Netzpolitischer Wochenrückblick KW49

Lang, lang ists her, dass es einen Rückblick gab. Daher herzlich Willkommen zum Netzpolitischen Wochenrückblick in Kooperation mit Bln FM. Hier gibts die wichtigsten Themen der vergangenen Woche – als Podcast, gesprochen von Tim Thaler, oder zum Lesen:

Neue Dokumente aus Edward Snowdens Fundus belegen, dass der Australische Geheimdienst Rohdaten an nicht-geheimdienstliche Behörden und Mitglieder des Five-Eyes Abkommens weiterleitet. Als „Five-Eyes“ werden USA, Großbritannien, Neuseeland, Australien und Kanada bezeichnet – das Abkommen legt die geheimdienstliche Zusammenarbeit fest. Bedenklich und vermutlich verfassungswidrig ist die Tatsache, dass der Australische Geheimdienst (Defense Signals Directorate), ganz ohne richterlichen Beschluss, Verbindungsdaten australischer Bürger weitergibt. Verbindungsdaten sind u.a. Sender- und Empfängername, Standort, Uhrzeit, Dauer des Gespräches und vieles mehr.
Auch in Großbritannien beschäftigt sich das Parlament mit dem Überwachungsskandal. So erschien Alan Rusbridger, Herausgeber der britischen Zeitung The Guardian (die maßgeblich für die Veröffentlichung der Snowden-Dokumente verantwortlich war), am Dienstag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Innenpolitik“. Zentrale Fragen waren hierbei, wie verantwortungsvoll der Guardian mit den Leaks umgegangen ist – von Weitergabe an die New York Times, über Auswahl der Berichterstattung und Schwärzen von Namen. Bisher wurden überhaupt erst 27 der rund 58.000 Dokumente, die Edward Snowden an renommierte Reporter der Washington Post, des Guardians, des Spiegels und Glenn Greenwald weitergegeben hat, veröffentlicht.
Der US-Geheimdienst NSA sammelt im Rahmen seiner globalen Vorratsdatenspeicherung rund fünf Milliarden Funkzellendaten von hunderten Millionen Handybesitzern – pro Tag, das sind rund 27 TB Daten. Dies berichtet die Washington Post und beruft sich auf Dokumente, die Edward Snowden befreit hat. Dabei überwacht man zentrale Knotenpunkte von mobilen Netzwerken und greift gleichzeitig auf Datenbanken zu, wo Mobilfunkprovider untereinander das Roaming von Mobilfunkgeräten managen.
Mittlerweile fand die 13. Anhörung zum Überwachungsskandal im Ausschuss „Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ des Europäischen Parlaments in Brüssel statt. Hierzu werden regelmäßig unterschiedliche Experten eingeladen und zu verschiedenen Aspekten des Überwachungsskandals befragt. Fokus liegt natürlich auf der Frage, wie groß überhaupt das Ausmaß ist. Ob und wie gut die europäischen Institutionen vor Überwachung und Spionage geschützt sind. Hierbei fühlen sich einige Abgeordnete zunehmend machtlos, da sie zu diesen essenziellen Fragen teils von den eigenen Behörden keine Antworten erhalten – da es unter die Geheimhaltung falle und man nicht darüber sprechen dürfe oder kein Mandat habe. Im Zuge der Anhörungen soll im Laufe des Dezember auch Edward Snowden vor dem Ausschuss aussagen – per Videokonferenz. Jan Philipp Albrecht, grünes Mitglied des Innenausschusses, sagte es sei ein „großer Erfolg des Europäischen Parlaments, dass Edward Snowden sich als zentraler Zeuge im Überwachungsskandal bereit erklärt, dem EP gegenüber öffentlich auszusagen.“
In Bezug auf Netzpolitik lässt der finale Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD leider viel zu wünschen übrig. Begrüßenswert ist, dass man sich wohl mehr um Open Data und Open Science kümmern will. Außerdem soll die WLAN-Störerhaftung abgeschafft werden. In Bezug auf Netzneutralität ist der Koalitionsvertrag sehr wirr und spricht sich an vielen Stellen gegen selbige aus. Noch schlechter sieht es beim Urheberrecht und dem „Recht auf Remix“ aus – das findet sich in der finalen Version des Koalitionsvertrags gar nicht mehr wieder. Stattdessen soll lediglich die „Medienkompetenz der Nutzer gestärkt werden, so dass sie besser zwischen legalen und illegalen Angeboten im Netz unterscheiden können.“ Zur Funkzellenabfrage findet sich auch kein Wort im Koalitionsvertrag. Tiefpunkt ist jedoch sicherlich die Vorratsdatenspeicherung, die laut CDU/CSU und SPD wiedereingeführt werden soll – obwohl das BVerfG diese erst 2010 als verfassungswidrig erklärt hat. Ausrede der Bundesregierung ist, dass man – da es auf einer EU-Richtlinie basiert – Strafe zahlen muss, falls die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland nicht bald umgesetzt würde. Hierzu muss man allerdings sagen, dass im Frühjahr 2014 genau diese EU-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt wird und sehr wahrscheinlich als rechtswidrig erklärt werden könnte. Insgesamt fällt daher die Bilanz mehr als ernüchternd aus.

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Eine Ergänzung

  1. So läufts heute.Das vom Steuerzahler gesponsorte Jurastudium durchziehen,wahrscheinlich noch mit Ach und Krach und dann schnell Kohle machen mit dem Schreiben von Abmahnungsbriefen.Das wird dann durch eine billige Bürokraft erledigt.Bloß nicht abmühen mit Klienten und womöglich sich vor Gericht blamieren.Der Staat fördert dieses Gebaren durch diffuse Gesetzesformulierungen und ausnutzbare Lücken im Gesetz.Es ist zum Kotzen.

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