Das Open Technology Institute (OTI) der New America Foundation hat sich mit den Auswirkungen des NSA-Skandals beschäftigt und neben gesellschaftlichen und außenpolitischen Konsequenzen unter anderem die wirtschaftlichen Nachteile der Überwachungsaffäre beleuchtet. Einschätzungen, welche Effekte sich ergeben, gab es bereits im letzten Jahr, doch erstmals sind aktualisierte Erkenntnisse in einer ausführlichen Studie zusammengetragen.
Beleuchtet werden im Speziellen die Auswirkungen auf Anbieter von Hosting und Cloud Computing sowie Hard- und Software-Produzenten. 25% britischer und kanadischer Kunden würden ihre Daten nun nicht mehr auf US-Servern speichern und es wird ein Verlust von 22 bis 180 Milliarden US-Dollar innerhalb der nächsten drei Jahre erwartet. Auf Seiten von Cisco, Qualcomm, IBM, HP und Microsoft werde von Verkaufseinbrüchen in China berichtet. Besonders werden deutsche Unternehmen erwähnt, die bei der Auftragsvergabe teilweise amerikanische Unternehmen ausschließen. Amerikanische Firmen verlieren große Aufträge, so etwa bei der deutschen Bundesregierung im Fall Verizon und der brasilianischen Vergabe einer Neuausrüstung von Armee-Jets an Saab statt Boeing.
Wie vom Guardian bereits letzten November berichtet, bestätigt der Bericht auch die Balkanisierung des Internets. Staaten bildeten immer mehr nationale Infrastrukturen heraus und bemühten sich darum, Daten und Dienste im eigenen Land zu halten. Die Investitionen dafür gefährdeten die amerikanische Vormachtstellung auf Seiten der Internet-Technologie. Ebenso brächten Diskussionen in EU-Parlament um die Aufhebung von Safe Harbor und strengere Auflagen bei transatlantischen Datenübertragungen Handelsvorteile ins Wanken. All das könne zu einer Wachstumsbremse bei amerikanischen Unternehmen führen. Außerdem wird auf die gleichzeitig erwachsende Gefahr des Aufbaus nationaler Überwachungs- und Zensurinfrastruktur hingewiesen.
Die Erkenntniss des OTI sind nicht überraschend, aber dennoch ist es wichtig, sie an einer Stelle zusammengefasst zu sehen. Denn mit rein politisch-gesellschaftlicher Diskussion ist in einer Umgebung, in der alles mit „Überwachung ist eine Anti-Terror-Maßnahme“ begründet wird – auch wenn eine frühere Studie bereits deren Unwirkamkeit demonstriert hat – und auf offzieller Seite darauf beharrt wird, dass die Geheimdienstüberwachung gesetzeskonform erfolge, traurigerweise kein Eindruck zu machen. Mit genügend wirtschaftlichem Druck könnte eine Handlungsmotivation entstehen.
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