Die „Digitale Gesellschaft“ findet deutliche Worte gegen die nach den Attentaten erneut ventilierte Forderung nach anlassloser Langzeitspeicherung von Telekommunikationsdaten. Das „Narrativ pro VDS“ erweise sich mal wieder als „offensichtlich falsch und nicht tragfähig“. Und sie erklären die Rechtslage in Dänemark:
In Dänemark gab es von 2007 bis 2014 eine besonders weitreichende Form der VDS, bei der im Rahmen des sogenannten „Session Logging“ auch die angewählten IP-Adressen gespeichert wurden. Dem Bericht zufolge waren die von den Providern gelieferten Daten für die Polizei vollkommen nutzlos. Folgerichtig kippte Dänemark das „Session Logging“ Mitte 2014.
Da das Aufhäufen von Milliarden Datensätzen gegen Attentäter mit automatischen Waffen keine Abhilfe verspricht, schlägt die „Digitale Gesellschaft“ vor:
Um Terroranschläge wirksam zu verhindern und Täter gar nicht erst zu Tätern werden zu lassen, wäre es weitaus sinnvoller, den sozialen und politischen Ursachen des religiös-fundamentalistischen Extremismus auf den Grund zu gehen und ihnen entgegenzuwirken.
Was man notorischen VDS-Überzeugungstäter und Innenpolitikern argumentativ sonst noch entgegenhalten kann, hatten wir heute ja schon zusammengetragen.
Hallo Constanze,
mich würde mal interessieren, was man Menschen entgegnet, die hartnäckig die negativen Folgen und schädlichen Nebenwirkungen der Vorratsdatenspeicherung leugnen.
Öfters hört man z.B.: „Wie hat die VDS jemanden jemals konkret und real geschadet?“
Diese Argumentation erscheint mir wie verkehrte Welt. Nicht derjenige, der die VDS ablehnt, muss sich rechtfertigen, sondern der VDS-Befürworter muss den Grundrechtseingriff mit Belegen rechtfertigen.
Seinerzeit hatte ich mal die 21 Fallbeispiele des BKA, die mir Dr. Hans- Peter Uhl (CSU) in einer Email- Diskussion zur Verfügung stellte, gegen argumentiert: https://guedesweiler.wordpress.com/2010/11/25/wiefelputzens-kauderwelsch-neues-aus-uhlenbusch/
Es scheint doch noch ein wenig Verstand in Form von echter Ursachenbekämpfung zu geben. Ich bin zudem sichtlich erschrocken, was für einen gewaltigen Islamhass man teilweise im Netz antreffen muss mit teils zutiefst menschenrechtsverletztenden Dingen, die bis zum Begriff der „Auslöschung“ gehen in den letzten Tagen / Wochen. Auch diese Mohammed – Sexsoftware ist recht ekelerregend und löst ganz sicher keine Probleme in Sachen „Wie begegnet man radikalen Gruppierungen, die nicht den Islam an sich verkörpern, sondern diesen als Zweckmittel missbrauchen“.
Man sollte die jedoch nicht alle mit Drohnen wegfegen, Islamhass und Massenüberwachung in unserer Gesellschaft gewinnen lassen, sondern eben genau das nicht, was unsere Gesellschaft schon mal historisch in den Abgrund führte, wiederholen. Man darf keine ganze Religion digital verfolgen, beobachten, und derart darstellen, man muss die wahren Ziele einkreisen und dafür sorgen, dass diese sich verantworten müssen vor dem internationalen Gerichtshof, und man darf auf keinen Fall, Frauen, Kinder und weitere beteiligte Angehörige der Terroristenlisten der IS mit in den Tod reißen. Man muss anfangen zu kommunizieren. Es wird nur schlimmer durch das Prinzip Auge um Auge Zahn um Zahn. Und das betrifft auch die VDS, sie macht uns alle zu potentiell unfreien, gefährlichen Menschen, die keinerlei Geheimnis welcher Art auch immer mehr hüten dürfen. Das wäre dann eine perfide Doppelüberwachung, einmal haben wir die Dienste und dann noch den eigenen Staat selbst, ganz offiziell. Und der würde genau wie die Stasi damals seine Organe steht weiter ausbauen, perfektionieren und uns an digitale Ketten legen.
So etwas darf es nie wieder geben, nicht in einer angeblichen Demokratie. Derzeit ist alles in dieser Sache sehr tragisch und vor allem ein absoluter Irrweg, der uns alle in Misstrauen, Paranoia, Unfreiheit ersticken lassen wird und wir somit irgendwann niemanden mehr trauen können. Das wäre das Ende einer demokratischen Ordnung und das Ende des Westens, den ich einst kennengelernt habe.
Wir sind m.M. nach ganz kurz davor, entgültig zu scheitern.
B.O.
Der „freie“ West ist schon lange gescheitert, spätestens mit dem Ende des Kalten Krieges und der Ost-West-Konfrontation.
Früher gab es einen ideologischen Gegner, der offensichtlich Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte mit Füßen trat. Neben der (teilweise nur vermeindlichen) moralischen Überlegenheit war der Westen auch materiell/wirtschaftlich überlegen.
Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Blocks gibt es keinen klaren Gegner mehr, angesichts dessen man darauf achten müsste, die „Guten“ zu sein.
Die Masken fallen immer weiter. Heute ist der „freie“ Westen derart moralisch degeniert, dass nicht mehr viel von der einstigen Zivilisationsdecke übrig bleibt. Wenn man sich anschaut, welche Politik die Regierungen mit Unterstützung (!) breiter Bevölkerungsteile in den letzten Jahren betreiben, sind die anti-demokratischen, verfassungs- und rechtsstaatsfeindlichen Tendenzen unübersehbar. Freiheit hat für die meisten Menschen im Westen nur noch dann Bedeutung, wenn es um die freie Auswahl der Autofarbe, der Handy-Marke oder des Urlaubsziels geht – Konsumfreiheit also. Politische und soziale Freiheit ist weitestgehend als Hilfsmittel für Terroristen und Kriminelle diskreditiert.
Mensch Constance…
Das ist doch viel zu teuer und will doch keiner haben.
Drohnenangriffe, Kameraüberwachung und Datenbanken sind das einzige Mittel gegen diese Kriminellen. Das wissen wir doch. Mensch, nu glaub das doch dem Friedrich-Uhl-deMeziere-Gedöhns endlich mal! Immer diese Kritikerinnen und Überwachungsverweigererinnen :-)
Tja, Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit von Geburt an dürften tatsächlich schwerwiegende Gründe sein. Wer eben im Leben von Anfang an nichts erreichen kann… hat nunmal folglich nicht allzu viel zu verlieren.
Hinzu kommen bei vielen dann noch entsprechende Vorerfahrungen mit Polizei & Co. und das Erkennen der Hoffnungslosigkeit aufgrund der schlichten Ignoranz und Besserwisserei und Rechthaberei. Wenn man einmal in deren Datenbanken registriert ist, hat man keine Chance mehr auf Resozialisierung (auch das ist neu und nimmt permanant zu. Wer heute einen Fehler macht, wird lebenslang ausgegrenzt und hat zunehmend keine Chance mehr auf Wiedereingliederung).
Und dann kommen die Berichte, wie die eigenen Landsleute verhungern, vergewaltigt und gefoltert werden, viele auch schwer verletzt oder gar getötet und heimtückisch ermordet (z. B. durch Drohennangriffe).
Aber nein, da kommt dieser Hass und die Ablehnung ganz bestimmt nicht her. Auf gar keinen Fall. *ganz heftig den Kopf schüttel*
Meine Vermutung (die allerdings noch entsprechend zu beweisen wäre):
Je mehr Überwachung, je mehr gesetzliche Einschränkungen auf Basis von irgendwelcher Moral (Maas’scher Wahnsinn seit Amtsantritt z. B.), je mehr Willkür und Haftungsfreiheit bei Staatsorganen, desto massiver wird die Gegenwehr vor allem bei den Gruppen, die dadurch ausgegrenzt und oft auch zu Unrecht stigmatisiert werden.
Je mehr Polizei- und Militärpräsenz, je mehr Überwachung, desto mehr muss zwangsläufig auch die „Gegenseite“ aufrüsten. Das sind allerdings bekannte Mechanismen, beide Seiten pushen sich gegnseitig hoch…
Was könnte helfen?
Abrüstung. Abbau von Überwachungsinfrastruktur. Weniger Kontrolle, mehr Freiheiten. Und schon klappts auch mit den Nachbarn. Aber erklär das mal so einem Honk von der CDU oder Verfassungsbeschmutzer.
Soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, bessere Bildung bei gleichzeitiger Entlastung von Kindern und Jugendlichen (wieder mehr Freizeit und weg vom Ganztagswegsperren, Kinder wieder Kinder sein und spielen lassen)… und weg von allem Lobbyismus und In-die-Tasche-Wirtschaften bei Politikern, die sich um die Belange DES VOLKES kümmern (also das tun, wofür sie gewählt wurden).
Das alles würde helfen. Poltiik, die im Sinne der Gerechtigkeit und des Fortschrittes auch mal handelt und nicht jahrelang sinnlos diskutiert und am Ende aus den besten Ansätzen das Schlechteste umsetzt.
Aber das lässt sich mit dieser verfahrenen, trägen und drögen Politik nicht umsetzen. Die Piraten haben es versucht und sind voll gegen die Betonwand gefahren. Ich kenne zwei Leute in politischen Ämtern und beide sagen, dass es zum verzweifeln ist, weil man mit handfesten und guten Argumenten bei diesen konservativen Betonklötzen kein Vorwärtskommen hat.