Kompromiss bei Meldegesetz: Explizite Zustimmung nötig zur Weitergabe und Nutzung von Daten

Das Meldegesetz war hier schon häufig Thema. Das im Sommer 2012 vom Parlament durchgewunkene Gesetz hätte es Einwohnermeldeämtern erlaubt, persönliche Daten von Bürgerinnen und Bürgern an Unternehmen und Adresshändler weiterzugeben, es sei denn die Betroffenen widersprechen dem explizit – eine Opt-out Lösung. Der Bundesrat hatte das umstrittene Gesetz dann an den Vermittlungsausschuss verwiesen, und dort wurde nun ein Kompromiss gefunden. Statt Opt-out sollen Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich zustimmen, dass ihre Namen und Adressen beispielsweise zu Werbezwecken an Unternehmen weitergeben werden dürfen – die Zustimmung erfolgt entweder generell gegenüber der Meldebehörde, oder aber dem Unternehmen, dass die Daten nutzen will. Stichprobenartig sollen die Meldeämter prüfen, ob solche Einwilligungserklärungen bei den Unternehmen vorliegen, bei Verstößen wird ein Bußgeld verhängt.

Problematisch bleibt: Wenn auch Unternehmen die Einwilligung bei den Bürgerinnen und Bürgern einholen dürfen und das nur stichprobenartig kontrolliert wird, kann es dazu kommen, dass Firmen die Einwilligung in den Nutzungsbedingungen ihrer Websites verstecken oder ganz darauf verzichten und auf die Überforderung der Meldeämter hoffen.

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein Thilo Weichert kritisierte schon im September 2012, dass sich der Bundesrat “auf den konkreten öffentlichen Aufreger [beschränkt]“, statt “eine umfassende datenschutzrechtliche Überarbeitung des Meldegesetzentwurfes vorzunehmen”:

Das Entgegenkommen gegenüber der Adress- und Inkassowirtschaft hätte zur Folge, dass auf die Melde- und die Datenschutzbehörden ein erhöhter Prüfaufwand zukommt. Die Durchführung von Stichproben bei behaupteten Einwilligungen und das Kontrollieren von absehbar mehr Einzelanfragen und Beschwerden sind ein hoher Preis dafür, dass der Privatwirtschaft insbesondere für Werbezwecke hoheitliche Meldedaten bereitgestellt werden.

Jetzt müssen beide Parlamenten die Empfehlung des Vermittlungsausschusses bestätigen. Laut Zeit Online haben Abgeordnete von Bundestag und Bundesrat aber bereits signalisiert, „dass sie die Vorgaben des Ausschusses übernehmen und umsetzen wollen“.

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8 Ergänzungen

  1. Ich fänd es besser, wenn die Adresshändler zugang bekämen, aber über jede einzelne Verwendung der Adresse den Betroffenen per Einschreiben informieren müssten und bei Versäumnis an den jeweiligen gehandelten Menschen den maximal denkbar erreichbaren Profit vom Verkauf als Strafe zu zahlen haben…

  2. Ich finde an der Stichproben-Kontrolle auch problematisch, dass die Kommunen wirtschaftlich gar kein Interessa daran haben, die behaupteten Einwilligungen zu kontrollieren. Die verdienen ja mit dem Verkauf der Daten, Kontrollen kosten dagegen Geld. Wenn es nicht noch irgendwo einen Anreiz zur Kontrolle gibt, wird das ein eher sehr stumpfes Messer.

  3. Absurd wie man dieses Verhandlungsergebnis als „Kompromiss“ beschönigen kann. Fakt ist: Es reicht nun die bloße Behauptung des Anfragenden, die Zustimmung läge vor. Im Gegensatz zu Lastschriften kann man Auskünfte nicht wieder „zurückbuchen“.

    Ich bin auf den Gesetzestext gespannt. Hat den jemand?

  4. Wenn Datensparsamkeit bedeutet, daß nur so viele personenbezogene Daten wie unbedingt nötig erhoben werden sollten und die meisten Staaten sehr gut ohne Meldeämter und Personalausweise funktionieren, warum diskutieren wir nicht lieber die ersatzlose Streichung dieser Behörden? Keine Daten, kein Datenmißbrauch!

  5. Ich bin dennoch erst mal froh, dass diese miese Opt-Out-Heuchelei vom Tisch ist. Nun müssen sich die Firmen immerhin offiziell kriminell verhalten (nicht nur in Grauzonen bewegen), um die Daten abzugrasen. Andererseits sehe ich jetzt schon eine typische Hoppla-Pressemitteilung von Google in den Nachrichten – so wie damals „Hoppla, wir haben versehentlich eure WLANs gescannt, haben wir selbst gar nicht gemerkt“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Wardriving).

  6. „die Zustimmung erfolgt entweder generell gegenüber der Meldebehörde, oder aber dem Unternehmen, dass die Daten nutzen will. “
    Bitte was? Wenn ich gegenüber dem Unternehmen zustimmen soll, dann hat das Unternehmen doch notwendigerweise bereits Daten von mir, allein schon, weil es ja wissen muß, wer da zugestimmt hat. Infolgedessen verstehe ich den Sinn einer solchen Regelung nicht. Ich verstehe auch nicht, wie einem ihre Unsinnigkeit nicht in die Augen springen kann. Ich frage mich, bin ich blöde oder die, die sich das haben einfallen lassen? Der mir einzig erkennbare Sinn dieser Regelung ist, daß die Unternehmen via Melderegister verifizieren dürfen, daß ich die ihnen gegebenen Daten nicht getürkt habe. Nun, entweder habe ich das gemacht oder die Daten sind echt – in beiden Fällen habe ich aber kein Interesse daran, dem Unternehmen Verifikationsmöglichkeiten einzuräumen. Und was machen Meldebehörden mit den Daten, für deren Verifikation sie von Unternehmen angefragt werden? Insbesondere den nicht mit dem Melderegisterstand übereinstimmenden? Fungieren diese Unternehmen dann dank dieses „Kompromisses“ demnächst als eine Hilfspolizei zur Kontrolle der Meldedaten?

  7. Ich will meine Kohle !!!!!!!
    Mein Namensrecht, ich bin mein Eigentum, Eigentum verpflichtet.
    Ein Zwang zur Abgabe meines Namens (Adresse). Meine informelle Selbstbestimmung wird mit einem Baseballschläger verdroschen. Von Leuten, dessen Aufgabe es sein sollte, mich zu schützen. So, nun verkaufen diese Schmarotzer also meine Daten, dann ist es jawohl nur legitim, da ich ja die Urheber- und Verwertungsrechte an meinem Namen halte, dass ich 100% des Umsatzes einfahre. Denn die Kosten der Verwaltung, werden ja aus Steuern finanzier, ergo steht mir der Umsatz zu. Aber wir alle können davon ausgehen, in diesem unserem Lande, doch nur Sklaven zu sein.

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