Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung, Rechtsanwalt gegen Individualüberwachung

Rechtsanwälte sind als Geheimnisträger von Berufswegen auf vertrauliche Kommunikation angewiesen. Nicht zuletzt deshalb wurde in Hamburg die Initiative „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ gegründet. In der „Hamburger Erklärung zur Totalüberwachung“ fassen Sabine U. Marx und ihre elf Kollegen, darunter die Bundestagsabgeordneten Burckhardt Müller-Sönksen (FDP) und Konstantin von Notz (Grüne), in 5 Punkten wesentliche Gefahren der anlasslosen Dauerspitzelei zusammen:

– Die digitale Totalüberwachung ist ein historisch beispielloser Angriff auf das verfassungsmäßige Grundrecht auf Privatsphäre
– Digitale Totalüberwachung gefährdet die zentralen Funktionsbedingungen unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung
– Digitale Totalüberwachung ermöglicht Wirtschaftsspionage in großem Stil
– Digitale Totalüberwachung ermöglicht die Erpressung von Politikern, Managern und sonstigen Zielpersonen
– Digitale Totalüberwachung zerstört das Vertrauen der Bürger in Berufsgeheimnisträger

Die Bundesregierung wird daher aufgerufen, endlich Maßnahmen zu ergreifen – etwa die förmliche Einbestellung der Botschafter Großbritanniens und der Vereinigten Staaten, die Aussetzung der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen, die Schließung der NSA-Standorte in Deutschland und eine strengere Kontrolle der deutschen Geheimdienste.

Zur Unterzeichnung aufgerufen waren zunächst nur „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie andere Organe der Rechtspflege (Richter, Staatsanwälte, Notare, Justiziare, Professoren, etc.)“, mittlerweile richtet sich die Aktion an alle Bürgerinnen und Bürger.

Neben dem großen Ganzen, den negativen Folgen eines umfassenden Überwachungsapparates, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Niedersachsen, dass der Berufsstand wohl auch vor gezielten Maßnahmen nicht sicher ist. Dort hat der Verfassungsschutz einen Rechtsanwalt, der ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtete JournalistInnen vertritt, überwacht. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV) erklärt dazu, dass

jede nachrichtendienstliche Erfassung von BerufsgeheimnisträgerInnen wie RechtsanwältInnen und JournalistInnen abzulehnen ist. Diese Gruppen sind bekanntlich durch die Verfassung besonders geschützt. Diesen Schutz müssen gerade diejenigen Kolleginnen und Kollegen beanspruchen können, die sich engagiert mit gesellschaftlichen Fehlentwicklungen auseinandersetzen. Es geht daher nicht an, dass der Rechtsanwalt, der eine kritische Journalistin im Rechtsstreit mit dem Verfassungsschutz vertritt, seinerseits von demselben Dienst beobachtet wird.

Die taz zitiert den Verfassungsschutz-Sprecher Frank Rascher mit den Worten

Wenn bei einer Person Anhaltspunkte für eine extremistische oder terroristische Tätigkeit vorliegen, sammelt und speichert der Verfassungsschutz Informationen zu dieser Person – unabhängig von ihrer beruflichen Tätigkeit.

Was allerdings die allgemeine Herangehensweise erklären und nicht den konkreten Vorfall bestätigen oder rechtfertigen soll.

Mit dem betroffenen Anwalt hat am Wochenende NDR info gesprochen. Informationen zum Ausmass der Überwachung lagen ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Die Ergebnisse seines Auskunftsersuchens werden mit Spannung erwartet.

4 Ergänzungen

  1. Paa, was soll das?

    Das Justizministerium hat eine IFG-Anfrage auf fragdenstaat.de nicht mal inerhalb der vorgesehenen Monatsfrist beantwortet (https://fragdenstaat.de/anfrage/offentlicher-schlussel-6/) und wurde bereits einmal auf das Verstreichen der Frist hingewiesen!

    In der Anfrage geht es um einen einfachen Kommunikationszugang mit PGP-Schlüssel. Das ist gar nicht erwünscht. Alle Bestrebungen in der Richtung werden einfach abgeblockt und für beendet erklärt.

    Da bringt es nichts wenn Rechtsanwälte einen Zettel beschreiben, wenn von oben nichts kommt.

  2. Aaaaaaar, @wisky du bist nicht ganz update.

    Muß heißen: Bereits 2. Erinnerung geschickt.
    Sie haben die Frist mittlerweile um 1 Woche, 2 Tage überschritten.

    Das nennt sich vollste Unterstützung in allen staatlichen Belangen.

  3. Brief an den Bundespräsidenten:


    Von Anfragesteller/in
    Betreff AW: AW: Öffentlicher Schlüssel
    Datum 3. Oktober 2013 00:52:30
    An Bundespräsident
    Sehr geehrte Damen und Antragsteller/inerren, meine Informationsfreiheitsanfrage "Öffentlicher Schlüssel" vom 23.08.2013 wurde von Ihnen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit beantwortet. Sie haben die Frist mittlerweile um 1 Woche, 2 Tage überschritten. Bitte informieren Sie mich umgehend über den Stand meiner Anfrage.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Antragsteller/in

    zum Nachlesen: https://fragdenstaat.de/anfrage/offentlicher-schlussel-32/#nachricht-12338

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.