Ofcom-Studie: 44% der Internetnutzer unsicher ob Inhalte legal sind

Ein zentrales Ergebnis des britischen Hargreaves-Reports zum Thema geistiges Eigentum und Wachstum war, dass es mehr unabhängiger Forschung zum Thema bedarf. Die britische Medienaufsichtsbehörde Office of Communications (Ofcom), die Mitte des Jahres einen Entwurf für ein Three-Strikes-Modell vorgelegt hatte, hat nun die erste größere Studie mit dem knackigen Titel „Online copyright infringement tracker benchmark study“ veröffentlicht. Die Studie basiert auf einem vergleichsweise großen Sample von 4.400 Personen, die teilweise online und teilweise Face-to-Face befragt wurden. Wie der Titel schon impliziert, handelt es sich bei den Ergebnissen um den ersten Bericht einer Längsschnittstudie, das heißt die Befragung wird laufend wiederholt werden um Entwicklungen erkennen zu können. Einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der Studie verschafft die Executive Summary (PDF), die komplette Studie ist ebenfalls online (PDF).

Durchgeführt von der Firma Kantar Media ist eines der zentralen Ergebnisse der Studie, dass die Unsicherheit unter Internetnutzern Urheberrecht betreffend enorm hoch ist: 44% der Befragten gaben an, ’nicht besonders sicher‘ oder ‚überhaupt nicht sicher‘ zu sein, welche Inhalte online legal sind und welche nicht (3% kreuzten außerdem „weiß nicht“ an, weshalb die Ofcom-Pressemeldung von 47% spricht).

Angesichts dieser Zahlen müssen viele andere Ergebnisse der Studie natürlich mit Vorbehalt interpretiert werden. Die Frage danach, warum und wieviele illegale Inhalte konsumiert werden ist vor dem Hintergrund der großen Unsicherheit, was überhaupt legal ist und was nicht, natürlich schwerer zu beantworten. Das wird auch daran erkennbar, dass der Studie zufolge ein substantieller Anteil der Befragten sämtliche Video-Inhalte auf YouTube für illegal hält (S. 37). Gleichzeitig schätzt die Studie den Anteil illegal konsumierter Inhalte, indem sie von der Zahl der konsumierten Gratis-Inhalte jene abzieht, die nach Auskunft der Befragten ‚legal‘ konsumiert worden sind (S. 8).

Abgesehen von diesen Problemen, mit denen wohl jede Studie über illegale Online-Mediennutzung zu kämpfen hätte, hebt sich die Untersuchung wohltuend von deutschen Pirateriestudien ab (vgl. z.B. jüngst die „Pirateriestudie des Medienboards Berlin-Brandenburg: suggestiv, verkürzt, oberflächlich“). Die Ergebnisse fallen deshalb auch weit weniger dramatisch aus:  16% der Befragten gaben an, in den drei Monaten vor der Befragung zumindest einmal ‚illegale‘ Inhalte konsumiert zu haben und nur 4% glaubten, ausschließlich illegale Inhalte konsumiert zu haben. Interessantes Detail am Rande: fast genau ein Drittel der Befragten (34%) gab an, überhaupt noch nie digitale Inhalte, sei es als Stream, als Download oder via Filesharing, genutzt zu haben.

Wenig überraschend auch die Antworten auf die Frage, was Nutzer (vermeintlich) illegaler Inhalte davon abhalten würde, diese weiterhin zu konsumieren: günstigere legale Angebote (39%), legale digitale Verfügbarkeit der gewünschten Inhalte (32%) und wenn klarer wäre, was legal und was illegal ist (26%). Umgekehrt waren die Gründe für die Nutzung illegaler Angebote dass diese gratis (54%), bequem (48%) und schnell (44%) verfügbar seien.

Die Studie legt zumindest drei Dinge nahe: Erstens demonstriert sie eindrucksvoll, dass Internetnutzer mit der Komplexität des Urheberrechts im digitalen Bereich überfordert sind. Zweitens gibt es keinen Anlass zur Panik, was das Ausmaß an Nutzung (vermeintlich) illegaler Inhalte betrifft. Drittens wäre es sehr wünschenswert, wenn auch in Deutschland vergleichbare Studien durchgeführt würden.

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