Europaparlament stimmt für Gallo-Report

Das Europaparlament hat heute den sogenannten Gallo-Bericht zur besseren „Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt“ mit 328 Stimmen verabschiedet. 245 Abgeordnete stimmten dagegen. In dem Initiativbericht (nichtlegislativer Text) spricht sich die französische EU-Abgeordnete und Sarkozy-Parteigängerin Marielle Gallo für einen repressiveren Ton in Sachen Urheberrecht aus. Hintergrund ist die von der Kommission geplante Reform des Urheberrechts (Mitteilung der Kommission (PDF)) für den digitalen Binnenmarkt in Europa. Der heute angenommene Bericht hat zwar keine gesetzgebende Wirkung, könnte aber für die Kommission richtungsweisend sein.

Wir hatten im Vorfeld dazu aufgerufen, Kontakt mit Abgeordneten aufzunehmen, um diesen Bericht zu verhindern.

Und das ist die Kritik an dem heute beschlossenen Bericht:

Der Gallo-Bericht:

* vermischt viele vage Begriffe und Themen wie Urheberrechtsverletzungen im Netz (inklusiver nicht-kommerzieller Vervielfältigung) und Fälschungen materieller Güter (die eigentliche Gefahr, da schädigend für Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher), die man getrennt voneinander diskutieren sollte;

* fordert mehr Repression, da angeblich durch Filesharing Schaden verursacht wird – obwohl eine Studie des United States Government Accountability Office erst kürzlich zeigte, dass die positive Auswirkung von Filesharing nicht ausser Acht gelassen werden kann. Viele weitere Studien zeigen, dass die schädliche Wirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft minimal oder nicht existent ist. Der Gallo-Bericht fordert eine neue Richtlinie für strafrechtliche Sanktionen (IPRED2), obwohl bisher keine Folgenabschätzung der vorhergehenden Richtlinie (IPRED) durchgeführt wurde.

* fordert “nichtlegislative Maßnahmen”, um Filesharing zu bekämpfen. Solch “nichtlegislative Maßnahmen” -auch “freiwillige Vereinbarungen” genannt – wurden bereits in einer Mitteilung der Europäischen Kommission zur “Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum” (v. 11.09.2010) erwähnt. Diese vertraglichen Sanktionen gegen Personen, die nicht-kommerzielles Filesharing betreiben, werden von Verwertungsindustrie und kooperativen Netzbetreibern festgelegt: Zugangsbeschränkungen, gezielte Netzsperren, Limitieren der Brandbreite etc… Dies ist buchstäblich eine offene Tür für die Einrichtung einer privaten Urheberrechtspolizei.

Die Berichterstatterin, Marielle Gallo, vergewisserte sich, dass kein Änderungsantrag für eine Differenzierung von kommerziellem und nicht-kommerziellem Filesharing während der Abstimmung im Industrie-Ausschuss (JURI) durchkam.

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23 Ergänzungen

  1. Jonny hat Recht: Die Mehrheit der Leute bekommt einfach, was sie sich durch Desinteresse und Ignoranz verdient haben. Schade um den Rest. Anders kann ich das langsam nicht mehr sehen.

  2. genau so seh ich das auch. für einen verfickten bahnhof gegen 30000 auf die strasse, gegen verwässerung der grund- und bürgerrechte 7500.

    das ist die realität. wenn das hansapils und der schwarze krauser im aldi 50% teuerer würden, wären 3.000.000 leute auf der strasse.

    man muss sich ja nur die anzahld er poster hier, bei heise und diejenigen, die einen eigenen blog haben, anschauen.

    das kriegen doch die hardliner auch mit.

    ich an ihrer stelle würde dieses desinteresse noch viel stärker ausnutzen. wo waren eigentlich die piraten in schweden bei der wahl?

    also gewöhnen wir uns langsam dran, also diejenigen die ein interesse an der wahrung der bürgerrechte h a t t e n , dass es bald zur sache geht.

    irgendwann wird der innenhugenotte noch seine „kaffeekränzchen mit netzaktivisten“-maske abnehmen, die schnarre über den tisch ziehen udn dann haben wir auch hier das thema durch.

    frohes wehrschaffen noch allerseits.

  3. Von dem korrupten Politikerpack war doch nun wirklich nichts anderes zu erwarten. Die stimmen doch ohnehin nur so ab wie es die Parteispitzen wollen, alles andere würde ja deren Karriere gefärden.

    Wir bräcuhten freie Abgeordnete die nicht den Wünschen irgendwelcher Parteispitzen folgen. Oder eine Basisdemokratie in der das Volk regiert.

    1. @Anarchista: Vermutlich kann ich Dein Bild von „Korrupten Politikern“ nicht ändern, aber würdest Du so auch die 245 Abgeordneten bezeichnen, die dagegen gestimmt haben – und wenn ja, wieso?

  4. @Anarchista

    politiker wirst du nie ändern, egal was und wo und warum ist.

    das ziel eines politikers ist es, 8 jahre den arsch breit zu drücken in irgendeiner hinterbank-parlament und dann dafür über 4000€ pension zu kassieren.

    das volk, in unserem falle die user des internets, die eine freie gesellschaft ohne gängelung haben wollen, sind gefragt.

    was willst du mit politikern, die gerade mal den on/off-knopf am mac bedienen können….sollen die im sinne der user irgendwas beschliessen???

    im moment wird doch karlsruhe als reparaturbetrieb für die völlig vermurkste gesetzgebung missbraucht…und so wie das ELENA-eilfverfahren heute entschieden wurde, hat die sog. regierung in der blödkuppel in berlin in vosskuhle einen willigen adlatus gefunden.

    ich wette, papier hätte ihnen ELENA um die ohren gehauen…ohne verhandlung.

    frohes wehrshaffen noch…

  5. @markus

    sprichst du von den vorher schon festgelegten Alibi-nichtzustimmern?

    dann geb ich dir recht, anonsten nicht.

  6. @jonny
    „Kinderpornographie“+“Netzsperre“ zieht halt nicht nur bei Hardlinern + Internetausdruckern, sondern anscheinend vor allem bei Sperrgegnern.

    Wo als Hauptargument angeführt wurde, dass der Staat durch die Hintertür im Internet nur die Urheberrechte schützen und Freiheit einschränken möchte, interessiert es keine 130k Leute mehr wenn dies das erklärte Ziel ist.

  7. das ist nicht nur das. les im heise was der FBI offenbar für rechte kriegen soll. da ist das urher´berrecht die wand, hinter der alles andere stattfindet.

    websperren sind der weg in die umfassende zensur, unliebsame regimegegner, dieses blog hier und tausende andere werden halt plötzlich nicht mehr erreichbar sein.

    das szenario hatten wir doch schon mal durchgespielt:

    am montag morgen bekommt der A9 besoldetet BKA-fritze die sperrliste, natürlich ohne jeglich kontrolle von irgendjemand. das wochenende für den herrn war feuchtföhlich mit reichlich restalkohol, und husch….ein vertipper in der sperrverfügung.

    eine völlig harmlose verkaufstarke webseite im nirvana der bits und bytes……schadensersatz? pustekuchen….klagen?….pustekuchen.

    das ist ja nur ein bausteinchen aus dem chaos….constanze kurz weiss mehr…..

  8. Ich habe zwei offene Briefe an die beiden Grünen Abgeordneten geschrieben, die gegen ihre Fraktion und gegen ihre Wähler für Gallo gestimmt haben:

    http://draketo.de/licht/politik/kommentare/verblendete-zustimmung-zu-gallo

    http://draketo.de/licht/politik/kommentare/schaedliche-zustimmung-zu-gallo

    Manchmal braucht das freie Gewissen etwas Nachhilfe um zu realisieren, was falsch und was richtig ist, v.a. in Bereichen von denen die Betreffenden wenig Ahnung haben.

  9. Stellt euch vor, die Parlamente vergewaltigen das Urheberrecht und niemanden interessiert’s. Die Sachlage wird immer grotesker; die Väter unserer Grundgesetze und des Urheberrechts würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie mitbekämen, wie ihre Grundideen pervertiert werden.

  10. Welch unglaubliche Ironie:
    Die EU-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin (FDP) hat dem Gallo-Report zugestimmt und sich für „Verbesserte Durchsetzung von Urheberrechten“ starkgemacht:
    http://www.abgeordnetenwatch.de/index.php?cmd=106&id=299

    ….ausgerechnet die inzwischen offizielle überführte Plagiatorin, die um einen persönlichen Vorteil zu Erlangen das Urherrecht anderer für ihre Zwecke aus über 30 verschiedenen Publikationen und in über 120 Einzelfällen mit Füßen tritt.

    Vielleicht ist es weniger Ironie, sondern eher Heuchelei und Scheinheiligkeit – ganz nach dem Motto: Der kleine Schüler, der sich mal eine Datei aus dem Internet zieht, ist ein Verbrecher und muß hart bestraft werden – wenn man es aber selber macht, ist das nur „ein Versehen“ und „nicht so schlimm“.

    PS:
    Die Entschuldigung „wegen der Familie“ ist leider schon von Guttenberg besetzt und muß von diesem gegen Gebühr lizensiert werden. Illegale Verwendung wird hart bestraft!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.