SPD-Politikerin Barbara Kisseler gegen „freie Wildbahn im Internet“

Die Chefin der Berliner Senatskanzlei, die SPD-(nahe)Politikerin Barbara Kisseler hat der Zeitschrift Promedia ein Interview zum Urheberrecht gegeben, was Carta in Auszügen spiegelt. In dem Interview spricht sie in Neusprech von der „freien Wildbahn im Internet“ (Mal was ganz Neues) und fordert ein härteres Vorgehen gegen unerlaubtes Kopieren. In dem Interview wird aber auch klar, dass sie teilweise nicht soviel Ahnung vom Thema hat. Beispielsweise, wenn ihr das britische „Three-Strikes-Modell eher entgegen kommt, als das französische, weil es dort erstmal mehrere Warnhinweise geben soll.

Wir haben eine Abwägung zu treffen: Allgemeine Persönlichkeitsrechte, Schutzbereich der Informations- und Kommunikationsfreiheit sowie Selbstbestimmungsrecht über eigene Inhalte. Ich sehe hier persönlich noch keine Lösung, wobei mir das britische „Three Strikes“-Modell eher entgegen kommt als das französische. Ich finde es vom Grundsatz her die angemessenere Variante, dass dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt wird, sich darauf einzustellen. Es scheint mir in die richtige Richtung zu gehen, wenn erst nach mehreren Warnhinweisen und bei wiederholten Rechtsverstößen technische Sanktionen ergriffen werden können.

Vielleicht sollten man ihr mal erklären, was „Three-Strikes“ im Detail heißt und warum die „3“ im Namen ist: Das britische Modell unterscheidet sich dadurch vom französischen, dass in Frankreich extra eine Behörde aufgebaut wird, die diese drei Schritte doumentieen und in Großbritanien dies durch eine freiwllige Kooperation zwischen Providern und der Rechteindustrie erfolgen soll. Die Schritte und Maßnahmen sind aber dieselben.

Insgesamt kommt in dem Interview heraus, dass sie die Provider mehr in die Pflicht nehmen will. Dafür gibt es ja im Wirtschaftsministerium schon Gespräche zwischen Rechteindustrie und Providern, wie dies aussehen könnte. Das Ziel der Einleitung der Gespräche war, eine Lösung zu finden, die der britischen Variante entspricht. Unklar ist im Moment, wie weit der Stand der Gespräche ist (Falls jemand mehr Infos hat, als die Offiziellen, interessiert uns das natürlich sehr)

Etwas verklauseliert geht es mit der nächsten Antwort weiter, wobei mir der Sinn des fett markierten Satzes nicht ganz klar ist:

Plädieren Sie damit generell für eine stärkere Regulierung der Internetwelt?

Man muss sorgfältig das Für und Wider aus der Sicht des Nutzens oder Schadens für die Gesellschaft abwägen. Aber grundsätzlich muss man auch im Internet für Content bezahlen, aus dem ein kommerzieller Nutzen gezogen wird. Wenn man als Provider journalistische Inhalte benutzt, hat man davon einen direkten Vorteil und muss eine Gegenleistung erbringen. Auf diese Ausgewogenheit wird man achten müssen. Es wird für unsere Gesellschaft immer wichtiger, dass in der Online-Welt neue Geschäftsmodelle entstehen und deshalb wird man nicht umhinkommen, bei den Rahmenbedingungen regulierend eingreifen zu müssen.

In der Antwort springt sie von unerlaubten Kopien rüber zu „journalistischen Inhalten“, die in der Regel aber bereits kostenlos bereitgestellt und durch Werbung finanziert werden. Welche Gegenleitung ist denn da gemeint, die die Provider bringen sollten?

Interessant ist auch die folgende Einschätzung:

Insbesondere bei der Eindämmung von Raubkopien im Netz haben wir uns zu viel Zeit gelassen.

Nun, da gibt es den ersten Korb der Urheberrechtsreform aus dem Jahre 2003, den zweiten Korb aus dem Jahre 2008 und das Durchsetzungsgesetz aus dem Jahre 2008, die zur bekannten Abmahnindustrie geführt haben, und wo die Gesetzgebung zu immer mehr Kollateralschäden wie letztens beim WLAN-BGH-Urteil führt. Warum die Politik sich zuviel Zeit gelassen haben soll, ist mir unklar.

Ist das eigentlich die offizielle Position der SPD, die Barbara Kisseler in diesem Interview vertritt?

Update: Wie in den Kommentaren hingewiesen wurde, ist Barbara Kisseler kein SPD-Mitglied, aber als Mitglied des ehemaligen Schattenkabinetts von Steinmeier und einer Senats-Position, die im Bund wohl dem des Kanzleramtsministers entsprechen würde, sollte man zumindest von SPD-nah sprechen können.

40 Ergänzungen

  1. Ich gehe mal davon aus, dass sie im fett markierten Satz nicht Zugangsprovider, sondern Provider im Sinne von Anbietern von Inhalten meint. Ich interpretiere das also als Befürwortung des neuen Leistungsschutzrechts. Spricht aber definitiv nicht für ihre Sachkenntnis.

    Was die offizielle Position der SPD angeht: Das ist es definitiv nicht. Ich finde es auch durchaus legitim, wenn Politiker nicht immer die Parteilinie vertreten. Das ist auch so eine Unsitte in Deutschland: Abweichende Meinungen innerhalb eine Partei werden schnell überbewertet. Dabei lebt Parteiendemokratie auch von innerparteilicher Auseinandersetzung. Dass das natürlich trotzdem nicht immer öffentlich passieren sollte und dass ich ihre Position nun mal sowas von überhaupt nicht unterstütze, steht auf einem anderen Blatt.

    1. @Jan: Dass sie damit das Leistungsschutzrecht meint, hatte ich auch schon im Sinn.

      Ich hab auch nichts gegen abweichende Meinungen in einer Partei, mich würde nur interessieren, ob diese Position dem SPD-Mainstream entspricht und freue mich, wenn die SPD eine verbraucherfreundlichere Position offensiv vertritt, die die im Interview genannten Positionen nicht enthält.

  2. Fürchterlich, diese freie Wildbahn im Internet. Da gibts GNUs, Esel, Pinguine, sogar Trolle … kann man das nicht alles irgendwie regulieren? Dann hätten wir auch im Internet ein so harmonisches, funktionierendes Ökosystem wie in mitteleuropäischen Großstädten.

  3. Es hat schon einen gewissen Unterhaltungswert, wie sich einige Politiker neue Metaphern für ihre Medienpolitik ausdenken, sobald die alten verschlissen oder als unsinnige Worthülsen entlarvt worden sind.

  4. Das Problem mit den abweichenden Meinungen ist aber, dass man in Deutschland mit der Zweitstimme die Partei wählt. Wenn darüber nun Mitglieder in Parlamente rutschen, die dann nicht so stimmen, wie ich es als Wähler gerne hätte, sehe ich das als etwas problematisches an.

    Und gerade bei der SPD sehe ich keine klare Linie oder Mehrheiten bei der Netzpolitik. Da wird immer das gefordert, was gerade populär ist und was man gerade so für Lobbyinteressen hat.

  5. Kann man nicht solchen Peinlichkeiten entgegen wirken, indem man ab einer bestimmten Besoldungsgruppe nur noch fachlich versierte Journalisten fragen läßt, die auch in der Lage sind, nachzufassen? Dann müssten hinterher nicht alle rätseln, wie und warum jemand etwas gemeint haben könnte.

  6. Keine Ahnung was es (x) ist, aber Hauptsache zwei Rügen und dann bestrafen. … andererseits fällt mir just auf: Das \Three-Strikes-Modell\ ist ja original Spieltheorie! – Eine \tit for tat with foregiveness\-Strategie (\The Evolution of Cooperation\ – Robert Axelrod). Problem: Hat man hier die Situation eines \iterierten Gefangenendilemmas\ oder gibt es in diesem Spiel (x) nur einige Spieler, die diese (erfolgreichste) Strategie spielen?

  7. Zum Glück ist das keine offizielle Parteimeinung. Tatsächlich gibt es noch kein „netzpolitisches Grundsatzprogramm“ innerhalb der SPD. Man kann vieles schon aus den Landesprogrammen sowie Fraktionspositionen ableiten. Ein Standardwerk indes, aus dem sich Positionen ableiten können, fehlt uns noch. Aber auch das ist nur eine Frage der Zeit.

  8. Noch ergänzend dazu: Natürlich lässt sich auch eine Menge aus den (Gesetzes-)Entscheidungen der Vergangenheit ableiten. Ob man nun Stolz darauf ist, steht auf einem anderen Blatt und daher ist solch ein Grundsatzprogramm für die Partei wichtig, damit solche Einwürfe, wie von Frau Kisseler, nur Einwürfe ohne Folgen bleiben.

  9. Ach Gottchen. Eine SPD-Tante musste auch mal was zu diesem bösen Internet sagen.

    Statt Deutschlehrerin zu werden, ist sie über die Öffis in die Politik gegangen. Und da erwarteten sie gleich die höchsten Ehren: Steinmeier hat sie in sein „Kompetenzteam“ berufen – eher wohl ein „Inkompetenzteam“.

    Ist das irgendwie wichtig, was die Frau daher schwätzt?

    Viele Grüsse,
    VB.

  10. „die diese drei Schritte doumentieen und in Großbritanien dies durch eine freiwllige Kooperation“

    *hüstel* – gibt es keine Rechtschreibkontrolle mehr, bevor Texte eingestellt werden?

    zum Inhalt: Ansonsten könnte doch mal jemand den Böhning als Netzexperten der SPD fragen, ob die Kisseler da die offizielle Parteilinie kommuniziert hat oder nur privat rumschwallt. Wählbar macht es die SPD eher nicht. Aber das ist ja eh klar. Deren ‚Siege‘ sind ja mittlerweile auch nur noch die Tatsache, dass die CDU NOCH mehr verliert.

  11. madame schwesig aus meckpomm ist doch noch ein viel schlimmeres kaliber, ist doch zensursula von rückwärts bis an den gaumensegel gekrochen wegen stoppschild-idiotie etc.

  12. Man beachte, das momentan im britischen „three-strikes“ Model noch keine (Achtung Euphemismus!) „technischen Maßnahmen“ vorgesehen sind. Afaik soll das ganze erst einmal probeweise ein Jahr ohne „die Keule“ auskommen und danach evaluiert werden. Erst wenn die Warnungen keinen ausreichenden reduzierenden Effekt (keine Ahnung wie das quantifiziert werden soll) zeigen, wird die digitale Guillotine ausgepackt. Siehe auch die Berichterstattung auf TheRegister:

    „If warning letters do not „significantly reduce“ unlawful filesharing in a year, technical measures such as protocol blocking or temporary suspension of access will be introduced.“

    http://www.theregister.co.uk/2010/05/28/ofcom_code/

    Man beachte auch, dass die momentane Planung vorsieht, ISPs erst nach der dritten Warnung gegen einen Kunden zu verplichten, die Daten für einen etwaigen Prozess herauszugeben. Also mithin deutlich freundlicher als der deutsche zivilrechtliche Auskunftsanspruch, bei dem der erste Verstoß schon richtig teuer werden kann.

    „Under the proposals, the three accusations of unlawful filesharing will not have to come from the same source, but once three are made, any of the organisations that made accusations can apply for a court order to reveal their identity. A person accused of separately infringing a film, a music and a software copyright could be sued by either FACT, the BPI or FAST.“

    Man sieht, teilweise ist es in GB nicht schlimmer, sondern besser als hier.

    Gruß

  13. Ich finde ja auch, dass die Post für die Weiterleitung von Magazinen und Zeitungen zu zahlen hat. Ich meine, die Post verdient sich damit GELD!

    SCNR

  14. Nachtrag:

    Die SPD besitzt auch respektable Beteiligungen an Medienunternehmen, insbesondere Zeitungen, gebündelt in der Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH. Der geneigte Leser möge sich nun seinen Teil denken.

  15. Haben wir in D. nicht genau betrachtet schon ein 1-Strike-Modell? Content-Industrie lässt nach Verstößen fahnden und mahnt dann kostenpflichtig ab, ohne Vorwarnung und quasi nach Pauschal-Abmahn-Tarif.

    Nur dass bei uns bisher der Internet-Zugang noch erhalten bleibt.

  16. Ist Inkompetenz die Schlüsselqualifikation um in ein Kompetenzteam berufen zu werden?
    Sind Blog Kommentatoren die besten Politiker, weil sie zu Allem ne Meinung haben, wenn auch keine Ahnung?
    Kann man Politiker nicht dazu zwingen sich mit einem Sachverständigen zu unterhalten bevor sie etwas sagen dürfen?

    Freiheit für die Gummibären kann nur erreicht werden durch die sofortige und absolute Auslöschung von Tüten!?!

  17. Ist das eigentlich die offizielle Position der SPD, die Barbara Kisseler in diesem Interview vertritt?

    Meine (nicht neue) Wahrnehmung ist, dass je undifferenzierter, sachkenntnisferner, industrielobbynachplappernder, verbraucherunfreundlicher und bürgerrechtsschädlicher ein Statement einer SPD-Politikerin /SPD-Politiker ist, desto eher entspricht es der offiziellen Linie der SPD.

    Es sieht so aus, dass Barbara Kisseler versatzstückhaft die Lobbypositionen der Rechte-Industrie runterplappert. Sogar alle Fachleute, die sich täglich mit Fragen wie dem Leistungsschutz für Presseverleger beschäftigen (siehe Medienradio 21 und 23 hier), müssen nach eingehender Prüfung resigniert feststellen, dass dieses Leistungsschutzrecht keinen Sinn ergibt.

    Also beste Vorraussetzungen für die SPD, so etwas zu fordern.

  18. Man sollte nicht jede Meinung einer „SPD-nahen“ Person veröffentlichen und dann behaupten, es sei eine „SPD-Politikern“ oder noch schlimmer die offizielle Position der SPD zum genannten Thema. Damit gibt man einer Sachen den Drill, der falsch ist.

    1. @Daniel Bär: Die Frau wäre bei einem Wahlerfolg im vergangenen Jahr jetzt vermutlich auf SPD-Ticket Kulturstaatsministerin, dürfte keine unbedeutende Position für die Kultur-Politik der SPD inne haben und dazu äussert sie sich. Aber ich habe auch im ganzen Artikel nicht gesagt, dass sie die SPD-Position vertritt.

  19. Dies suggerierst du aber mit der Überschrift. Die SPD hat über 500.000 Mitglieder. Wenn du alles schreiben würdest, was diese Mitglieder so von sich geben…das kannst du doch auch nicht als SPD-Meinung ausgeben. Würde dir Mal empfehlen, die ganzen Anträge und Beschlüsse zur SPD Medienpolitik aus den Landesverbänden anzuschauen, da bekommst du einen besseren Eindruck über Positionen der SPD. Diese sind dann auch für Leute, die bei der SPD Mitglied sind, verbindlich ;)

    1. @Daniel Bär: Du kannst Dir sicher sein: Wenn SPD-Mitglied XY von der Basis zu irgendwas etwas sagt, ist das in der Regel nicht relevant für uns.

  20. Es ist ja interessant, wie netzpolitik.org parteilose, aber sicher auch SPD-nahe Menschen für die gesamte Partei in Haftung nimmt. Dann spricht also Jörg Tauss auch künftig für die Piratenpartei, Beckedahl für die Grünen oder ein Ackermann für die CDU. Das ist wohl als unseriös zu bezeichnen.

    Zur Aufklärung: „Offizielle“ Position der SPD findet sich im Wahlprogramm zur Bundestagswahl:
    „Gerechte Vergütung kreativer Arbeit. Wir wollen im Rahmen des sozialdemokratischen
    Kreativpaktes erreichen, dass Kultur- und Medienschaffende, Künstlerinnen und Künstler und Kreative von ihrer Arbeit leben können. Es kommt darauf an, das geistige Eigentum zu schützen und angemessen zu vergüten. Das Urheberrecht und das Urhebervertragsrecht sollen in der digitalen Welt ein angemessenes Einkommen aus der Verwertung geistigen Eigentums ermöglichen. Die Zukunft der Digitalisierung stellt uns vor neue Herausforderungen beim Schutz immaterieller Produkte und Güter. Wir brauchen einen
    vernünftigen Ausgleich zwischen Nutzerfreundlichkeit und den Rechten der Kreativen. Dabei werden wir im Rahmen des Kreativpaktes die Netzbetreiber und Internet-Service-Provider in den Dialog mit echteinhabern und Verwertungsgesellschaften
    einbeziehen. Wir setzen uns für die Prüfung einer Kultur- Flatrate ein.“

    Wer eine Position, die in der SPD derzeit diskutiert und dann auch zu einer wirklichen Beschlusslage der Partei gebracht wird, lesen möchte, findet diese hier:
    http://www.bjoern-boehning.de/2009/12/16/eine-neue-digitale-ubereinkunft/

    Udn jetzt mal runter mit der Aufregung!

    1. Ich finde schon die Diktion in dem Kommentar unangenehm, luftverpestend, auch die Hinweise auf Markus mögliche Mitgliedschaft bei den Grünen: Was bitte hat das mit dem Thema zu tun? Dann auch noch von einem Menschen der sich offenbar bisher ausschließlich in Parallelwelten rumgetrieben hat (Uni, Partei), unter anderem jemand, der offenbar ständig von anderen bezahlt wird. Und mir nun in seiner Daseinsform als faktisches „Humanoides Derivat“, das seien Funktion aus Ableitung bezieht, jetzt auch noch vorschreiben will, wann ich mich aufregen soll, oder nicht… Nene, das übersteigt mein kapazitatives Vermögen und irgendwo auch meine Toleranzschwelle. Nachteilig am aktuellen Entwicklungsgrad ‚des Internets‘ ist wirklich, dass sich der Funktionärsteil der Menschheit jetzt als Onlinekommentarpolitesse betätigen kann. An dieser Stelle war es früher doch schöner, als man sich noch in dieser Hinsicht unbehelligt in Online-Räumen bewegen konnte.

  21. Ich seh da keinen Widerspruch zum Three Strike Modell drin. Die Ablehnung von Kopierschutz, kann man noch auf der Nutzerfreundlichkeit ableiten aber ansonsten steht da nur, dass geprüft wird, wie man den Rechteverwaltern künftig mehr Geld zusichern kann.

  22. Als Chefin der Senatskanzlei gehört Frau Kisseler zu den wichtigsten Repräsentantinnen der rot-roten Landesregierung hier in Berlin; und sie repräsentiert mit ihrem Beitrag genau das, was man von einer SPD-geführten Regierung in Sachen Netzpolitik erwarten darf, wenn der Koalitionspartner nicht die Kraft hat, dagegen zu halten. Ihre Äußerungen stehen in einer Linie mit dem Entwurf für ein Jugendmedienstaatsvertrag aus der Staatskanzlei einer SPD-Alleinregierung und dem intensiven Bemühen diverser SPD-PolitikerInnen um eine Zensurinfrastruktur.
    Parteiprogramme sind was für Theoretiker, ich halte mich lieber an Taten, und da sieht es zumindest hier in Berlin düster aus in Sachen Netzpolitik nach mittlerweile acht Jahren rot-rot.
    Angesichts solcher Äußerungen aus der Senatskanzlei wundert es nicht, dass das Duo Wolf-Wowereit seit Jahren die Einrichtung einer freien WLAN-Infrastruktur mit fadenscheinigen Argumenten hintertreibt, systematisch für Intransparenz kämpft und Bürgerbeteiligung als belanglose Brot-und-Spiele-Aktion inszeniert, um am Ende doch zu machen, was sie wollen…

  23. Lieber @Björn Böhning,
    ich hatte 30 Jahre das zweifelhafte Vergnügen, mich in der SPD für Netzpolitik einzusetzen. Glaubst Du, Ihr werdet mehr ausrichten? Aus welchem Grund?!

    So lange Ihr lieber Eiertänze veranstaltet, statt – zumindest nach außen – mal länger als einen Monat ALLE dieselbe Meinung zu vertreten, wird das nix.

    Und natürlich hat @Karpfenpeter Recht. Na, wie wär’s mal mit Ehrlichkeit?

  24. Wenn Frau Kisseler nicht für die SPD spricht, spricht sie dann als Senatskanzlei-Chefin für die Linke? Oder nur für die Berliner Regierung? Oder äußert sie eine Privatmeinung?

    Es wäre schön, wenn man aus der SPD (oder aus „SPD-nahen Kreisen“) mal etwas mehr Einsatz
    – gegen Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit durch Abmahnwahn und fliegende Gerichtsstände (was letzten Endes dafür sorgt, dass nur wer reich ist, vor Gericht gleich ist),
    – für gerechte und zeitgemäße Verteilungsregelungen der GEMA,
    – für gerechte und angemessene Entlohnung von Medienschaffenden oder auch
    – für freien publizistischen Zugang zum Internet für alle hören würde.

    Stattdessen wird
    – (von einer SPD-nahen Person und immerhin Mitglied im Schattenkabinett Steinmeier und Amtsträgerin in Berlin) von Three Strikes geredet und Content-Industrie Lobbypositionen werden anstandlos übernommen,
    – eine weitere GEMA/GEZ-Zwangsabgabe in Form einer Kulturflatrate geplant (statt die bestehenden Mechanismen zu verbessern),
    – gnadenlos die Lobby bedient und das Leistungsschutzrecht für Verlage unterstützt (schon bevor man wusste, was das eigentlich sein soll) und
    – die Errichtung von Markteintrittsbarrieren durch überholte Jugendschutzmechanismen entworfen und beschlossen (JMSTV), die sich nur professionelle Publizisten leisten können.

    Oder auch ganze Berufsstände (oder sicherheitsbewusste Privatleute) mit dem §202c STGB kriminalisiert, was ja ein ganz besonderes Schelmenstück und Highlight der letzten Regierungsbeteiligung war.

    Mir fehlt da bei der SPD ingesamt der Glaube, dass sich da nochmal was ändert. Es muss ja nicht immer alles nach meinem persönlichen Gusto gehen, aber wenn da in einem mir wichtigen Politikfeld so gar nichts stattfindet, das meine Zustimmung findet und ich nur den Eindruck habe, dass ich als freiheitsliebender und verantwortungsbewusster Bürger in der SPD genau gar keine Lobby habe, dann muss ich mich halt nach anderen Alternativen umsehen. Gibt ja genug.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.