Diese Woche berichtete das französische Magazin Numerama über einen Gesetzesvorschlag des Senators Jean-Louis Masson. Denn der Senator fordert, die Anonymität der Blogger aufzuheben:
Personen, die nicht professionell über Kommunikationsdienste publizieren, sollen ihren Lesern Elemente zur Verfügung stellen, mit denen sie identifiziert werden können.
Dies beinhaltet den Namen, Vornamen, die Postanschrift und eine Telefonnummer.
Daraufhin wurde nun eine Online-Petition über das französische OverBlog-Portal gestartet, die unter anderem vom Wikio-Chef, der Organisation Reporter ohne Grenzen und der Quadrature du Net mitunterzeichnet wurde.
Auch in der französischen Blogosphäre setzte sich sofort alles für das Recht auf Anonymität der Blogger in Bewebung. Bei Koztoujours mokiert man sich über den Vorschlag (und auch ein wenig über die Diskussion), der die französische Netzwelt in dieser Woche beschäftigte. Denn der Senator wird nicht besonders ernst genommen und mancherorts als „hurluberlu“ – als Luftikus und obskur beschrieben.
Der vielgelesene Blogger Maître Eolas, Avocat der Pariser Anwaltskammer, meint zu der Debatte:
Es ist ganz natürlich, im Internet ein Pseudonym zu verwenden. Man drückt sich viel freier aus. Ich habe, als ich 2004 anfing zu bloggen, ganz bewusst diesen Schritt gemacht, da die Regeln der Anwaltskammer sehr streng waren. (…) Im Übrigen bin ich auch sehr für Anonymität, da ich es wichtiger finde, was ihr sagt und nicht, wer ihr seid.
Ein Artikel, der in der heutigen Printausgabe der LeMonde erscheint, fasst die bisher geäußerten Für und Wider zusammen. Für den Vorschlag sprechen sich einige Anwälte aus, die die langwierigen Verfahren, um an die Identität eines Bloggers heranzukommen, kritisieren. Denn dies bedeute hohe Gerichtskosten für die Mandanten. Und dann werde oftmals festgestellt, dass der Blog unter einem falschen Namen angemeldet wurde…
Wie dem auch sei, ihr könnt hier die Petition zur Verteidigung des Rechts auf Anonymität im Internet anhand der Kommentarfunktion unterzeichnen.
(Crossposting von vasistas?)
Sollen sie anonym bleiben.
Ja, sie sollen und sie bleiben es.
Das Internet, meine Lieben, wurde gerade für den anonymen Austausch erfunden. Na, sagen wir mal eher, es wurde später von zwei Studenten neu erfunden, die sich ohne Kontrolle lustig über ihre Profs. austauschen wollten.
Das Internet sollte so anonym wie möglich bleiben, und jeder sollte sich darin so aufhalten, daß die Anonymität auf Bürgerrechten, Menschenrechten und Staatsrechten ein Fundament findet.
Was heißt das?
Wo das Recht anderer Menschen verletzt wird, hört das eigene Recht auf.
Das Grundgesetz läßt grüßt.
…Edit: grüßen, soviel Zeit muß sein. :-)
Betrifft das dann nicht auch diejenigen, die Blogeinträge kommentieren? Oder ganz grundsätzlich Benutzer von Bulletin Boards? Ganz zu schweigen von Twitter oder Facebook, wo ja auch mehr oder weniger publiziert wird.
@Durden mir haben gerade ein paar Franzosen auf die Frage geantwortet: der Vorschlag zielt wohl nur speziell auf den oder die Autor/in eines Blogs ab.
@Kirsten
Na, das haben wir ja mit unserer ‚heiß geliebten‘ Impressumspflicht schon – besonders für Frauen unmöglich.
Harmlos und eher lustig (wenn auch sehr lästig) war es, als eines schönen Sonntagmittags hier eine Familie vor der Tür stand, die ‚mal die Bloggerin‘ sehen wollte…
Kann ich mir zwar gut vorstellen, aber wie will man sowas juristisch eingrenzen? Denn abgesehen von der Selbstbezeichnung „Blog“: was unterscheidet diese Art der Websites von Bulletin Boards? Wenn es am Ende nur um den Begriff „Blog“ oder vielleicht das Hosting bei einem typischen Blog-Hoster geht, dürfte doch klar sein wie das ganze zu umgehen wäre…
Nehmen wir mal an, die meinen mit „Blogs“ was ähnliches wie es das deutschen Telemediengesetz definiert. „Geschäftsmässige Teledienste“. Redaktionelle Gestaltung, regelmässige Aktualisierung, Zielgruppe Öffentlichkeit. Also alles, was in Deutschland im Prinzip mit der Anbieterkennzeichnungspflicht erschlagen werden sollte. In der deutschen Realität ist die Anbieterkennzeichnungspflicht nur schwer durchzusetzen. Meist über das Wettbewerbsrecht.
Das Recht auf Anonymität in Blogs hat in Deutschland keine grosse Unterstützung, wie man es auch hier durch die geringe Kommentarbeteiligung sehen kann. Da spielt eine Rolle, dass Bloghoster, im Gegensatz zu Franktreich, nicht sehr beliebt sind. Eigene Domains und Webspace waren immer verglichen mit anderen Ländern sehr preiswert zu haben. Man könnte fast sagen, dass Blogger, die nicht auf eigener Domain mit WordPress veröffentlichen als „Blogger 2. Klasse“ gesehen werden.
Ich würde voraussagen, dass selbst unter den Blogern sich eine Mehrheit finden würde, die eine konsequentere Impressumspflicht unterstützen würden.
Traurig, aber so ist es.
Die Forderung nach Aufhebung der Anonymität im Internet ist Quatsch. Sie kann nicht erfüllt werden.
Ausführlicher hier:
http://differentia.wordpress.com/2010/05/29/uber-anonymitat-und-pseudonymitat-im-internet/
http://berlinergazette.de/internetpolitik-und-freiheitsrechte/
@Durden
J.L. Masson möchte den Artikel 6 des Gesetzes für das Vertrauen in die digitale Wirtschaft (LCEN) ändern. Bisher gewährt dieserArtikel nicht-professionellen Autoren Anonymität. Wortwörtlich heisst es nun in Massons Vorschlag, dass Herausgeber öffentlicher Online-Kommunikationsdienste ihren Namen, Vornamen usw. Veröffentlichen sollen. Gemäß Art 1 Abs 4 UAbsatz 4 LCEN wird unter « öffentlichenOnline-Kommunikationsdiensten»
verstanden.
Ich finde es ehrlich gesagt ein wenig schwammig. Auch eine klare Distinktion der Begriffe „professionell“ und „nicht-professionell“ liegt in dem Gesetzesvorschlag nicht vor. In Frankreich gibt es jedenfalls tausende von Teenies, die beim Anbieter „Skyblog“ bloggen und die von einem solchen Gesetz ebenfalls betroffen wären. Fallen diese auch unter die dt. Definition der «geschäftsmässigen Teledienste»???
@Tim
Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich so wenig Unterstützung für anonymes Bloggen in Deutschland gibt, wie Du behauptest. Immerhin gibt es Menschen (wie z.B. der Artikel über Michael Brennan zeigt), die sich mit der Problematik auseinandersetzen und daran arbeiten, Anonymität für Autoren zu sichern.