Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat kürzlich betont, warum auch die Kirchen prinzipiell gegen Lauschangriffe sein müssen:
Kirchen treten aus Gründen des Menschenwürdeschutzes für einen restriktiven Umgang mit den Möglichkeiten verdeckter Informationsbeschaffung durch den Staat ein. Der Schutz des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses müsse in verfassungsgemäßer Weise gewährleistet bleiben: „Auch aus Gründen der vorbeugenden Terrorismusabwehr kann es für uns keine Ausnahmen von dieser Regel geben.“ Die Kirchen hätten eine „unmittelbare, aus ihrem seelsorgerlichen Auftrag abgeleitete Pflicht“, sich für den Schutz der Privatsphäre einzusetzen. „Sie haben in dieser Frage in keinem Sinn einen Abwägungsspielraum.“
In nächster Zeit wird es außerdem spannend sein zu beobachten, inwieweit die Kirchen es schaffen, auch Seelsorge und andere vertrauliche Gespräche mit Kirchenangehörigen per Internet vollständig schützen zu wollen. Ein Nachdenken in diese Richtung, dass nämlich vertrauliche Gespräche nicht mehr nur im Beichtstuhl oder im Amtszimmer des Pfarrers stattfinden, hat bereits begonnen:
Zugleich stelle sich die Frage nach der Definition der „Seelsorge“ neu. Der Ratsvorsitzende nannte beispielhaft die Bereiche der Spezialseelsorge in Haftanstalten oder Krankenhäusern, in Beratungsstellen, in der Telefonseelsorge und in der Notfallseelsorge. Diese Beispiele zeigten, „dass die Definition von Seelsorge sich heute nicht mehr auf die Beichte im Beichtstuhl oder das Seelsorgegespräch im Amtszimmer der Pfarrerin oder des Pfarrers beschränken kann.“ Die Formulierung einer weiteren Definition sei notwendig, könne aber nicht vom Staat vorgenommen werden: „Solche Definitionen sind Gegenstand des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts.“ Es liege im kirchlichen Interesse, Seelsorgesituationen möglichst vollständig zu erfassen, „die der Beschränkung durch Lauschangriffe oder durch Begrenzung des Zeugnisverweigerungsrechts ausgesetzt sein könnten.“ In der Evangelischen Kirche in Deutschland sei daher ein entsprechender Gesetzgebungsprozess in Gang gebracht worden.
Den Wortlaut des Vortrages von Bischof Huber vor dem Deutschen Anwaltsverein gibt es hier.
Warum werde ich den Verdacht nicht los, das es Huber letztlich nur um das Beicht- und Seelsorgegeheimnis geht? ;-) Interessenspolitik statt echte Besorgnis um Grundrechte.
Mit Kritik gegen Ansichten Hubers zu diversen anderen Themen ließe sich so manche Internetseite füllen.