Die Aufregung um das Meldegesetz hat mich noch einmal nachdenken lassen: wie ist das eigentlich mit schwarz-gelb und dem Datenschutz?
- Verbraucherschutz: Ilse Aigner (CSU) forderte einst besseren Datenschutz bei Sozialen Netzwerken. Sie war nicht zuständig und wurde wenig gehört.
- Innen: Thomas de Maiziere (CDU) wollte im Anschluss an die Street View-Diskussion als Innenminister ein „Rote-Linie-Gesetz“ vorstellen, was zulässig sein soll und was nicht. Es wurde nie geliefert, auch, weil de Maiziere ins Verteidigungsministerium wechselte.
- Hans-Peter Friedrich ist bislang nicht als Freund des Datenschutzes aufgefallen. Er will die Vorratsdatenspeicherung und lässt seine Leute in Brüssel dafür werben, die europäische Vereinheitlichung des Datenschutzes dadurch zu torpedieren, dass er sie dort eine Abkehr vom Prinzip der informationellen Selbstbestimmung und eine Komplettrevision fordern lässt. Wie die aussehen soll, weiß im BMI nur leider auch keiner und irgendwie hätte man sich dort bereits am Anfang des EU-Prozesses vor drei Jahren einbringen können. Nun hat es den Effekt, dass das Konstrukt so bleibt wie es ist, aber mit der Bundesrepublik einer der gewichtigsten Fürsprecher fehlt. Ob „EU Datenschutz“ dann tatsächlich so viel oder doch deutlich weniger wert ist, als die derzeitige Lage in Deutschland mit Bundesverfassungsgericht und Co, muss sich zeigen.
- Auch zum Innenministerium gehört das Meldegesetz. Das scheint aber gar nicht so schlecht gewesen zu sein, bis Friedrichs Parteikumpel Hans-Peter Uhl (der zweifelsohne lieber selber Innenminister wäre) im Hinterzimmer mit der FDP Kühe handelte.
- Und überhaupt, Kühe: die heilige Kuh der FDP-Frau Gisela Piltz steht schon im Koalitionsvertrag und sie heißt Stiftung Datenschutz. Gehört natürlich auch zum BMI. Die Stiftung soll her, war es doch immer das Vorzeigeprojekt der liberalen Piltz: Datenschutz und Wirtschaft in friedlicher Koexistenz nach dem Vorbild der Stiftung Warentest. Allerdings ohne Zähne, damit man der Wirtschaft nicht weh tut, und mit noch weniger Mitteln, die ansonsten die Wirtschaft einwerfen soll. Ob das konzeptionell überhaupt noch etwas werden kann? Zweifel sind angebracht. Vielleicht besser grundlegend überarbeiten und in der nächsten Legislatur neu versuchen.
- Ebenfalls kein Ruhmesblatt: die Umsetzung der Cookie-Richtlinie der Europäischen Union. Hier sagen schwarz und gelb: alles was wir dazu gemacht haben, reicht doch aus. Nur mit der Cookierichtlinie hat das nicht so viel zu tun…
- Ansonsten gibt es noch die, gegen das Zugangserschwerungsgesetz eingetauschte, Visa-Warn-Datei, die kein Ruhmesblatt für schwarz-gelb ist und natürlich die Vorratsdatenspeicherungsdebatte. Aber bei der bewegt sich ja bekanntermaßen nix, was auch ganz gut ist. Auch nach nunmehr Jahren ohne Vorratsdatenspeicherung ist dieses Land nicht im Sumpf aus Organisierter Terrorkriminalitätsprostitution versunken.
Fehlt noch was? Irgendwo müssen doch die tollen Erfolge sein. Bitte ergänzen!
Neonazi-Datei?
Ich befuerchte, das wird so etwas wie die Datei fuer Fussball-Straftaeter:
Einmal drin, kommt man nie wieder heraus und rein kommt man, wenn man in der Naehe einer rechten Demo geniest hat.
Die Abschaffung des Zugangserschwerungsgesetz nicht explizit als eigenen Punkt aufzunehmen und sie stattdessen in einem Nebensatz zu verstecken, ist eine rhetorische Leistung Uhl’scher Güte.
Genau! Weil das ja ein Datenschutzpunkt ist!
Wollen Sie ernsthaft behaupten, dass Zuganserschwerungsgesetz beträfe nicht den Datenschutz?
@Klaus: Lesen bildet. In der Überschrift steht bereits, dass es um Datenschutz und nicht die gesamte Netzpolitischen Bilanz geht.
Lesen bildet wirklich. Da liest man zum Beispiel im Zugangserschwerungsesetz, dass ein Expertengremium beim Bundesbeauftragten für Datenschutz eingerichtet wird.
Oder man liest dort, dass das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses eingeschränkt wird.
Aber wenn man natürlich das Fernmeldegeheimnis einfach mal nicht zum Datenschutz zählt …
Arbeitnehmerdatenschutz, aber das war wohl die GK in 2009.
Moin,
werden in den nächsten Tagen noch was zum Rote-Linien-Gesetz bloggen. Haben da ne interessante Antwort der Bundesregierung erhalten.
VG
JoernPL
Aigner hatte doch verboten, dass die Leute in ihrem Ministerium auf Facebook etc. gehen….und selber hat se sich filmen lassen wie sie ihr profil „löscht“ *hust* *hust* *gelöscht-jaklar*
ist sie nicht auch in die USA geflogen und wollte sich mit Facebook Leuten treffen, damit se das wegen Partys/Datenschutz etc. so umstellen, dass nicht alles ‚ja/öffentlich‘- voreingestellt ist ? glaub daraus is auch nix geworden…
von der leyen – ELENA war da noch…was auch wieder abgeblasen wurde…
ich glaub da gibts noch mehr :-)
add: und dann war glaub ich auch mal die idee einer schüler sammel datenbank oder so im gespräch :-)
add2: und dann war / ist da die elektronische Gesundheitskarte-sogar Ärzte beklagen den Datenschutz und jetzt den Fail mit den 0000pins oder so,
ich glaub es gab mal einen leak (vielleicht auch österreich, oder schweiz) von patientendaten
bzgl Bundestrojaner wurde der Bundesdatenschutz-beauftrage kein einziges mal mit einbezogen…
add3:
Um den Datenschutz zu verbessern, sprach sich de Maizière in den USA für ein umfassendes transatlantisches Abkommen aus. Es solle über das bisher geplante Bankdatenabkommen Swift hinausgehen.
achja das swift abkommen, was ja mit getragen wurde :-)
ahja und diese „Stiftung Datenschutz“ ist eigentlich ein „Stiftung Datentest“ ;-)
letzter absatz
http://www.heise.de/newsticker/meldung/FDP-Vorstoss-fuer-Stiftung-Datenschutz-1025848.html
Hm, macht doch lieber mal einen Überblick darüber, wie oft die Union (zusammen mit ihrem jeweiligen Koalitionspartner) in der Gesetzgebung der letzten Jahre (seit 2001) gegen die Verfassung verstoßen hat und vom Verfassungsgericht gestoppt werden musste.
Das gibt als visuelle Aufarbeitung sicher auch ne interessante Gratik.
Datenschutztechnische Unfähigkeiten sind da ja wirklich nur die Spitze des Eisberges, auf den die CxU immer wieder gerne zusteuert.
Es gibt ne Button-Lösung, die uns vor Abo-Fallen schützt!