„Gottes Werk und Googles Beitrag“: Diskussion über Leistungsschutzrechte

Gestern hatte die Heinrich-Böll-Stiftung zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Gottes Werk und Googles Beitrag“ geladen. Um den „Teufel“ Google ging es bei der Diskussion um Leistungsschutzrechte für Verlage allerdings nur selten.

Christoph Keese, der oberste Öffentlichkeitsarbeiter beim Axel-Springer-Verlag, hatte sichtlich Mühe zu erklären, was sich die Verlage unter einem Leistungsschutzrecht vorstellen. Und das, obwohl nach seiner Aussage alle deutschen „Werkmittler“ solche Rechte haben – nur eben nicht die Presse- und Buchverlage (letztere wollen allerdings auch keines).

Obwohl mit dem Urheberrecht verwandt, hätten Leistungsschutzrechte einen anderen Schutzgegenstand. Während das Urheberrecht die kreative Leistung des Autors schütze, schützten Leistungsschutzrechte die organisatorischen und finanziellen Vor- und Nachleistungen des Verlegers, so Keese.

Das sahen die weiteren Diskussionsteilnehmer anders. Eva-Maria Schnurr, stellvertretende Vorsitzende des Journalisten-Verbandes Freischreiber und Malte Spitz, Bundesvorstandsmitglied der Grünen, meldeten beide Verständnisprobleme an: Es sei ihnen nicht klar, was geschützt werden solle.

Der Medienrechtsanwalt Till Jaeger stellte fest, dass ein Leistungsschutzrecht nicht am Text festgemacht werden könne – denn der sei bereits durch das Urheberrecht geschützt. Auch am Layout, so Keese, soll es nicht aufgehangen werden. Was genau die entscheidende Leistung der Verlage sein soll, an der ein Leistungsschutzrecht festgemacht werden kann, wollte er nicht diskutieren: Solche Abgrenzungsfragen könne man nicht erschöpfend besprechen.

Dass sie ein Leistungsschutzrecht wollen, auch wenn sie nicht sagen können, wie es aussehen soll, ist den Verlagen allerdings klar. Es soll ihnen ermöglichen, ein Lizenzmodell für die gewerbliche Nutzung ihrer Inhalte aufzubauen.

Wie sieht so eine gewerbliche Nutzung aus? „Das umfasst auch Nutzung durch Aggregatoren wie Google“, sagt Keese. Aber eben nur auch – genauso wie einen Mitarbeiter, der sich auf der Arbeit einen Zeitungsartikel ausdruckt, um ihn in der Firma zu nutzen. In Zukunft soll er das nur noch dürfen, wenn die Firma eine Lizenz von einer zu gründenden Verwertungsgesellschaft erworben hat. Eine Geräteabgabe zugunsten der Presseverlage soll es aber nicht geben (eine solche existiert de facto bereits, weil die Verlage einen Anteil an der Ausschüttung der VG Wort für Texte im Internet erhalten, obwohl diese auf dem Urheberrecht der Autoren basiert.)

Sollte ein solches Leistungsschutzrecht eingeführt werden – wie es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist – hätte das definitiv weitgreifende Auswirkungen. Vor allem ist nicht klar, wie festgestellt werden soll, dass ein Text von einem bestimmten Verlag übernommen wurde. Lizenziert ein Autor seinen Text an einen Verlag und stellt ihn gleichzeitig auf seinem eigenen Blog ein, kann nicht geklärt werden, woher eine mit „Copy & Paste“ erstellte Kopie stammt. Und damit, ob ein Leistungsschutzrecht des Verlages besteht.

Letztlich geht es allerdings um eine gewichtigere Frage. Nämlich die, ob ein Leistungsschutzrecht gesellschaftlich gewünscht sein kann. Oder, wie Till Jaeger es formulierte, ob es sich um die richtige Lösung für das Problem der Verlage handelt, die mit Aufkommen des Internets Einnahmerückgänge zu beklagen haben.

Weitere Berichte über die Veranstaltung von Valie Djordjevic auf iRights.info und Kai Biermann im Kulturkampf-Blog der Zeit.

10 Ergänzungen

  1. definiton leistungschutzrecht: allgemein einsetzbares extra-recht aus dem diffusen gefuehl heraus nicht genug Geld zu bekommen und nicht genug geschaetzt zu werden.

    eine runde mitleid fuer die verlage bitte.

  2. Wiedermal typisch, die Regierung lässt sich kaufen und verzapft so ein Plödsinn. Wie um hergottes Namen stellen die sich sowas überhaupt vor? Manschmal denke ich die laufen mit geschlossenen Augen durch die Gegend.

    Natürlich versucht die Medienlobby noch mehr Asche auf die Gewinnseite zu bekommen. Bedenkt man mit wieviel Qualität wir es zu tun haben ist dies überaus Einleuchtend und auch dieser Vortrag passt doch wieder mal wie die Faust aufs Auge.

    Man stelle sich vor eine Zeitung doppelt zu bezahlen, nur weil wir keine Artikel mehr ausschneiden und aushängen dürfen.

    Alle Macht der Medienlobby.

  3. Hiermit erkläre ich mich persönlich dazu bereit für Bild-Zeitung und alle Springer-Blätter in mühsamer Handarbeit eine robots.txt zu erstellen, damit die verlustbringenden Aggregatoren zukünftig ausgesperrt werden.

    Kein Grund zu danken, mach ich gerne.

  4. Wenn Google dafür zahlen soll, dass es Leser zu den digitalen Ausgaben Zeitungen bringt, müssten Zeitungskioske dafür zahlen, dass sie die analogen Ausgaben der Zeitungen an die Leser bringen. Da kann man schließlich auch Überschriften durchschauen (wie bei Google) und sogar ganze Artikell lesen (geht bei Google nicht) ohne die Zeitung selbst zu kaufen.
    Und am besten müssen Taxifahrer, die Bahn und der Staat als Starßenbauer in Zukunft an alle zahlen zu denen sie Kunden bringen.

    Das Problm ist doch ein ganz anderes:
    In der Vergangenheit war es ein erfolgreiches Geschäftsmodell, Papier mit tagesaktuellem urheberrechtsgeschützen Inhalt zu bedrucken, dieses mit beträchtlichem logistischen Aufwand in Deutschland zu verteilen und zu verkaufen.
    Heute benötigt man dazu kein Papier mehr und auch der logistische Aufwand der Distibution hat sich im Internet stark vereinfacht.
    Durch Wegfallen der Druckkosten und des Distibutionsaufwandes haben sich aber auch die Anbieter vervielfacht die Nachrichten in Schrift verbreiten (Onlineauftritte von Presseagenturen, Fernsehsendern, Radiosendern, Internetanbietern, Blogs, Twitter, Facebook, … Desweiter ist es im Internet bei weit weniger etabiliert jeden urheberrechtsgeschützen Text in Rechnung zu stellen bevor man ihn zum Lesen freigibt. Wahrscheinlich gerade wegen diesem Überangebot.

    Letztlich wird man sich vom Geschäftsmodell des Massenverkaufs von Texten im freien Internet wohl weitestgehend verabschieden müssen. Dies ist durch die Veränderungen der Lebensumstände eifach kein erfolgreiches Geschäftsmodell mehr.
    Gegenentwürfe bieten wissenschaftliche Fachzeitschriften, hier werden Artikell meist kostenpflichtig als PDF angeboten. Oder die kontrollierte Welt der iPhone Apps, hier kann man sich noch ganz nostalgisch die Zeitung kostenpflichtig abbonieren. (Während man auf dem selben Gerät auch ein Internetbrowser).

    Auch das Argument dass man den qualitativ hochwertigen deutsch Journalismus schützen muss zählt nur bedingt. Schließlich werden Nachrichten von Journalisten gemacht und nicht von Zeitungen. Wenn diese statt für Zeitungen für Internetseiten arbeiten, muss deshalb nicht gleich die Qualität verloren gehen.

    Also nicht bei Google den Schuldigen für Gewinnwegbrüche suchen, sondern ausgehend von den neuen Bedingungen das Geschäftsmodell anpassen. Alles andere ist Subvention von veralteten Geschäftsmodellen.

  5. Eigentlich kann man es nicht oft genug sagen: »The better way to support content creation is to find new business models that help consumers find great content and rewards artists and publishers for their work.«

    Ich finde es total niedlich wenn die Verleger einen absolut diffusen Anspruch geltend machen möchten.

    Willkommen in Bundesregulierungspublik Deutschland, unsere Politiker regeln das schon.

    Ich freue mich wenn die Elektriker ein Leistungsschutzrecht für Strom der durch von ihnen installierte Kabel geführt wird und etwas produziert eine Abgabe haben möchte.

    Naja, kann nicht angehen das Google 1,9 Milliarden Euro Gewinn mit Anzeigen macht und man davon nichts abbekommt – scnr.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.