In der FAZ erschien gestern ein Artikel von Milos Vec, der zwei Publikationen rezensiert: Mit falschen Versprechungen in die Kontrollgesellschaft.
Darin werden Dietmar Kammerers „Bilder der Überwachung“ und Arnold Müllers „Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz“ vorgestellt. Ersteres ist eine u.a. kulturwissenschaftliche Betrachtung, erstere eine Rekonstruktion der Wirkung der Bilder, die die beiden 10-jährigen Entführer des 3-jährigen James Bulger zeigen. Wer mal längere Zeit in England gewesen ist weiß, welche kulturelle Kraft hiervon ausgegangen ist. Letzteres zeigt in Bezug auf arbeitsrechtliche Gegebenheiten, wie durch und durch unbestimmt der Raum ist, den ein Arbeitsnehmerdatenschutzgesetz ausfüllen könnte, und wie hohl die Kennzeichnungspflicht für Kameras bleiben muss, wenn man sich nicht wehrt. Und wer wehrt sich denn schon bei den Arbeitsgerichten?
Ich glaube nicht, dass sich in diesem Blog noch jemand überzeugen lassen muss, dass Überwachungskameras nicht nur sinnlos und nicht zielführend, sondern zudem auch schädlich sind. Das vergangene Wochenende hat das gezeigt. Die wissenschaftlichen Sichtweisen können hierzu gute und tragfähige und Argumente liefern, so man die noch braucht.
Als Mitglied des Berliner Arbeitskreises Rechtswirklichkeit (BAR) freue ich mich besonders über den letzten Absatz:
Erst recht wüsste man gerne, ob und wann die Betroffenen ihre Datenschutzrechte eigentlich geltend machen. Immerhin kennt man Tatbestände, bei denen kaum Normimplementation stattfindet. Selbst Müller referiert das faktische Leerlaufen der Kennzeichnungspflicht von Kameras, die für die Überwachung verantwortliche Stelle zu benennen: Das Datenschutzrecht, so scheint es, könnte gut eine Prise Rechtstatsachenforschung vertragen. Die Rechtssoziologie freilich, die solche Fragen professionell erforschen könnte, liegt in Deutschland am Boden.
Mit „einer Prise“ wird man kaum gegen die aktuelle wissenschaftliche Konjunktur von Sicherheitsthemen in der akademischen Landschaft ankommen, aber wer den ersten Schritt nicht gehen will kommt nie ans Ziel.
[Danke Michael W.!]
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