EU-Datenschutzreform: Die Gegner bringen sich in Position

Nach der Vorstellung der Berichtsentwürfe für die Datenschutzgrundverordnung und der Datenschutzrichtlinie für den Polizei- und Justizbereich in der vergangenen Woche, gab es die ersten deutlichen Anzeichen dafür, dass in und außerhalb Brüssels wenig Leute an einer datenschutzfreundlichen Ausgestaltung der Reform interessiert sind.

Erich Moechel berichtet unter Verweis auf ein internes Dokument der irischen EU-Ratspräsidentschaft, dass die vorgesehenen Strafen bei Datenschutzverstößen, die schon im Kommissionsentwurf von 5% auf maximal 2% des weltweiten Jahresumsatzes der Firmen herunterlobbyiert wurden, nun vermehrt optional zur Anwendung kommen sollen. Stattdessen solle auf „Warnungen und Verweise“ gesetzt werden sowie „mildernde Umstände“ ins Kalkül gezogen werden. Das hinlänglich für seine unternehmensfreundliche Gestaltung von Datenschutz- und Steuergesetzen bekannte Irland, scheint also auch eine unternehmensfreundliche EU-Ratspräsidentschaft abgeben zu wollen. Das sind denkbar schlechte Vorzeichen bei einem der derzeit meist lobbyierten Gesetze in Brüssel und der ohnehin schon problematischen Rolle des Ministerrats. Hier verhalten sich einige Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland, in Sachen Verordnung auffällig wirtschaftsfreundlich. Bei der Richtlinie lässt der Rat die Arbeit schleifen. (Update: Das Dokument aus dem Erich Moechel zitiert, gibt es jetzt auch auf statewatch.org. Es handelt sich dabei um ein „Diskussionspapier“ anlässlich eines informellen Treffens der EU-Innen- und Justizminister in Dublin am 17. und 18. Januar.)

Die Industrie-Reaktionen auf die Berichtsentwurfvorstellung fielen stereotyp aus. Der Entwurf von Jan Philipp Albrecht, der vor allem durch Beibehaltung des legitimen Interesses als Datenverarbeitungsgrundlage aus bürgerrechtlicher Sicht immer noch genug bedenkliche Datenschutz-Lücken aufweist, wurde von Wirtschaftsvertretern einhellig als zu restriktiv eingestuft. Besonders krude und wohl in volksnaher Absicht formuliert, ist dabei das Argument, dass zu starke Datenschutzregelungen das Ende von „Umsonstdiensten“ wie Freemailern bedeuten könnten. Neben Lobbyisten von Google und Facebook argumentiert leider auch der Schattenberichterstatter für die Datenschutzgrundverordnung, Axel Voss (CDU), so.

Etwas Positives zum Schluss: Kirsten Fiedler erklärt im aktuellen Logbuch Netzpolitik anschaulich wie es zur EU-Datenschutzreform kam, warum der Berichtsentwurf von Jan Philipp Albrecht immer noch zu schwach ist und warum ganz Brüssel hinter dem Gesetz her ist. Gemeinsam stellt man außerdem fest, dass der Spendenbutton auf der EDRi-Homepage zu klein ist.

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3 Ergänzungen

  1. Das Problem der beiden Dokumente ist ihre Komplexität. Bis zum 27. Februar können Änderungen eingebracht werden, wahrscheinlich wird es noch mal nach hinten verschoben.

    MdEP Voss zielte mit den Freemailern auf den Gedanken ab, dass Datenschutz den Diensteanbietern Geld kosten dürfte Dabei gilt, gutes Recht ist auch Recht, das übersichtlich und einfach anwendbar ist, also keine exzessiven Kosten/Reibungen verursacht. Guter Datenschutz sollte unbürokratisch sein.

    Derzeit stochern viele noch im Nebel, wie man das Thema politisieren kann. Immerhin, die Kernakteure sind Deutsche, also Personen mit juristischen Vorverständnissen über das Datenschutzrecht, die immun gegen die Furchtkampagnen aus Übersee sind, und man anerkennt die exzellente Arbeit, die in das Dossier geflossen ist. Oberflächliche Positionierungen und Panikmache der Webdienste zerspringen schnell, weil sie einfach nicht auf dem Niveau der Debatte sind.

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