Die SPD führt diese Diskussion ja schon länger, aber dort ist sie vor allem taktisch motiviert: Mit einem neuen Grundrecht auf „Informationsfreiheit“ könnte man die starken Grenzen, die momentan das Post- und Fernmeldegeheimnis für Überwachungsmaßnahmen darstellen, umgehen. Das Bundesinnenministerium denkt ebenfalls darüber nach.
Nun hat auch die Bundestagsfraktion der Grünen sich dieser Diskussion angeschlossen und eine eigene Version auf dem Markt geworfen:
Bündnis 90/Die Grünen wollen angesichts der zunehmenden technischen Möglichkeiten des Staates wie auch Dritter zur heimlichen Überwachung und Kontrolle der Menschen als datenschutzrechtliches Fundament das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Grundgesetz verankern. Dabei darf es keinesfalls darum gehen – wie von der Regierungskoalition angestrebt- ein geschwächtes Grundrecht zu schaffen, das Eingriffe wie die Online-Durchsuchung unter möglichst geringen Voraussetzungen gerade erst ermöglicht. Wir wollen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung modernisieren und stärken.
Wir wollen den Vorschlag der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bund und Ländern aus dem Jahr 1993 zur grundrechtlichen Verankerung eines eigenständigen Persönlichkeitsgrundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aufgreifen – wir wollen dieses Grundrecht aber (analog den Vorschlägen von Roßnagel, Pfitzmann und Garstka aus dem Jahre 2001) als ein umfassendes Kommunikationsgrundrecht ausgestalten. In der digitalen Informationsgesellschaft kann das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht allein persönlichkeitsrechtlich ausgerichtet sein. Es muss vielmehr ein Querschnittsgrundrecht werden, das den kommunikativen Gehalt aller Grundrechte zum Ausdruck bringt, ohne deren spezielle Schutzmechanismen einzuschränken.
Zusätzlich muss das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG zu einem umfassenden Kommunikationsgeheimnis weiterentwickelt werden, das alle neuen Kommunikationsformen erfasst und eine unbeobachtete Kommunikation gewährleistet.
Im Kern haben sie ja Recht:
Es muss die Möglichkeit bestehen, sich in der digitalen Welt selbstbestimmter und so zu bewegen, ohne ungewollt und unbemerkt jeden Tag eine Datenspur zu hinterlassen, die anschließend ausgewertet wird.
Das geht aber auch ohne Grundgesetzänderung: Stärkung und viel bessere Ausstattung der Datenschutzbeauftragten (ähnlich wie Gewerbeaufsicht oder Gesundheitsämter), Förderung von technischen Maßnahmen zur Datensparsamkeit, und und und. Wie man aber ernsthaft eine Verfassungsänderung fordern kann, die auch noch an den Grundrechten rumspielt, während die Überwachungsfetischisten der großen Koalition eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag haben, ist mir schleierhaft. Das Gegenteil von „gut“ ist eben nicht immer „schlecht“, sondern auch mal „gut gemeint“. Malte Spitz aus dem Grünen Bundesvorstand ist ebenfalls nicht glücklich darüber.
Patrick Breyer hat kürzlich eine gute Replik auf solche Forderungen geschrieben:
Entschieden entgegen zu treten ist der Darstellung, das Grundgesetz müsse an veränderte Bedingungen wie die technische Entwicklung angepasst und „verbessert“ werden. Dies erweckt den Eindruck, das Grundgesetz sei nicht mehr auf der Höhe der Zeit und veränderungsbedürftig. Das aber ist Schäuble-Rhetorik, die wir uns nicht zueigen machen dürfen. Es wäre zwar möglicherweise nett, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ins Grundgesetz zu schreiben, aber wirklich notwendig ist es nicht, denn sie gilt ohnehin. (…) Entscheidend ist vielmehr, dass die Politik wieder den Mut und den Geist aufbringen muss, auf etwas verfassungsrechtlich noch Zulässiges zu verzichten, weil es schlichtweg nicht sinnvoll und angemessen ist. Dies zu begründen und durchzusetzen, liegt schon seit Jahren außerhalb der Möglichkeiten der Mainstreampolitiker. Wer sich wirklich als Bürgerrechtspartei profilieren will, sollte für einen Stopp für
neue Sicherheitsgesetze und eine freiheitliche Besetzung von Justiz- und Innenministerium eintreten.
„das geht aber auch ohne Grundgesetzänderung: Stärkung und viel bessere Ausstattung der Datenschutzbeauftragten (ähnlich wie Gewerbeaufsicht…….“
geht eigentlich alles nur nur um Aufsicht und Überwachung, Fremdbestimmung und Bevormundung ? Jahrelang hat das Internet ohne Reglementierung existiert und es mag Schattenseiten haben, aber ohne zweifel überwiegt der Nutzen. Ausserdem scheisst unsere Regierung in so vielen fällen auf das Grundgesetz das ich bezweifle das eine solche Verfassungsänderung irgendetwas bringt. Auch bei der Verbrechensbekämpfung sollten Fahnder sich in einem bestimmten Regelwerk bewegen müssen. Ist dies nicht mehr gegeben ist alles für die Katz- und diesn Punkt haben wir meiner meinung nach dank Schäuble und seiner Terror-kampagne überschritten. Das ganze erinnert an die Propaganda die die Nazis nutzten umd die Juden in der Bevölkerung schlecht zu machen.