Verlegerlobby gegen Datenschutz

Die Verlegerlobby ist sich nicht zu blöd, die Stärkung von Datenschutzrechten durch eine Abschaffung des sogenannten Listenprinzips als Angriff auf die Pressevielfalt zu sehen:

Bislang ermöglicht es das Listenprivileg den Verlagen, per Brief an poten­zielle Neuleser heranzutreten und so dem Rückgang von Abonnenten ent­gegen zu wirken. Angesichts der ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Si­tuation träfen die Einschränkungen bei der Gewinnung neuer Abonnenten die Verlage hart und drohten in der Folge, die Pressevielfalt in Deutschland zu gefährden, warnten BDZV und VDZ. Die Verlegerverbände betonten, dass jeglicher Datenmissbrauch von ihnen strikt abgelehnt werde. Die Da­tenschutzskandale der jüngsten Vergangen­heit seien jedoch nicht durch das Listenprivileg verursacht worden. Sie würden durch die Abschaffung des Privilegs auch künftig nicht verhindert. Zeitungs- und Zeitschriftenver­leger würden mit der geplanten Novellierung in Mithaftung für Verstöße Dritter genommen, kritisierten die Verleger.

Auf gut deutsch steht da, dass man weiter Menschen mit Werbe-Spam zu müllen möchte. Wendet Euch an Eure Politiker, wenn Ihr darauf keinen Bock habt. Die Anleitung dazu hatten wir letzte Woche schon gepostet.

Passend zum Thema gibts auch einen aktuellen Artikel bei Zeit-Online: CDU kämpft für Datenhändler.

Gegen dessen geplante Einschränkung rennen Datenhändler, Direktvermarkter und Verlage Sturm. Paragraf 28, Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes erlaubt bisher, Kerninformationen von Verbrauchern ohne deren Einwilligung zu sammeln und weiterzuverwerten. Namen, Titel, Anschrift, Geburtsjahr und Berufsbezeichnung dürfen nach einem der Punkte sortiert und zu Listen zusammengefasst werden – daher die Bezeichnung Listenprivileg. Interessenten können die Listen mit frei zugänglichen Informationen „anreichern“, mit Telefonnummern oder auch Bankverbindungen.

Der Entwurf fordert nun ein Opt-in, also dass die Betroffenen – anders als bisher – gefragt werden müssen, bevor ihre Daten weitergegeben und gehandelt werden dürfen. Bislang müssen sie ein Häkchen setzen, um das auszuschließen (Opt-out), künftig soll das umgekehrt werden. Daten- und Verbraucherschützer hatten dies seit Jahren gefordert, und auch in der Politik schien lange ein Konsens darüber zu bestehen.

Heute im Bundestag berichtet über die heutige Anhörung im Innenausschuss zur Reform des Bundesdatenschutzgesetzes: Abschaffung des sogenannten Listenprivilegs unter Experten umstritten. (Wobei die Befürworter unter den „Experten“ ausschließlich wirtschaftliche Lobbyinteressen vertreten haben). Hier ist der Rest:

Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, sieht in der Streichung des Listenprivilegs und der Einführung des Opt-In-Verfahrens das „richtige Signal“, um das Selbstbestimmungsrecht der Bürger in der Privatwirtschaft zu stärken. Zudem schaffe die Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Betroffenen und denen der werbenden Unternehmen. Die Kritik der Wirtschaftsverbände an der Neuregelung sei „überzogen“, sagte Cornelia Tausch von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Werbung werde auch nach dem Wegfall des Listenprivilegs weiterhin möglich sein. Tausch sieht mit der Festschreibung des Opt-In-Verfahrens eine jahrelange Forderung der Verbraucherzentralen umgesetzt. Nun müsse das Gesetz „zügig“ verabschiedet werden. Auch Thilo Weichert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein sieht nicht die Gefahr einer weiteren „Wirtschaftskrise“ durch das Gesetz. Vielmehr werde damit die derzeitige herrschende „Vertrauenskrise“ beseitigt.

2 Ergänzungen

  1. Auch wenn es meine Branche betrifft ist es eigentlich nicht in Ordnung (rechtlich offensichtlich schon), dass überhaupt irgendwer mit meinen Daten jongliert. Gibt es eigentlich die Robinson-Liste noch?

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