Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf: Datenschutzbeauftragte soll neue oberste Bundesbehörde werden (Updates)

Das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit soll in eine neue, eigenständige oberste Bundesbehörde überführt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die Bundesregierung heute beschlossen hat und den wir veröffentlichen. Damit setzt die Regierung Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs um, der Deutschland deswegen schon zweimal verurteilt hatte.

BfDI-Dienstgebaeude
Sitz der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

Schon lange kritisieren wir, dass die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit dem Innenministerium untersteht und damit nicht wirklich unabhängig ist. Das ist nicht nur schädlich für den Datenschutz, sondern verletzt auch Europäisches Recht, wie der Europäische Gerichtshof schon 2010 und 2012 in zwei Urteilen feststellte.

Jetzt endlich reagiert die Bundesregierung und hat einen neuen Gesetzentwurf angenommen, wie Bundesregierung und Innenministerium verkünden. Leider ist der Gesetzestext nicht dabei, also veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes – Stärkung der Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht im Bund durch Errichtung einer obersten Bundesbehörde

Und das steht drin, im Teil „Wesentlicher Inhalt des Entwurfs“:

Der Gesetzentwurf zieht nicht nur Konsequenzen aus dem Urteil des EuGH vom 16. Oktober 2012 (Rs. C-614/10) zur völlig unabhängigen Wahrnehmung der Aufgaben, sondern stärkt die Datenschutzaufsicht im Bund insgesamt. Der Gesetzentwurf enthält hierfür folgende Regelungen:

  • Die oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist eine oberste Bundesbehörde mit Sitz in Bonn. Sie oder er untersteht ausschließlich parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle.
  • Die oder der Bundesbeauftragte wird vom Deutschen Bundestag gewählt und leistet den Amtseid vor der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten.

Darüber hinaus werden die Regelungen über die Anbindung an das Bundesministerium des Innern (BMI) sowie zur Rechts- und Dienstaufsicht gestrichen. Weitere Regelungen, insbesondere zur Vertretung und Weiterführung der Geschäfte, zur Verwendung von Geschenken, zur Genehmigung von Aussagen und zur Erstattung von Gutachten, werden – soweit erforderlich – durch europarechtskonforme Neuregelungen ersetzt.

Auch wenn sich Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 95/46/EG und die entsprechende Rechtsprechung des EuGH nur auf die Funktion der Behörde als Datenschutzaufsicht und nicht auf die Informationsfreiheit beziehen, wird die neue Behörde wie ihr Vorgänger auch für die Aufgaben nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zuständig sein. Das Recht auf freien Zugang zu Informationen steht mit dem Recht auf Datenschutz in direktem Zusammenhang.

Ein überfälliger Schritt. Als nächstes wäre eine Erhöhung der Stellen angebracht.

Wir haben verschiedene Spezialexperten(TM) wie die Obleute im Innenausschuss sowie Datenschützer um Stellungnahme gebeten und werden die an dieser Stelle ergänzen, sobald sie eintreffen.

Update: Konstantin von Notz, Mitglied der Grünen im Innenausschuss und Sprecher für Netzpolitik, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Am 6. April 2011 hat die Europäische Kommission die Bundesregierung mit einem Brief aufgefordert, binnen zwei Monaten die nach dem EuGH-Urteil erforderliche Reform der Datenschutzaufsicht in Deutschland zu verwirklichen.

Vor diesem Hintergrund war der heutige Kabinettsbeschluss lange überfällig. Bereits im Juni 2011 hatten wir die Bundesregierung als Grüne Bundestagsfraktion mit einem eigenen Antrag aufgefordert, so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die völlige Unabhängigkeit des/der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit garantiert.

Update 2: Peter Schaar, der letzte Bundesdatenschutzbeauftragte, hat uns ein so umfangreiches Statement geschickt, dass wir einen eigenen Gastbeitrag daraus gemacht haben: Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes “völlig unzureichend”

Update 3: Ulla Jelpke, Obfrau der Linksfraktion im Innenausschuss, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Die Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten vom Bundesinnenministerium war schon lange überfällig. Sie muss nun auch materiell unterfüttert werden, dazu gehört in erster Linie ein deutlicher Stellenaufwuchs. Und die BfDI muss endlich gegenüber allen datenverarbeitenden Stellen, ob Behörden oder Unternehmen, wirksame Sanktionsmittel erhalten.

Update 4: Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Die durch den Gesetzentwurf vorgenommene Neugestaltung des Amtes der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit als oberste Bundesbehörde begrüße ich ausdrücklich. Die Neuregelung folgt den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und spiegelt die wachsende Bedeutung des Datenschutzes gerade in den Zeiten einer fortschreitenden Digitalisierung wider. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf trägt somit zur Stärkung des Datenschutzes bei.

Es ist aber – das ist ein Gebot der Fairness – darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung die bislang bestehende Rechts- und Dienstaufsicht über den Beauftragten zu keiner Zeit wahrgenommen hat.

4 Ergänzungen

  1. „Dieses Gesetz tritt am 01. Januar 2016 in Kraft.“ (Artikel 3, S. 9) geht gar nicht. Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht sofort. Übergangsfristen nur für Personal- und Sachmittelhoheit.

  2. Ich hab von diesen Datenschützern eh nie viel gehalten. Die haben doch eh nix drauf. Sind alte oder ältere Leute die Null Ahnung von Computern haben. Als ob die irgendwelche Tools oder Einstellungen empfehlen könnten womit man mehr für seinen Datenschutz tun könnt.

    Und dass die sowieso jemanden unterstellt ist ist ja wohl der größte Skandal. Vielleicht war das ja auch MIT der Grund wieso die nie solche IT Tipps gegeben haben.

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