Internet für Asylsuchende: Warum dieses wichtige Werkzeug der Selbstbestimmung meist verwehrt bleibt

Eines der Internetcafes von Refugees Emancipation

Abgeschnitten von Informationen, wenn sie am Nötigsten wären. In einem fremden Land, mit einem fremden unübersichtlichen Bürokratieapparat. Mit unverständlichen, länglichen Formularen, in einer Sprache, die du nicht beherrschst. Getrennt von denen, die dir wichtig sind. Ohne Möglichkeit, aus der Ferne Kontakt aufzunehmen. So sieht nur ein kleiner Ausschnitt aus der miserablen Situation von hunderttausenden Geflüchteten aus, die in Deutschlands Erstaufnahme- und „Übergangs“heimen auf Asyl hoffen. Unser Bewusstsein für die Informationssituation der Asylsuchenden ist klein, ihre Welt uns fremd. Wir können uns kaum mehr vorstellen, wie es ist, ohne Informationszugang unseren Alltag zu bestreiten.

Wir haben recherchiert, Landesregierungen und Parteien angefragt und mit Freiwilligen in Flüchtlingsinitiativen gesprochen, um die Situation zu verstehen. Was uns vor allem aufgefallen ist: wie unterschiedlich die Lage ist. Wie sehr es davon abhängt, dass ein Geflüchteter „Glück hat“ und in ein Wohnheim kommt, in dem es vielleicht eine angemessene Infrastruktur gibt. Doch dabei darf es eigentlich nicht sein, dass das Recht auf den Zugang zu Bildung und Informationen so beliebig gehandhabt wird.

Keine einheitliche Lage, kein Überblick

In manchen Landtagen wie Nordrhein-Westfalen und Thüringen wurde das Thema Informationszugang für Geflüchtete bereits behandelt, anderswo wurde sich mit dem Thema bisher nie auseinandergesetzt. Oftmals gibt es nicht einmal einen Überblick über die Situation im Land. Aus Baden-Württemberg bekamen wir die Antwort:

Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen wird vom jeweiligen Landkreis individuell gehandhabt. Hierbei verfügen kreisfreie Städte und Gemeinden über eine gewisse Autonomie in der Ausgestaltung der Unterbringungsformen und Betreuung. Es gibt kein Gesetz und keine Verordnung, die Flüchtlingen Zugang zum Internet garantiert. Es ist also den Städten und Gemeinden überlassen bzw. den jeweiligen Unterstützer_innenkreisen, Flüchtlingen einen Zugang zum Internet zu ermöglichen.

Ob und wie das passiert, kann zentral kaum überblickt werden. Auf eine Kleine Anfrage, die der Grünen-Abgeordnete Hikmat Al-Sabty kürzlich stellte, konnte das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht vollständig antworten, da manche Landkreise „der Anfrage nicht zugearbeitet“ haben. Ähnlich sieht es auch in anderen Bundesländern aus. Wo wir Informationen bekamen, zeichnete sich eine Quote von etwa 15 Prozent der Unterkünfte mit Internetzugangsmöglichkeit ab.

Alternativstrukturen bauen sich auf

Wie kann man dem Problem begegnen? An manchen Orten bilden sich Alternativstrukturen, wo Kreise und Städte bei der Bereitstellung eines Internetzugangs versagen. Ein Beispiel dafür ist der Verein Refugees Emancipation e. V. – aus der Selbstbeschreibung:

„Refugees Emancipation“ ist ein selbstorganisiertes Flüchtlingsprojekt. Es setzt sich dafür ein, dass Asylsuchenden sowohl fachlich als auch strukturell Zugang zu Computern und dem Internet ermöglicht wird, damit die Lebensqualität verbessert und Isolationsmechanismen ausgehebelt werden.

Refugees Emancipation baute und baut in mittlerweile über acht Flüchtlingsheimen in Berlin und Brandenburg Internetcafés auf und unterstützt die Nutzer bei Computerproblemen. Chu Eben lebt seit über 15 Jahren in Deutschland und ist einer der Initiatoren des Vereins. Er erzählt uns, wie alles begonnen hat: Als er nach Deutschland kam und Asyl beantragte, gab es keine Möglichkeiten, sich zu informieren. Fahrtkosten zu Internetcafés und die Gebühren konnten sich Chu und andere Geflüchtete nicht leisten. Aber Chu nahm Kontakt zu Lotec auf, die in Berlin einen Infoladen betrieben, in dem auch Computerkurse angeboten wurden. Fünf Asylsuchende besuchten von da an jede Woche einen Workshop, in dem sie die Grundlagen der Computer- und Internetnutzung lernten.

Dieses Wissen haben sie weitergegeben und andere ermutigt, das Gleiche zu tun. Das erste Internetcafé wurde gegründet. Dabei halfen auch Studenten. „Ich habe schon früh Kontakt mit den Studierenden aufgenommen und aufrecht erhalten“, sagt Chu. Sie halfen mit Kursen, aber auch mit Spenden. Sie haben alte Computer in Schuss gebracht und Linux installiert. „Mit Windows gab es nur Probleme, die Rechner waren ständig virenverseucht“, erinnert er sich. Der größte Teil der Arbeit wird heute von denen gemacht, die selbst Geflüchtete sind. Dafür gehen Chu und seine Mitstreiter in die Heime und versuchen, Freiwillige – Multiplikatoren nennt er sie – zu finden und sie mit dem nötigen Know-How auszustatten. Einer dieser Freiwilligen ist David Achuo.

Eines der Internetcafes von Refugees Emancipation
Eines der Internetcafés von Refugees Emancipation

Jahrelange Freiwilligenarbeit

Wir haben David in den Interneträumen des Flüchtlingsheims Marienfelde besucht. David ist ein sympathischer, aufgeschlossener Mann aus Kamerun, er kam vor etwa fünf Jahren nach Deutschland, nachdem er während der kamerunischen Wahlen 2011 brutal misshandelt wurde, da er gegen die Wahlfälschung protestierte. Er hat Network Engineering an der NIIT-Universität Ghana studiert.

Jetzt betreut David Tag für Tag von 16 bis 22 Uhr das Internetcafé in Marienfelde, in der restlichen Zeit repariert er die Computer der Heimbewohner und des Cafes, putzt die Räume und kümmert sich darum, neue Hardwarespenden aufzutreiben, um die Lage zu verbessern. Gerade ist in Marienfelde auch ein Computerraum für Kinder in Planung, der diesen Monat öffnen soll. Dann muss sich David auch darum kümmern, „denn die Kinder brauchen immer Hilfe und Betreuung“, erzählte er uns. Bisher muss er sie immer wegschicken, denn die „Erwachsenen sind schnell genervt, wenn die Kinder Spiele im Internet spielen und dabei laut sind“. Dabei brauchen sie die Computer, auch für die Schule, und werden „sehr, sehr froh“ sein, wenn der Raum endlich fertig ist. Auch während wir mit David reden, rennen zwei aufgeregte Kinder in den Raum und fragen, ob sie schon die Computer nutzen dürften. David muss sie vertrösten.

Internet hilft, die Zeit zu überbrücken

Ein großes Problem ist das Nichtstun. Die etwa 350 Kinder in Marienfelde müssen jeden Tag um 15 Uhr im Heim zurück sein, dann gäbe es nicht mehr viel zu tun. Die Asylbewerber haben nichts zu tun, sagt David. Arbeiten dürfen sie nicht, ihre Residenzpflicht bindet sie, und für andere Ablenkungen haben sie kein Geld. Er hofft, dass ein Computerzugang ein wenig Abhilfe verschafft, wenn es schon kaum andere Möglichkeiten gibt.

Aber es ist oft schwierig, die Bewohner zu animieren, auch wenn es ihnen an Zeit theoretisch nicht mangelt. „Die meisten haben nur ihr Asylverfahren im Kopf. Alles dreht sich darum, ob sie hierbleiben können oder nicht, da ist es schwierig, stabile Strukturen aufzubauen“, meint Chu. Seine Vision ist mehr als nur Internetzugang für alle. „Es geht nicht um Internet, es geht um Selbstbestimmung.“

Wie soll man sich im deutschen Bürokratie-Apparat zurechtfinden? Ohne Recherchemöglichkeiten? CC BY 2.0 via flickr/manoftaste
Wie soll man sich im deutschen Bürokratie-Apparat zurechtfinden? Ohne Recherchemöglichkeiten? CC BY 2.0 via flickr/manoftaste

Geflüchtete müssen sich informieren und kommunizieren können

Die Erwachsenen nutzen die Rechner hauptsächlich dafür, mit ihren Verwandten zu kommunizieren und zu recherchieren. Oft müssen sie zu Ämtern und brauchen die Möglichkeit, deren Adresse ausfindig zu machen. Oder sie müssen Dokumente in ihre Muttersprache übersetzen, um sie zu verstehen. Manche suchen auch nach Deutschkursen und Lernmaterial.

Klar ist, dass die zwei beziehungsweise bald drei Räume in Marienfelde mit ihren je etwa acht bis zehn Plätzen viel zu wenig für die ca. 700 Bewohner des Heims in Marienfelde sind. Dass alle auf dem Heimgelände W-LAN-Empfang hätten, würde sich David wünschen. Dann könnten sie auch ihre eigenen Rechner nutzen, unabhängig von den Öffnungszeiten. Bisher gibt es jedoch bloß einen kleinen Plaste-Router mit W-LAN-Antenne. Empfang hat man dann auf dem Hof, der sich vor den Interneträumen befindet und vielleicht noch in den gegenüberliegenden Zimmern. Dahinter ist Schluss. Während der Öffnungszeiten wird das W-LAN ausgeschaltet. Chu ist der Meinung, dass es nichts bringt, die Geflüchteten „mit Internet zu bewerfen und dann alleine zu lassen“. Das führt zu noch mehr Isolation und hilft nicht dabei, Kommunikation zu fördern.

Der Traum von einer politischen Plattform

Sein Traum ist eine Plattform, auf der die Asylsuchenden ihre Geschichte erzählen können, auf der sie von der Situation in den Flüchtlingsheimen berichten und sich vernetzen können. „Viele der Geflüchteten waren in ihrer Heimat politisch sehr aktiv.“ Das fortzusetzen, um gemeinsam für eine Verbesserung der Situation in Deutschland zu kämpfen, wäre schön.

Aber auch wenn es noch ein weiter Weg bis dahin ist, haben die Internetcafés schon jetzt den positiven Effekt, die „verschiedenen Nationen mal zu mischen“, berichtet David. In Marienfelde wohnen Menschen aus über zehn Ländern. Auseinandersetzungen sind nicht selten, im August 2014 gab es Streits, die in eskalierter Gewalt zwischen tschetschenischen und syrischen Asylsuchenden endeten und in den Medien prominent vertreten waren. Lernen sie sich auch persönlich kennen, werden solche Zwischenfälle seltener, habe die Erfahrung gezeigt. Es geht darum, Isolation zu durchbrechen. Chu hat das Gefühl, dass diese Isolation systematisch ist. Das Gefühl drängt sich auf, dass man am liebsten die Geflüchteten dazu bringen würde, von selbst wieder aus Deutschland verschwinden, indem man sie von der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft fernhält.

Ausrede I: Fast jeder Asylbewerber hat ein Smartphone

Vermehrt wird von den Ländern darauf verwiesen, dass die meisten Asylbewerber sich „mobiler Lösungen bedienen“ und sich damit „selbstständig Zugang zum Internet verschaffen“. 34,54 Euro im Monat für Nachrichtenübermittlung sind für einen alleinstehenden, erwachsenen Asylbewerber vorgesehen. Davon sollen sich die Geflüchteten selbst einen Internetzugang organisieren – inklusive Telefongebühren und Briefversand. Das sagt das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), doch in der Realität kann sich kaum ein Geflüchteter einen Internetzugang leisten. Die Hansestadt Rostock zählt uns Kosten für Datenvolumen auf (wer den Anbieter für derartige Konditionen findet, darf sich gerne melden):

1 GB = 1 EUR, 5 GB = 3,50 EUR, 10 GB = 7 EUR

Solche Prepaid-Lösungen seien besonders der Weg für Asylsuchende, die in einzelnen Wohnungen leben und somit keinerlei Einrichtungsinfrastruktur zur Verfügung haben. Wir fragen David, was er davon hält. Ja, viele hätten zwar eigene Telefone, sagt er, aber ein Datenvertrag ist teuer. Und 20 Euro für eine Datenflatrate könne sich nunmal kaum einer leisten, wenn es an allen anderen Ecken fehlt. Und hat man ein Datenvolumen, ist es schnell aufgebracht und das Internet wird quälend langsam. Und Dokumente erstellen geht nunmal auch nicht wirklich ohne „richtigen Computer“.

Was bei dem Verweis auf das persönliche Smartphone noch ignoriert wird: Ankommenden Geflüchteten wird an der Grenze oftmals von der Bundespolizei oder später in den Heimen das Handy abgenommen. Die Kosten für einen Ersatz aufzubringen, ist in der Situation der Asylbewerber vollständig utopisch.

Ist Internet bei McDonalds eine Alternative? Srsly? - via removethelabels.com
Ist Internet bei McDonalds eine Alternative? Srsly? – via removethelabels.com

Ausrede II: Man kann einfach öffentliche Zugänge nutzen

Zusätzlich zu der eigenen Versorgung beruft man sich häufig auf öffentliche und kostenlose Zugänge – beispielsweise von Bibliotheken – in Laufnähe der Einrichtungen. In der Landesaufnahmestelle Eisenberg im Saale-Holzland-Kreis Thüringen verweist man sogar auf die „kostenlose Internetnutzung bei Mc Donald’s (eine Stunde)“. Gibt es keine kostenlosen Möglichkeiten, seien Internetcafés und Call-Shops die nächste Wahl.

Selbst Internetcafés in vier und neun Kilometern Entfernung werden als Zugangsmöglichkeit deklariert. Dass die Betroffenen sich in der Regel nicht einmal eine Busfahrtkarte leisten können, um dorthin zu gelangen, wird ausgeblendet. Vor allem Geflüchtete in ländlichen Regionen haben oftmals einfach Pech gehabt. In kleinen Städten und Dörfern gibt es nunmal meist keine öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken und Stadtteilzentren. In manchen davon nicht einmal Internetcafés, denn deren Anzahl ist stark rückläufig – immerhin hat doch jeder einen Internetanschluss zu Hause, so der Eindruck.

CC BY 2.0 via flickr/pabak
CC BY 2.0 via flickr/pabak

Ausrede III: Rechtliche Bedenken

Oft verstecken sich die Regierungen auch hinter dem Haftungsargument, die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern etwa schreibt:

Die Landesregierung fördert Internetzugänge in Asylbewerberunterkünften nicht, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkünfte kostenpflichtige Internetseiten nutzen würden. Eine dauerhaft wirksame inhaltliche Beschränkung der Zugänge ist nicht möglich, so dass unkontrolliert Kosten entstehen könnten.

Kostenpflichtige Webseiten? Vermutlich sind Dialer gemeint, denn anderweitig kostenpflichtige Inhalte – Stichwort Premiumabo – wären ja zumindest mit der Eingabe von Nutzerdaten verbunden und die Unterkunft damit nicht verantwortlich. Aber Dialer, die sich über eine teurere Telefonnummer in das Internet einwählen, sind seit DSL-Zeiten praktisch tot und damit kein Argument, Internetzugänge nicht zu unterstützen.

Dass Haftungsfragen als Ausrede herangezogen werden, ist auch in Stuttgart der Fall: „Wir tragen die Verantwortung dafür, dass über das WLAN nur hasenreine Inhalte abgerufen werden.“ Aus Bayern bekommen wir erzählt, das Innenministerium habe Angst, dass die Asylsuchenden Schleuser für Familiennachzügler kontaktieren würden.

Ob es in Marienfelde jemals Probleme mit Haftungsfragen aufgrund von Urheberrechtsverstößen und Vertragsabschlüssen oder andere rechtliche Schwierigkeiten gab, wollen wir von David wissen, ob jemals „unkontrollierte Kosten“ entstanden seien. Das habe er in der ganzen Zeit, immerhin schon drei Jahre in Marienfelde, noch nie erlebt, so seine prompte Antwort. Die Nutzer wüssten, was sie dürfen oder nicht und hielten sich daran. Auch Chu erinnert sich nur an eine Abmahnung in den letzten 15 Jahren. Diese sei letztlich fallengelassen worden. Rechtliche und finanzielle Konsequenzen gab es also nie. Gäbe es endlich eine ordentliche Abschaffung der Störerhaftung, könnten sich die Landesregierungen nicht mehr hinter derartigen Scheinausflüchten verstecken.

Internetzugang von Heimen überhaupt nicht erwünscht?

Die Verantwortung für die Internetnutzung fällt schon jetzt für die Heime komplett weg, wenn Refugees Emancipation die Internetplätze betreut. „Wir bekommen nur die Räume zur Verfügung gestellt, für das, was im Internetcafé geschieht, ist ausschließlich der Verein verantwortlich.“ Es gibt für jedes Café einen Vertrag mit dem Heim, in dem alles schriftlich festgehalten ist – größtmögliche Unabhängigkeit und kein Risiko für die Heimbetreiber folgen daraus. Und trotzdem haben viele Heime die Initiative von Chu und seinen Mitstreitern abgelehnt und sogar nachträglich Cafés wieder geschlossen. Warum ist das so? Chu vermutet, die Heimleitungen hätten Angst davor, dass die Bewohner sich organisieren, Widerstand formen und mehr an über desolate Situation in den Heimen an die Öffentlichkeit kommt. Die Asylsuchenden sollen kleingehalten werden, lethargisch und – ein Wort, dass in unserem Gespräch sehr oft fällt – isoliert.

Auch deshalb sei es so wichtig, dass die Internetcafés unabhängig und selbstorganisiert bleiben, denn die Skepsis gegen die Heimleitungen ist groß, nicht zu Unrecht. Erst wenn die Bewohner verstanden haben, dass das Projekt von Geflüchteten für Geflüchtete organisiert wird und sie selbst bestimmen können, was passiert, beginnen sie, die Räume auch zu nutzen. Chu erinnert sich an ein Heim, dessen Namen er nicht nennen will, in dem Refugees Emancipation einen Internetraum einrichten wollte. Die Heimleitung war misstrauisch und wollte nur unter der Bedingung einwilligen, Einblick in alle versendeten Daten nehmen zu können, inklusive E-Mails. Dass es dazu nie kam, muss nicht extra erklärt werden.

All diese Geschichten stehen im Widerspruch zur Außenwahrnehmung, die vermittelt werden soll. Aus dem Büro der Integrationsbeauftragten von Brandenburg bekommen wir beispielsweise die Auskunft:

Der Verein Refugees Emancipation e. V. ist dabei besonders engagiert und wird auch von Landesseite unterstützt.

Wie sieht diese Unterstützung aus, worin besteht sie? Als wir das Chu fragen, lacht er kurz auf. Seit letztem Jahr bezahlt das Land die Miete für einen kleinen Büroraum in Potsdam. Der Löwenanteil kommt von anderen Spendern, vor allem von Studenten aus Berlin und Postdam. Das Land schmückt sich mit fremden Federn.

refugees

Was wünschen sich die Geflüchteten selbst?

Chus Traum, das wurde an vielen Stellen klar, ist eine politische Plattform, die Selbstbestimmung der Asylsuchenden fördert und ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu vernetzen und ihre Geschichten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

David wünscht sich ein kleines Gehalt für all die Freiwilligen, die Tag für Tag ihre Zeit in den Internetcafés verbringen und helfen. Als Anerkennung und Zeichen, dass ihre Tätigkeit geschätzt wird. Mehr Aufmerksamkeit und Bewusstsein für die Situation der Menschen und die Hilfe, die sie dringend brauchen. Und dann etwas ganz Persönliches: David ist seit beinahe fünf Jahren in Deutschland. Er begann seine Reise in der Zentralen Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt und kam dann über Neuruppin nach Marienfelde. Drei Jahre wohnt er jetzt in der Unterkunft, die sich selbst als „Übergangswohnheim“ bezeichnet. Ein Ende ist nicht in Sicht – sein Status ungeklärt. David wünscht sich nichts mehr als dass sein Asylverfahren endlich vorangeht.

Wer sich näher für Refugees Emancipation interessiert: Morgen Abend, am 2. Juni 2015, wird es beim Netzpolitischen Abend in der c-base einen Vortrag zum Thema geben. Wer helfen will, in welcher Form auch immer, kann sich aber auch direkt an den Verein wenden.

48 Ergänzungen

    1. das mit dem freifunk funktioniert mindestens in mainz und bonn auch ganz gut, soweit ich weiß.

      alles löbliches engagement, aber man sollte nicht vergessen, dass freifunk in der momentanen form (internet-uplink über ausland-vpns oder den freifunk rheinland eV als eingetragenen ISP) im grunde nur ein technologisches heftpflaster über diese tiefe politisch-gesellschaftliche wunde ist, die mit so ausdrücken wie störerhaftung und vorratsdatenspeicherung nur bei ihren symptomen genannt ist.

  1. Viele Träger von Flüchtlingsunterkünften scheuen auch das Risiko der Störerhaftung, weshalb kein Internet angeboten wird. Über den Einsatz von Freifunk gibt es aber aktuell (noch) Möglichkeiten, hier über private Initiativen WLAN bereit zu stellen und Unterkünfte zu vernetzen.
    Hier ein Blog-Eintrag von Januar zum Thema:
    http://freifunk.net/blog/2015/01/lieber-fuer-menschen-als-gegen-irgendwas/

    Wenn keine DSL-Anschlüsse in Flüchtlingsunterkünften vorhanden sind, können Nachbarn über Vernetzung (ggf. auch Richtfunk) Freifunk bereitstellen. WLAN unverschlüsselt und ohne Anmeldung, geht einfach. Mitmachen geht auch einfach.

    Wie sicher bekannt ist, bringt die vorgesehene Neuregelung von §8 Telemediengesetz keine Verbesserung bei freien WLAN-Zugängen, sondern es wird hiermit zugunsten der Telekom-Industrie und unter Inkaufnahme der Ettablierung einer Überwachungsgesellschaft gegen unzensierte Bürgernetze vorgegangen. Das passt dann auch besser mit der VDS zusammen.
    Aktuell gibt’s in D über 14.000 (!) offene, unzensierte Freifunk-Zugänge, siehe http://freifunk.net/wie-mache-ich-mit/community-finden/

  2. Vernünftigen Netzzugang gibt es in Deutschland mancherorts nicht mal für Leute die hier ihr Leben lang in die Sozialkassen eingezahlt haben. Sollten die Flüchtlinge nicht froh sein das sie Folter und Tod entkommen sind, bevor sie das einfordern was sich oft nicht mal diejenigen Leisten können bzw verfügbar ist die Ihnen in ihrer Not helfen ?

    Und ja es mag sein das sie hier Langeweile haben, aber sry wenn ich gerade knapp mit meinem Leben davon gekommen wäre, dann wäre ich erstmal froh überhaupt ein Dach über dem Kopf und fließend Wasser zu haben als mir über Internetzugang gedanken zu machen.

    1. Die Flüchtlinge fordern i.d.R. gar nichts ein. Wir haben als Gesellschaft was davon, wenn diese Menschen Kontakt mit Angehörigen aufnehmen, sich informieren und eigenständig weiterbilden können. Monatelang in teils abgelegenen Unterkünften nur Zeit tot zu schlagen hilft keinem. Das Problem mit dem „vernünftigen Netzzugang“ für alle ist das Ergebnis einer verfehlten Politik.

      1. Und dort gibt es kein Telefon ?

        Wenn Jeder Asylsuchende diese 34€ Für Kommunikation bekommt, wieso kann man dann nicht einfach mit 10 oder mehr Leuten zusammenlegen und sich einen Netzanschluss teilen ?

        Wenn man schon den ganzen Tag Zeit hat, könnte man dann nicht auch ein wenig Eigeninitiative erwarten, zu Fuß mal durch die Stadt zu gehen und sich entsprechend zu informieren ?

        Was macht denn ein Student der nicht mehr Geld bekommt, aber eben nicht den ganzen Tag zeit hat sich um sowas zu kümmern sondern studiert ?

    2. Ein Wlan am DSL anschluss kostet 15-20 Euro im Monat, wenn man daran 200 Asylanten „anschließt“ ist das wesentlich billiger als die 34 Euro. Hier zu labern das wäre nicht finanzierbar also einfach stuss.
      Du bist wohl auch einer jener griesgrämigen misantropen alten Männer die anderen nix gönnen.

      Zumal Integration und Sprachkentnisse mit gutem Internet sich wohl auch besser entwickeln, da spart der Staat vermutlich sogar noch massig Geld für entsprechende Maßnahmen.

      1. Mit den Kosten hast du recht Theodor, also warum gehen sie sich nicht einfach einen Anschluss holen mit mehreren Leuten ? selbst bei nur 50 Leuten die sich einen Anschluss teilen sprechen wir hier von 1700€ Geld vom Steuerzahler das Sie genau dafür erhalten, wo ist das Problem sich darum zu kümmern wenn man den ganzen Tag sonst nix zu tun hat?

        Wozu „Integration“ ? Sie suchen hier vorübergehend Asyl um nicht zu tode gefoltert zu werden, und können wieder in Ihre Heimat sofern die Lage sich dort wieder entspannt.
        Oder sprechen wir hier etwa nicht mehr über Asyl sondern über qualifizierte Fachkräfte?

      2. @Bernd:
        Hinzu kommt, dass Bewohner eines Flüchtlingsheims sich nicht einfache einen DSL-Anschluss beauftragen können, da sie das Hausrecht nicht haben. Das hat der Träger, also i.d.R. die Stadt. DSL-Anschlüsse dürfen wegen der AGBs auch nicht einfach so mit vielen geteilt werden, da gibt’s dann wieder rechtliche Hürden – neben der Störerhaftung.
        Zudem: selbst der Grieche an der Ecke hat schon enorme Probleme, sich mit der Hotline seines Providers zu verständigen – wie soll’s da den Flüchtlingen gehen, die mit Glück Englisch können? Wenn die aber in der Zwischenzeit was lernen/lesen/organisieren wollen, dann geht das mit Zugang zum Netz deutlich besser.

      3. @Bernd

        > wo ist das Problem sich darum zu kümmern wenn man den ganzen Tag sonst nix zu tun hat?

        Telekommunikationsunternehmen lassen es wohl durch die Bank nicht zu, daß ein Asylbewerber „ohne festen Wohnsitz“ einen Festnetzvertrag macht.

      4. Ein Asylbewerber ohne Deutschen Pass ohne festen Wohnsitz ohne das Eigentumsrecht an den Gebäuden wird wohl kaum einen DSL Anschluss bestellen können, dafür müssen nämlich in Dland einige rechtliche Grundlagen erfüllt sein.

        Asylanten die dann geduldet sind und einen legalen Aufenthaltsstatus haben können das in ihrer Wohnung durchaus tun, Antragssteller in einer Massenunterkunft mit Sicherheit jedoch nicht.

      5. Ixh denke schon das Bernd einen Punkt hat. Ich habe damals, als Student der knapp am Existenzminimum lebte trotz 20h/Woche Job, auch keine Unterstützung erhalten um ans Internet zu kommen. Wohlgemerkt als Informatikstudent sprich das war zwingend erforderlich um das Studium abzuschliessen. Unsere Uni damals hatte auch kein öffentliches WLAN und die wenigen Computerräume waren auch ständig belegt.

        Ich sehe, aktuell, auch ähnliche Probleme mit der Internetversorgung an Schulen. Auch das ist nicht selbstverständlich.

        Wie wäre es den wenn wir zunächst mal die Bildungseinrichtungen richtig ausstatten? Die brwuchen das zum lernen und nicht nur zum Zeitvertreibt weil sonst nichts in der Glotze kommt.

  3. Guter Artikel!

    Allerdings verstehe ich nicht (ganz) warum die Versogung EINER bestimmten Personengruppe mit Internet explizit Aufgabe des Staates sein sollte.
    Es wurden doch gute Beispiele von Vereinen und Initiativen benannt. Schnelle und konkrete Abhilfe kann doch am Ehesten von der Zivilgesellschaft erfolgen. Dass der Staat dann mit einer Lösung für ALLE nachfolgt, ist mE die richtige und sinnvolle Reihenfolge.

    1. Der Staat ist für Unterbringung der Geflüchteten verantwortlich, also ist es auch Aufgabe des Staates, diese menschenwürdig einzurichten. Außerdem darf es hier auf keinen Fall um ein entweder/oder gehen. Und gerade in städtischen Bereichen sollte es kein Problem sein, einen Internetzugang direkt von Seiten der Unterkunft zu stellen.

      1. Freies Internet ist nun als Voraussetzung für eine menschenwürdige Unterbringung? Supi das unsere Bildungseinrichtungen keine Unterbringungseinrichtungen sind und somit auch nicht Menschwürdig sein müssen! Supi auch das Hartz IV keinen Posten für Internet hat den diese Hartzer verdienen es ja auch nicht menschenwürdig behandelt zu werden!

      2. Das ist die uebliche „in Afrika verhungern Kinder!“ Argumentation, die zuverlaessig dafuer sorgt, dass es allen gleich schlecht geht, bloss keinem besser, denn das waere ja ungerecht…

  4. „Viele der Geflüchteten waren in ihrer Heimat politisch sehr aktiv.“ Das fortzusetzen, um gemeinsam für eine Verbesserung der Situation in Deutschland zu kämpfen, wäre schön.

    „Chus Traum, das wurde an vielen Stellen klar, ist eine politische Plattform, die Selbstbestimmung der Asylsuchenden fördert und ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu vernetzen und ihre Geschichten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

    Muss man noch mehr hören, um zu ahnen, dass dieses Thema nicht so weit oben auf der politischen Agenda steht? Politisch bewusste Menschen sind ja wohl das letzte, was Politiker gebrauchen können.

  5. Wir haben das Thema in unserem Podcast über die Netzpolitik in Thüringen mit angerissen: http://datenkanal.org/index.php?/archives/73-DK40-Netzpolitik-in-Thueringen.html

    Die Landesregierung will den Freifunkinitiativen Zugang zu landeseigenen Gebäuden verschaffen und auch dafür sorgen, dass die diversen Flüchtlingsunterkünfte Internetzugang bekommen. Allerdings gibt es neben den beschriebenen Ausflüchten noch diverse weitere. Meine Hoffnung ist, dass zumindest in Thüringen die Regierung »per Dekret« die Ausflüchte abräumen kann. Die Beispiele im Beitrag oben bezogen sich ja noch auf die vorige Legislaturperiode.

  6. Warum nicht endlich ein Grundrecht auf Internetzugang, dass dann natürlich auch für Asylbewerber gelten würde: Jeder Mensch in Deutschland sollte das Recht und die Möglichkeit haben, einen bezahlbaren (oder kostenlosen) Internetzugang mit angemessener Geschwindigkeit am Ort seines dauerhaften Aufenthalts zu nutzen, genauso wie Strom, Wasser, etc.

    1. Das ist der erste vernünpftige Vorschlag. Warum ein Grundrecht auf Internet nur für Asylanten existieren soll ist nicht nachvollziehbar.

    1. Ein DSL-Anschluss kann über einen Trägerverein geordert werden; Geld kann ggf. von Asybewerbern zusammengelegt werden.

  7. Toller Artikel, herzlichen Dank für die vielen inspirierenden Informationen. Ich trage gerne meinen Teil zur Bekanntmachung bei!

    Herzliche Grüße aus Düsseldorf,
    Ulrike

  8. Cool, danke für den Artikel! Auch ich komme aus dem Freifunk-Umfeld, habe eher wenig bis gar keine Erfahrung mit Flüchtlingen…von daher hilft das auch bei mir Lücken zu schließen. Unsere Initiativen hier haben auch schon einige Anfragen von Heimen bekommen und wenn es technisch möglich ist, helfen wir da gerne, keine Frage :-)

  9. Mal so ein vergleich zu den 34 euro die Asylbewerber für Kommunikation erhalten.

    Bei Hartz4 sieht das anscheinend so aus:
    „Mit der Hartz-IV-Reform von Ende 2010 wurden auch die Kosten für Kommunikationsdienstleistungen, wie ein Internetanschluss in Beamtendeutsch umschrieben wird, in den Regelsatz mit aufgenommen. Pro Monat rechnet der Gesetzgeber hier durchschnittlich mit 2,28 Euro für Internet/Onlinedienste plus 25,05 Euro für Telefon, Fax und Telegramme sowie 3,46 Euro für Briefe und Pakete und 1,17 Euro für die Anschaffung der entsprechenden Gerätschaften – Summa summarum also genau 31,96 Euro, die der Staat für Kommunikationskosten vorsieht.“

    Hatz4 Empfänger und deren Schulpflichtigen Kinder, haben also das Gleiche Problem, Sie müssen Entscheiden, ob sie Internet oder etwas zu essen wollen.

    Hier also eine Engstirnige Lösung nur für Asylbewerber zu suchen ist absolut Falsch.
    Die Lösung kann nur Gesamtgesellschaftlich getroffen werden und das bedeutet Kostenlosen Internetzugang für ALLE (ohne Störerhaftung).

    1. Sind Asylbewerber nicht inzwischen ALG-II-Empfängern gleichgestellt, was die Leistungen angeht, die sie erhalten? Demnach bekommen ALG-II-Empfänger den selben Betrag für „Kommunikation“.
      Dass das zu wenig ist, liegt auf der Hand:
      Ein klassischer Telefonanschluß und Internetzugang kostet im Monat 30 Euro. Da geben sich die Anbieter nix. Meist schließt das eine DEUTSCHLAND (!)-Flat sowie DSL mit ein.
      Bei Asylsuchenden schon ein Problem, deren Angehörigen leben dann meist nicht in Deutschland. Also ist hier schon einmal mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen, es sei denn, sie haben einen Internetrzugang mit Skype oder sowas. Nur genau den kriegen sie ja nicht. Da sie keine eigene Wohnadresse haben, können sie eben nicht mal schnell zum Telefonanbieter gehen, einen Telefonanschluß beauftragen und freischalten lassen. Weil sie einfach keine eigene Dose in der Wand haben. Und exakt daran dürfte es bei den meisten derzeit scheitern.
      *
      Die 30 Euro sind weg, da ist aber noch kein einziger Brief geschrieben und Handy hat derjenige auch keines. Gut, ich persönlich will kein Handy haben und ich bin der Ansicht, dass man gut darauf verzichten kann, wenn man es nur will. Aber bei einem Arbeitssuchenden ist es vielleicht durchaus von Vorteil bei der Jobsuche. Dafür sind keine Mittel vorhanden, es sei denn, sie werden zweckentfremdet. Und auch PrePaid ist nicht kostenlos. Und wenn ich mir das Bild so ansehe, diese ganzen uralten Monitore auf engem Raum, dann finde ich das in der heutigen Zeit inakzeptabel. Schon alleine aus Gründen des Stromverbrauchs. Das sieht für mich so aus, als hätte da eine Firma kostenfrei ihrn Elektroschrott entsorgt… denn wo sind heute noch solche Monitore im Einsatz?
      *
      Die Gelder sind bewusst sehr knapp gehalten.
      Aber ich finde es auch etwas befremdlich, dass das bei Asylbewerbern als Problematik angesprochen wird, während ALG-II-Empfänger seit 10 Jahren in exakt der gleichen Situation sind. Die bekommen auch nicht mehr. Da regt sich aber keiner auf…
      *
      Ich finde es aber auch inakzeptabel, dass Asylbewerbern der Zugang zum Internet mit fadenscheinigen Begründungen verwehrt wird. Wo ist das Problem, in einem Asylbewerberheim einen Computerraum einzurichten, mit günstigen TFTs und einer ganz normalen 50mbit-Leitung? In dem Fall sollten auch die Anbieter mit sich reden lassen.
      Die sollen da kein Filesharing machen, aber wenn sich 20 Computer so eine Leitung teilen, sollte das durchaus ausreichend sein… und die paar Euro sollte unsere ach so demokratische und menschenfreundliche Regierung wohl aufbringen… schließlich kann sie ja auch für 2 Milliarden ein Geheimdienstgebäude errichten und irgendwelche Tötungsmaschinen (Waffen) kaufen..

      1. „Die Gelder sind bewusst sehr knapp gehalten.
        Aber ich finde es auch etwas befremdlich, dass das bei Asylbewerbern als Problematik angesprochen wird, während ALG-II-Empfänger seit 10 Jahren in exakt der gleichen Situation sind. Die bekommen auch nicht mehr. Da regt sich aber keiner auf…“

        Die faulen Säcke könnten ja arbeiten, wenn sie wollen. /s

    2. Danke! Genau richtig erkannt. Ein Grundrecht auf Internet, in einer Zeit in der das Internet als Hauptinformationsquelle dient, ist das einzige was hier Sinn macht. Irgendwelche Gruppen gesondert rauszuziehen und ihnen eteas zuzugestehen was alle anderen nicht haben ist nicht akzeptabel.

  10. Bei uns (Ort in BaWü) wurde uns ebenfalls auf Anfrage vom Landkreis mitgeteilt, dass es – Stichwort Störerhaftung – rechtlich nicht möglich wäre, Internet im Wohnheim einzurichten. Könnte dazu hier jemand qualifiziert Stellung nehmen, ich halte diese Aussage nämlich für fragwürdig. Laut dem Gesetzentwurf heißt es darin: „Diensteanbieter, die einen Internetzugang nach Absatz 3 geschäftsmäßig oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen, können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern“ Das trifft ja auf einen Landkreis als Träger zu und die nachfolgende Schilderung klingt auch so, als ob WPA2 gesichertes WLAN und eine Erklärung+Unterschrift durch teilnehmende Flüchtlinge schon reichen würde.
    Wenn jemand dazu etwas sagen könnte, wäre ich sehr dankbar.

    1. @Dirk:
      Bei der Stöerhaftung (die es ausschließlich in D gibt) sind Provider lt. Gesetz ausgenommen. Da die Betreiber von Unterkünften hier die Haftung ausschließen wollen/müssen, gibt es derzeit nur die Möglichkeit, nicht den lokalen DSL-Anschluss als „Exit“ der Daten ins Internet zu nutzen, sondern über den DSL-Anschluss ein VPN zu einem Provider (oder ins Ausland) zu legen und erst dort die Daten ins Internet zu lassen.

      Eine Erklärung von Nutzern, dass sie sich brav an die Regeln halten, ist IMHO für die Betreiber ohnehin wertlos, da ja auch Computervieren und sonstige Schadsoftware ohne Wissen des Nutzers gegen Gesetze verstoßen könnnen, ggf. privatrechtlich indem sie Musikstücke herunterladen oder anbieten. WPA2 schützt nur bis zum Router, danach ist eh alles so offen, wie’s der Nutzer wählt (HTTP/HTTPS/IMAPS/telnet/etc.).

      Derzeit kann man sich dafür einsetzen, dass die Störerhaftung endlich abgeschafft wird. Solange ist Freifunk eine Lösung, die die Störerhaftung durch VPN-Tunnel zum Provider umgeht. S.o.

      Bei Behörden gibt’s auch mit Freifunk ggf. noch Bedenken, so dass andere Träger, z.B. Kirchen oder Vereine, hier mithelfen können. Dann muss die Behörde ggf. nur erlauben, dass ein DSL-Anschluss gelegt wird (sofern sie das Gebäude unterhält), aber der Vertragspartner ist dann eben nicht die Behörde und der Behördenvertreter auf seinem Stuhl sicher.

  11. Ich finde es so schade, dass man nicht einfach Internet Anschlüsse bietet. Das ist doch ein wirklich guter Weg für Kommunikation und auch um Nachrichten aus der Heimat zu hören. UND es könnte zumindest auf einen Sprachkurs vorbereiten. Oder zum Kontakte knüpfen im neuen Land verwendet werden……. und 1000 Andere Sachen. Das ist doch wieder son Mist

  12. Als Vertreter einer lokalen Initiative hat man schon Probleme, überhaupt zu den richtigen Ansprechpartnern vorgelassen zu werden. Man hat das Gefühl, die Fenster gehören dem einen Träger, der Boden dem anderen, über drei Organisationen vermittelte Vertretung und jeder hat Angst was falsch zu machen.

    Wenn sich dann nicht zufällig jemand von Innen dafür interessiert und auf das Thema „Bock hat“, wird nur geblockt.

  13. „Ankommenden Geflüchteten wird an der Grenze oftmals von der Bundespolizei oder später in den Heimen das Handy abgenommen.“

    Weiß jemand, warum? Damit ist dann ja auch das Adressbuch weg, evtl. die einzige Kontaktmöglichkeit zu Familienangehörigen in der Heimat. Das ist kein kleiner Eingriff, der hoffentlich gut begründet ist.

  14. Bei uns (Landkreis in Brandenburg) werden in den Flüchtlingsheimen zentral Telefonanschlüsse inkl. Internet + PC bereitgestellt zur Nutzung durch die Asylbewerber.

  15. Ein guter Artikel, aber leider muss ich so manchen Gegner recht geben. Ich arbeite in einer sog. Dezentralen Unterbringung. Wir hatten für die Flüchtlinge freies Wlan, ws war zwar verschlüsselt aber das Passwort hat jeder Bewohner bekommen. Anfangs lief es gut. Nach ein paar Monaten kamen dann die Abmahnungen für getauschte Filme, Musik usw.

    Auf Nachfrage wollte es keiner gewesen sein.

  16. Besser wäre es, die Geflüchteten direkt in Einfamilienhäusern unter zu bringen. Damit fällt auch die gesamte Problematik Störerhaftung weg, weil es einen festen Anschluss im Haus gibt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.