Im Europaparlament ist die Abstimmung zum Gallo-Bericht mit knapper Mehrheit von 140 gegen 135 Stimmen auf den September verschoben worden. Der Gallo-Report ist umstritten, weil einmal mehr radikale Maßnahmen zum Schutz von Immaterialgütern damit auf europäischer Ebene durchgesetzt werden sollen. Die Verschiebung ist gut, weil damit Zeit bleibt,Abgeordnete zu kontaktieren und diese zu einer Ablehnung zu überzeugen.
Die Futurezone berichtet darüber: EU: Abstimmung über Gallo-Bericht verschoben.
Der Bericht hat zwar keinen gesetzgebenden Charakter, aber wenn er im Plenum verabschiedet wird, gilt er als Meinungsäußerung der Parlamentsmehrheit und könnte die Kommission zur erneuten Vorlage der derzeit im Rat eingefrorenen Richtlinie IPRED2 zur Verschärfung der Maßnahmen gegen die Verletzungen geistiger Eigentumsrechte bewegen. Zuständig dafür wäre EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier – auch er Mitglied der Sarkozy-Partei UMP. Zudem würde das Parlament mit Verabschiedung des Berichts eine härtere Position gegenüber privaten Urheberrechtsverletzern einnehmen als EU-Kommissarin Neelie Kroes, die mit ihrer Digitalen Agenda zuallererst auf eine Verbesserung der legalen Online-Angebote und die Schaffung eines digitalen Binnemarkts in der Union setzt.
Und auch bei Euractiv findet sich ein Bericht: Angriff auf private Internetnutzer?
Der Gallo-Bericht sieht vor, dass Provider in Zukunft ihre Kunden überwachen und bei Verstößen gegen das geltende Urheberrecht abmahnen. Verfasst wurde er von der konservativen französischen Abgeordneten Marielle Gallo für den Rechtsausschuss des Parlaments. Gallo hatte sich in diesem zudem dafür ausgesprochen, das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen (ACTA) schnell zum Abschluss zu bringen. Eva Lichtenberger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA, erklärte: „Der Text ist in seiner aktuellen Fassung für die europäischen Bürger schlicht inakzeptabel, da er sehr repressive Maßnahmen gegen nicht-kommerzielles Filesharing vorsieht und private Nutzer mit ‚Piraten‘ und professionellen Produktfälschern gleichstellt. Wäre der Text in dieser Woche in der Form angenommen worden, hätte man die Büchse der Pandora geöffnet, indem man die komplette Überwachung der Aktivitäten aller Internetnutzer ermöglicht hätte.“
Von La Quadrature du Net gibt es eine Pressemitteilung zur Verabschiedung des Reports im JURI-Ausschuss von Anfang Juni, die immer noch aktuell ist: Gallo report: Copyright dogmatism wins a battle, not the war.
„The Gallo report shows how powerful the lobbying of a few anachronic industries can be on the European Parliament. Their influence on policy-making runs counter to the general interest and prevents the EP from exploring paths to a new creative economy. It must be offset in the next fights: the upcoming discussion of the ACTA agreement, the discussions on new criminal sanctions with the future revival of the IPRED2 directive1, etc. Measures designed to enforce obsolete business models at the expense of fundamental freedoms won’t bring any good to authors or to their public and must be continuously opposed“ concludes Jérémie Zimmermann, spokesperson for citizen initiative La Quadrature du Net.
„Der Gallo-Report ist umstritten, weil einmal mehr radikale Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums damit auf europäischer Ebene durchgesetzt werden sollen.“
Schade, dass selbst hier der Begriff „geistiges Eigentums“ voellig unkritisch verwendet wird und so getan wird als gaebe es so etwas tatsaechlich. Markus, selbst die Enquete hat mittlerweile eingesehen, dass dieser Begriff problematisch ist. Wieso nicht du?
@Torsten: Stimmt, hab ich durch Immaterialgüter ersetzt.
Danke! :)