neue Erkenntnisgrundlage, aber die Kenntnisse sind ungleich verteilt“, so beschreibt Schaar die meisten Geschäftsmodelle, die auf Datensammlung beruhen. Die Betreiber wissen alles über den Nutzer, stellen ihre Erkenntnisse aber nicht der Gesellschaft zur Verfügung. Sie wenden sie an, um Profite zu machen, zum Beispiel für die Personalisierung von Werbung. Fragt man nach, werde häufig der Einwand des Staatsgeheimnisses oder Geschäftsgeheimnisses eingebracht. Schaar vergleicht dieses Vorgehen mit einem Einwegspiegel.

Diese Entwicklung setzt sich weiter fort, indem Datenschutz systematisch aus zahlreichen Bereichen des Lebens verdrängt wird. Im Rahmen der TTIP- und TISA-Verhandlungen könnten europäische Datenschutzstandards unterwandert werden, und auf Grundlage von Schufa-Informationen wird entschieden, ob ein Mieter eine Wohnung erhält. Wie sich das Ergebnis zusammensetzt, bleibt weitestgehend unbekannt.

Engagement ist nötig

Zwar sieht Schaar den Weg in die digitale Gesellschaft als unumkehrbar. Trotzdem ist er der Auffassung, dass sich die Digitalisierung noch beeinflussen lässt, ebenso wie die Industrialisierung in Deutschland beeinflusst wurde, so dass es jetzt Arbeitsschutz und das Verbot von Kinderarbeit gebe. Folgerichtig fordert er: „Privatsphäre ernst nehmen, nachfragen, technische Schutzmöglichkeiten nutzen“.

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