Facebook hat wieder einmal seine „Datenverwendungsrichtlinien“ und seine „Erklärung der Rechte und Pflichten“ aktualisiert. Wenig überraschend gehen die Änderung zu Lasten der Nutzer und dass in teils drastischer Art und Weise. So möchte Facebook die Daten der Nutzer weiter kommerzialisieren, indem sie für die Schaltung von Werbung genutzt werden dürfen.
Die entscheidende Änderung findet sich in Ziffer 10 der überarbeiteten „Erklärung der Rechte und Pflichten“:
10. Über Werbung und andere kommerzielle Inhalte, die von Facebook zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden
Unser Ziel ist es, Werbeanzeigen und sonstige kommerzielle bzw. gesponserte Inhalte, die für unsere Nutzer und Werbetreibenden wertvoll sind, zur Verfügung zu stellen. Um uns dabei zu helfen, erklärst du dich mit Folgendem einverstanden:
- Du erteilst uns deine Erlaubnis zur Nutzung deines Namens, Profilbilds, deiner Inhalte und Informationen im Zusammenhang mit kommerziellen, gesponserten oder verwandten Inhalten (z. B. eine Marke, die dir gefällt), die von uns zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass du einem Unternehmen bzw. einer sonstigen Organisation die Erlaubnis erteilst, uns dafür zu bezahlen, deinen Namen und/oder dein Profilbild zusammen mit deinen Inhalten oder Informationen ohne irgendeine Entlohnung für dich zu veröffentlichen. Wenn du eine bestimmte Zielgruppe für deine Inhalte oder Informationen ausgewählt hast, werden wir deine Auswahl bei deren Nutzung respektieren. Solltest du jünger als achtzehn (18) Jahre alt sein bzw. gemäß einer anderen gesetzlichen Altersgrenze als minderjährig gelten, versicherst du, dass mindestens ein Elternteil bzw. Erziehungsberechtigter den Bedingungen dieses Abschnitts (sowie der Verwendung deines Namens, Profilbilds, deiner Inhalte und Informationen) in deinem Namen zugestimmt hat.
- Wir geben deine Inhalte und Informationen nicht ohne deine Zustimmung an Werbetreibende weiter.
- Du verstehst, dass wir bezahlte Dienstleistungen und Kommunikationen möglicherweise nicht immer als solche kennzeichnen.
Zusammengefasst lässt sich Facebook hiermit das Recht einräumen, die Daten seiner Nutzer, also den Namen, Profilbilder und Informationen (was damit gemeint ist, ist nicht vollkommen klar) im Rahmen von Werbung zu nutzen. Facebook kann sich so von Unternehmen bezahlen lassen, um Werbung der Unternehmen, angereichert mit Daten der Nutzer, schalten zu können. Unter 3. lässt sich Facebook sogar das Recht einräumen lassen, diese Werbung nicht zwingend als Werbung deklarieren zu müssen. Der Nutzer wird also endgültig zum Werbeträger der Werbeplattform Facebook.
Die Möglichkeiten der Nutzer sich gegen die Änderungen an den Nutzungsbedingungen zu wehren sind gering. Wie Carsten Ulbricht auf Recht 2.0 klarstellt, treten die geänderten Nutzungsstimmungen nach der Sonderregelung für Deutschland erst 30 Tage nach Bekanntgabe der Änderungen in Kraft, nicht wie in den übrigen Ländern sofort. Wer nach den 30 Tagen Facebook weiterhin nutzt, hat die Änderungen automatisch angenommen. Die einzige Möglichkeit den Änderungen zu widersprechen ist, seinen Account bei Facebook innerhalb der 30 Tage zu löschen.
Wer seinen Facebook-Account behalten möchte, dennoch aber nicht möchte, dass seine Daten für Werbezwecke genutzt werden hat zur Zeit noch die Möglichkeit die Privatsphäre-Einstellungen so anzupassen, dass die Werbeanzeigen für „Niemand“ sichtbar seien sollen. Dazu ruft man diesen Link auf, der einen direkt zu den entsprechenden Einstellungen von Facebook führt. Ganz unten wählt man dann unter „Kombiniere meine sozialen Handlungen mit Werbeanzeigen für“ im Dropdown-Menu „Niemand“ aus und klickt auf „Änderungen speichern“.
Zur Zeit scheint Facebook trotz der Änderung seiner Nutzungsbesdingungen noch auf die Privatsphäre-Einstellungen der Nutzer Rücksicht zu nehmen. Ob dieses auch in Zukunft der Fall sein wird kann natürlich nicht garantiert werden.
Unabhängig von den Auswirkungen der Änderungen auf die Nutzer, stellt sich bei den Änderungen aber auch die Frage der Rechtmäßigkeit. Thomas Stadler listet auf seinem Blog Internet-Law gleich eine ganze Reihe von Verstößen gegen deutsches Recht auf.
Die Regelung wonach kommerzielle Kommunikation nicht immer als solche gekennzeichnet wird, verstößt gegen §§ 3, 4 Nr. 3 UWG. Die Verschleierung des Werbecharakters von geschäftlichen Handlungen ist wettbewerbswidrig. Zudem wird damit auch gegen § 6 Abs. 1 TMG verstoßen. Danach muss kommerzielle Kommunikation klar als solche zu erkennen sein. Es handelt sich hierbei übrigens um eine europarechtliche Vorgabe.
Auch Carsten Ulbricht gibt auf Recht 2.0 an, dass die Nutzung von Namen zu Werbezwecken, ohne explizite Einwilligung des Nutzers nach deutschen Datenschutzrecht nicht rechtmäßig ist.
Nach deutschem Datenschutzrecht wird das von Facebook gewählte Vorgehen aber wohl nicht zu einer rechtswirksamen Einwilligung führen. Eine entsprechende Einwilligung muss besonders hervorgehoben sowie bewusst und eindeutig und auf Grundlage einer hinreichenden Aufklärung erteilt werden. Neben der fehlenden Hervorhebung scheitert eine datenschutzrechtliche Einwilligung daran, dass nicht klar ist, welche „Informationen“ im Rahmen der Werbung herangezogen und/oder verwendet werden sollen.
Fraglich ist nur, ob deutsches Recht überhaupt auf Facebook anwendbar ist, wie Stadler und Ulbricht anmerken. Dennoch sieht Stadler erhebliche rechtliche Zweifel, da auch nach europäischem Recht eine (aktive) Einwilligung der Nutzer notwendig sei.
[Es] verbleiben doch erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Änderungen aufgrund der Tatsache, dass (auch in Irland anzuwendende) europäische Datenschutzgrundsätze aus der europäischen Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr eine (aktive) Einwilligung auf Grundlage einer hinreichenden Aufklärung erfordern.
Oder, von Thomas Stadler anders ausgedrückt:
Es bleibt also festzuhalten, dass sich Facebook einmal mehr nicht um deutsches und europäisches Recht schert.
Das wird den Aktienkurs auch nicht retten.
Wieso gibt es eigentlich noch Leute bei Facebook?
Der Aktionkurs ist hoch, wieso fragst Du?
Der ist schon über Ausgabewert wieder. Da gibt’s nichts zu retten, offenbar läuft es ja gut, wie auch immer man das definiert.
+1 wenn der Google Button kommt. ;-)
Gibts das nicht schon lange? Meiner Meinung regeln die neuen Bedingungen genau diesen Fall, das man auf eine Webseite geht und dort das Feld findet „11.000 Nutzern gefällt xy.de“, mit Fotos und Namen der Leute darunter.
Ist Ziffer 3 überhaupt wirksam? Verstehen heißt nicht automatisch akzeptieren.
Das erinnert mich an meinem damaligen Religionslehrer. Er meinte das „verstehen“ zusätzlich bedeutet, dass man den Standpunkt auch vertritt. „Nachvollziehen“ wäre die Variante um zu sagen, dass man nicht den Standpunkt vertritt aber ihn versteht ;-) (schwer andere Wörter zu finden: sich hineindenken, begreifen…)
Naja, vielleicht hatte er ja juristisch gesehen recht. Wir fanden es eher komisch die beiden Wörter so unterschiedlich zu behandeln.
Das ist meiner Meinung nach Sache der Übersetzung. „Understand“ hier mit „verstehen“ zu übersetzen ist DEnglish. Deutsch wäre „Sie geben sich einverstanden..“, was dann „akzeptieren“ bedeuten würde.
By the way: „Understanding is the limit of conceptualization“ (Wikipedia), got it?
http://dict.leo.org/forum/viewUnsolvedquery.php?idThread=257673&idForum=2&lang=de&lp=ende
„ich habe zur Kenntnis genommen“ wäre noch eine Variante.
Endlich mal ne gute Abmahnungsmöglichkeit: Es dürfte Firmen, die sich an deutsches Recht halten müssen, verboten sein, solche Werbeformen zu buchen… Wenn dem so ist, dann feste drauf.
Echt enttäuschend, dass der Autor sich nicht mal die Mühe gemacht hat, die bisherigen und immer noch aktuellen Bestimmungen mit dem Vorschlag für die neuen zu vergleichen. Dann wäre ihm zum Beispiel aufgefallen, dass sich die Punkte 2 und 3 exakt überhaupt nicht geändert haben.
Dann erscheint das Zitat einigermaßen lächerlich:
„Unter 3. lässt sich Facebook sogar das Recht einräumen lassen, diese Werbung nicht zwingend als Werbung deklarieren zu müssen. Der Nutzer wird also endgültig zum Werbeträger der Werbeplattform Facebook.“ Ja, das war er denn schon auch vorher.
Der Punkt 1 ist tatsächlich einschneidend. Wenngleich es sich auch eher um rechtlich weniger anfechtbare Sätze handeln könnte als zuvor.
PS: Ich arbeite weder bei Facebook noch werde ich von denen bezahlt. :-)
Google Plus! ;)
Diaspora* ist eine Lösung. Wer es nicht nutzt, gerade unter den „Netzffinen“, ist selbst schuld. Wir brauchen viele, viele Diaspora-Pods. Seit vergangenem Wochenende gibt es auch die Diaspora-FAQ auf Deutsch. Wer keinen eigenen Pod aufsetzen will, kann auf einen öffentlichen Pod zurückgreifen. Quit Facebook!
Wieso hat Netzpolitik.org noch einen FB-Account? Und warum steht nicht eine ganz große Warung für die Nutzer auf der Seite (wenn sie dann noch da ist)?????
Inkonsequent!
Solange ich mich mit Synonym bei FB anmelden kann, ohne das dies Folgen hat, werde ich FB weiterhin für meine Zwecke nutzen. Ich werde natürlich niemals den Fehler machen FB zu meinem Freund zu machen. FB ist ein Propagandamedium, mehr nicht.
Ciao
DerDemokrator
P.S. Trotzdem bin ich mir klar, solange ich das Internet nutze kann ich von dort auch mißbraucht werden.Deshalb warne ich vor weiterem Realitätsverlust durch moderne Medientechnik.