Contentüberwachung im Praxis-Check

Im Blog des mittelständischen IT-Dienstleisters QSC aus Köln findet sich ein lesenswerter Beitrag zum geplanten ACTA-Abkommen und dessen Auswirkungen auf die Internetanbieter.

Neben den schon bekannten Argumenten gegen das Anti-Produktplagiats-Abkommen geht der Pressebeauftragte Dennis Knake vor allem auf die Stellung der Provider ein und unterzieht ACTA einem Praxischeck.

Sollten die Internetanbieter verpflichtet werden, den Datenverkehr ihrer Kunden auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überwachen, müsste eine Software nicht nur zuverlässig sämtliche Signaturen urheberrechtlich geschützter Werke erkennen, sondern auch gleichzeitig prüfen, ob der Kunde nicht doch Rechte an diesem Werk besitzt. Selbst wenn die Entwicklung einer solchen Software möglich wäre, sei es fraglich, wer die Kosten hierfür übernehmen solle.

Außerdem wird eine interessante Parallele zwischen einer solchen Deep-Packet-Inspection-Software und den schon heute auf nahezu jedem Computer installierten Spamfiltern gezogen: Wenn selbst diese nach langem Training falsch positive Funde meldeten, könne ein solcher Befund bei dem wesentlich anspruchsvolleren Netzwerkmonitoring nicht ausgeschlossen werden. So ein Fall hätte allerdings wesentlich schwerere Konsequenzen.

Genauso könnte man morgen die Post für alles zur Verantwortung ziehen, was ihre Kunden in Briefen und Paketen um den Globus versenden.

14 Ergänzungen

  1. sehr guter blog eintrag bei qsc

    und am ende
    „das Eigentumsrecht […] ist in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen.“ Quelle: telemedicus

    so muss es sein…union+spd wollen das aber nicht verstehen und denken verkehrt.

  2. Das Zitat

    „Genauso könnte man morgen die Post für alles zur Verantwortung ziehen, was ihre Kunden in Briefen und Paketen um den Globus versenden.“

    erinnert mich stark an den Sprechgesang

    „Niemand würd‘ akzeptieren, Post zu kontrollieren! – Im Netz soll das so sein? Was fällt denen ein?! – ACTA ad acta! – ACTA ad acta!“

    (Quelle: http://wiki.stoppacta-protest.info/DE:Material#Sprechgesang.2C_Spr.C3.BCche.2C_Parolen.2C_Slogans)

    Im übrigen ist das Post durchsuchen ein gutes Erklärbeispiel für nicht so IT-fitte Zeitgenossen (Groß-/Eltern/Kinder/Bekannte etc.). Es passt grad auch zu Deep-Packet-Inspection oder eben ACTA bzw. IPRED und mögliche Verpflichtung von ISP, zu scannen.

    1. viele kommunikationsprobleme bei diesen themen lösen sich schnell auf, wenn wir konsequent vermeiden, die allegorie vom internet als raum zu verwenden.

      klar, das ist aufwändig, denn das sprachliche bild hat es bei uns weit gebracht. dennoch: machen sie mal das experiment und versuchen, das wort immer ohne lokale präposition zu verwenden.

      sie werden staunen.

      .~.

  3. Was machen eigentlich die ganzen großen Internetfirmen gegen ACTA? Wenn ich da alleine schon an die Suchmaschienen denke, planen die jetzt einfach die Zahlung einer Pauschalstrafe ins Buget ein?

  4. Nunja, die Realität ist da schon etwas weiter, zumindest bei internationalen (Packet-)Sendungen in die USA:

    „Massiver Eingriff in die Grundrechte“
    Susanne Härpfer 22.01.2008
    Politiker und Datenschützer kritisieren Vorabübermittlung der Absender- und Empfängerdaten von Paketen und Briefen aus Europa an US-Behörden
    http://www.heise.de/tp/artikel/27/27125/1.html

    Seit 2002 werden Postdaten an die USA übermittelt
    Susanne Härpfer 10.04.2008
    Bundesdatenschützer Schaar kritisiert die Weitergabe der personenbezogenen Sendungsdaten von Briefen, Päckchen und Paketen

    „Als „kritisch“ wertet Peter Schaar in dem nicht-öffentlichen Bericht, der Telepolis vorliegt, „dass die Verkehrsdaten seit Inkrafttreten des Trade Act 2002 für sechs Jahre elektronisch gespeichert bleiben, so dass für lange Zeit nachzuvollziehen ist, welcher ausländische Absender ein Päckchen oder Paket an welchen US-Empfänger gesandt hat und welchen Inhalt die Sendung hatte.““
    http://www.heise.de/tp/artikel/27/27694/1.html

    Aushebelung des Postgeheimnisses
    Susanne Härpfer 14.02.2008

    Bereits seit 2004 werden Angaben über Absender, Empfänger sowie Inhalt von Paketen und Express-Sendungen elektronisch erfasst und vor dem Versenden an die amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörde CBP (Customs and Border Protection) übermittelt. Diese gleicht die Daten mit Informationen anderer Polizeien und nachrichtendienstlichen Behörden ab und speichert sie („Massiver Eingriff in die Grundrechte“).
    http://www.heise.de/tp/artikel/27/27290/1.html

  5. Also solche Filter sind doch ein Witz, wenn ich dann ein Backup von meinen legal gekauften/gerippten Mp3s von der Cloud up oder Downloade würde das dann wohl auch als pöse Urheberrechtsverletzung gewertet werden und mir Ärger einbringen.

    Filehoster und P2P dienste würden dann wohl auf Https umstellen (Rapidshare unterstützt das bereits) und ein effektives Filtering wäre kaum mehr möglich.

    1. Es gibt (dann) keine legal kopierten mp3 mehr, du hast nicht die Erlaubnis des Lizenzgebers, das Lizenzprodukt zu vervielfältigen ;)

      Hat den Vorteil, dass du alles neu kaufen musst, wenn dein Gerät, auf das du den Kram gekauft hast, kaputt geht. Feuchte Träume und so.

    2. Dann würden die Damen und Herren einfach einen Schritt weiter gehen und anfangen Gesetze und Abkommen beschließen die diese „Lücken“ schließen. Https würde dann halt gesperrt oder illegal. Siehe Iran.

  6. Die Analyse beruht leider auf der falschen Annahme, dass durch ACTA Provider tatsächlich dazu herangezogen werden können, pauschal und ständig Datenverkehr zu überwachen. In ACTA würd auf die E-Commerce-Directive verwiesen, in welcher für die EU ganz klar geregelt ist und es „safeguards to liability“ für Provider gibt. Monitoring gibts es NUR auf gerichtliche Anordnung.
    Insofern ist quasi die Hälfte des Artikels obsolet.

    1. @Johannes: Wenn ACTA durchkommt, könnte die EU beginnen, auch die demnächst zu evaluierende E-Commerce-Richtlinie dahingehend abzuändern. Die größte Gefahr besteht aber aus einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung wie in Irland oder Grossbritanien.

      1. Das ist Spekulation. Wenn man kein Vertrauen in die EU-Institutionen und unsere Gerichte (national wie auf europäischer Ebene) hat, könnte man dies tatsächlich befürchten. Glaubt man den Äußerungen der Kommission, wird dies nicht der Fall sein. Wenn doch, wäre es auch ohne ACTA möglich. EU-Recht und Urherber(Verwerter-)rechts-Vorstellung gehen über das in ACTA festgeschrieben eher schon hinaus.
        Derzeit ist Rechtsdurchsetzung, Monitoring oder was auch immer nicht ohne Autorisierung/Anordnung der Gerichte möglich. Und die ISPs haben auch kaum ein Interesse daran, aus im Artikel dargelegten Kostengründen.

      2. „Vertrauen“ hat uns dahin gebracht wo wir jetzt stehen. Nämlich am Abgrund! Darf es noch einen Schritt weiter gehen, Johannes?

  7. Es ist wie immer: Ein paar Lobbyisten ziehen bei der Regierung an ein paar Strippen und schon werden wieder Bürgerrechte eingeschränkt. Unsere Parlamentarier dienen nicht mehr dem Volk, sondern sind nur noch Büttel der Wirtschaft. Besonders schön siehr man das am Fall HypoRealEstate. Da werden mal eben 100 Milliarden locker gemacht, ohne das es darüber irgend eine Diskussion gab. Was gab es aber für ein Gerangel, als angeblich der Hartz 4 Satz um 5 Euro erhöht werden sollte, der in Wirklchkeit eine Senkung um 40 Euro war, weil keine Abgaben mehr in die Rentenversicherung gezahlt werden. Ich komme mir vor wie in des Kaiser neue Kleider. Wann steht endlich mal einer auf und schreit laut heraus, das der Kerl nackt ist???

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.