BundestagswahlDas steht über Daten und Digitales in den Wahlprogrammen

Wir durchkämmen die Parteiprogramme nach digitalen Fragen und dem ominösen „Cyber“: Wer will wen anlasslos überwachen? Wer verspricht am meisten Glasfaser? Und wer will das Militär mit Drohnen aufrüsten?

Blick in den Plenarsaal.
Der Plenarsaal des Deutschen Bundestages. CC-BY-ND 2.0 sumo4fun

Auch wenn der Wahlkampf anderes vermuten lässt: Der Blick auf die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl zeigt schnell, dass Digitales darin viel Platz einnimmt. Wir vergleichen, was Union, SPD, Grüne, Linke, FDP und BSW für ihre Wählenden in Sachen Daten, Netzpolitik und Digitalisierung versprechen.

In unsere Übersicht mit eingeflossen sind demokratische Parteien, die laut aktuellen Umfrageergebnisse eine realistische Chance auf einen Einzug in den Bundestag haben.

Anlasslose Massenüberwachung

Die Union plant mehr Videoüberwachung, was sie als „Videoschutz“ bezeichnet, und zwar „an öffentlichen Gefahrenorten“. Sie setzt sich auch für „Systeme zur automatisierten Gesichtserkennung an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen Kriminalitätsschwerpunkten“ ein.

CDU und CSU sprechen sich bekanntlich schon lange für eine anlasslose Massenüberwachung von Telekommunikationsdaten aus und fackeln bei der Vorratsdatenspeicherung nicht lange: Es soll eine Verpflichtung der Internetanbieter „zur Speicherung der IP-Adressen und Portnummern“ kommen. Nur die Länge der „Mindestdauer“ dieser Speicherung bleibt im Programm offen. Dazu hatte sich die CDU aber bereits im Dezember öffentlich eingelassen: Sie plant demnach eine dreimonatige Mindestspeicherung von IP-Adressen.

Die Grünen hingegen möchten bei der Überwachung der Telekommunikation „bürgerrechtsschonende Instrumente wie das sogenannte Quick-Freeze“ bevorzugen und betonen: „Anlasslose Vorratsdatenspeicherung und Chatkontrolle lehnen wir ab.“ Biometrische Massenüberwachung schließt das Programm hingegen nicht aus. Der aktuellen Zehn-Punkte-Plan nennt mit Verweis auf den Beschluss des Bundestags ausdrücklich die Unterstützung der „biometrischen Gesichtserkennung im Internet für Bundespolizei und Bundeskriminalamt“.

Die Linke positioniert sich klar zur Chatkontrolle, die sie ablehnt. Sie setzt sich generell für einen „Schutz vor digitaler Massenüberwachung durch Staat oder Konzerne“ ein und will das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichern. Das heißt bei den Linken auch, dass sie sich gegen Vorratsdatenspeicherung und biometrische Videoüberwachung stellen.

Bei der SPD ist die Frage der Vorratsdatenspeicherung ein Rätselraten, denn konkret erwähnt im Programm ist sie nicht. Es findet sich nur ein kaum verständlicher Absatz, den wir hier vollständig zitieren:

Zudem stärken wir die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden gegen Cybercrime. Dadurch verbessern wir die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und stärken die Verteidigung gegen Cyberangriffe auf Menschen und Wirtschaft – insbesondere IP-Adressen und Port-Nummern.

Wahrscheinlich ist das ein sprachlicher Fehler, denn es ergibt wenig Sinn, die Verteidigung gegen Cyberangriffe auf IP-Adressen und Port-Nummern zu stärken. Viel eher dürfte die SPD planen, IP-Adressen und Port-Nummern anlasslos zu speichern, was eine Vorratsdatenspeicherung wäre – und damit konsistent mit den Forderungen der SPD-Innenministerin Nancy Faeser. Auch die SPD-Fraktion im Bundestag hatte im Januar 2025 erklärt, dass sie grundsätzlich einen dem Rechtsausschuss vorgelegten Gesetzentwurf von CDU und CSU zur Vorratsdatenspeicherung unterstützen würde, „insbesondere die Speicherung von IP-Adressen“.

Das BSW möchte weder Chatkontrolle noch Vorratsdatenspeicherung. Die Partei fordert, „das Sammeln und Speichern individueller Verhaltensdaten“ durch den Staat zu verbieten. Zu verhindern sei, „dass der zunehmende Einsatz digitaler Technologien zum gläsernen, totalüberwachten Bürger“ führe. Auch setzt sich das BSW für eine „freie Nutzung kryptografischer Verfahren“ ein.

Polizei und Datenanalysen

Die SPD verspricht ein „modernes Bundespolizeigesetz“, lässt aber offen, was damit konkret gemeint ist. Zumindest ein Hinweis liefert der Plan, der Bundespolizei „automatisierte (KI-basierte) Datenanalysen“ erlauben zu wollen. Auch das Bundeskriminalamt soll dies künftig dürfen, um „riesige Datenmengen“ effizient auswerten zu können. Die Sozialdemokraten wollen außerdem, dass sich Europol stärker gegen Umweltkriminalität einsetzt.

Die Grünen positionieren sich beim Bundespolizeigesetz ganz ähnlich und wollen es ebenfalls „modernisieren“. Was das praktisch bedeutet, bleibt unklar. Deutlicher werden die Grünen nur bei Europol: Die Behörde soll „zu einem Europäischen Kriminalamt“ werden, das „eigene operative Möglichkeiten“ bekommen soll. Ein weiterer konkreter Plan ist im Programm enthalten: Die Grünen wollen für die Behörden von Bund und Ländern ein „Gemeinsames Zentrum Organisierte Kriminalität“ einrichten. Zu Analysen großer Datenmengen bei der Polizei steht im grünen Programm nichts – wohl aber im bereits erwähnten Zehn-Punkte-Plan, der allerdings nicht auf Parteitagsbeschlüssen fußt.

Bei der CDU/CSU geht man einen Schritt weiter: Der Polizei soll nicht nur die „Nutzung moderner Software zur Analyse von großen Datenmengen“ erlaubt werden, die auch polizeiliche Datenbanken einbezieht, sondern auch die Auswertung von „sozialen Netzwerken“. Ein neues Bundespolizeigesetz plant die CDU/CSU hingegen nicht. Was Europol angeht, möchte auch die CDU die Behörde zu einer „Zentralstelle für Europa“ und zu einem „gemeinsamen Daten- und Informationshaus für die nationalen Sicherheitsbehörden“ ausbauen.

Auch das BSW möchte der Polizei eine „KI-basierte Auswertung“ und einen „automatisierten Datenabgleich“ erlauben, sofern es sich um „extremistische, terroristische oder andere schwerste Straftaten“ handelt. Konkrete Vorhaben zur Bundespolizei oder zu Europol enthält das Programm des BSW nicht.

Die Linke erwähnt in ihrem Wahlprogramm keine konkreten Gesetzesvorhaben zur Digitalisierung bei der Polizei, möchte aber eine Kriminalpolizei, die „mit der dynamischen Entwicklung von Kriminalität“ Schritt halten kann. Aber sie möchte keine Sicherheitspolitik, „die in die Privatsphäre der Menschen eingreift“.

Datenschutz

Traditionell läuft bei der Union Datenschutz unter Industriepolitik, das ist auch bei dieser Wahl nicht anders. So soll „unpraktikable“ Datenschutzpolitik eine „echte Datenchancenpolitik“ werden, heißt es im aktuellen Programm. Die auf diese Weise offenbar zu „Open Data“ erklärten Daten sollen für Innovationen und Wachstum genutzt werden.

Abschaffen will die Union das Konzept der Datenminimierung, stattdessen soll „Datensouveränität und Datensorgfalt“ einziehen: Alle sollen alles von sich preisgeben können, wenn sie es denn möchten. Eine automatisierte Erhebung und Nutzung von Daten will die Union fördern, um damit „echte Durchbrüche bei KI“ zu erreichen.

Abbauen wollen die Konservativen die „bestehenden Doppelstrukturen zum Datenschutz auf Bundes- und Landesebene“. Außerdem soll die DSGVO „alltagstauglich“ werden, damit über standardisierte Verfahren mehr Daten bei Werkstätten, Arztpraxen sowie beim Austausch mit und zwischen staatlichen Behörden fließen können.

Datenschutz soll auch im Bildungsbereich „pragmatisch“ werden. Demnach sollen sich Bund und Länder auf ein „bundesweites Bildungsverlaufsregister über alle Stufen formaler Bildung“ einigen. Die Informationen sollen dann beispielsweise von der Forschung ausgewertet werden. Als ersten Schritt wünscht sich die Union eine „ländergemeinsame datenschutzkonforme Identifikationsnummer für alle Schülerinnen und Schüler (Schüler-ID / Statistik-ID)“.

Nicht fehlen darf der Dauerbrenner „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden“, mehr dazu im Abschnitt „Anlasslose Massenüberwachung“.

Die Grünen wollen einen „effektiven und zugleich praktikablen Datenschutz“. Hierfür soll „Datenschutzbürokratie“ abgebaut werden, um die Digitalisierung der Wirtschaft und die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle zu erleichtern.

Zugleich soll die Fragmentierung der Datenschutzaufsicht zurückgefahren werden, indem die DSGVO „effizienter und einheitlicher umgesetzt“ wird. Eine Bündelung von Zuständigkeiten für bestimmte Sektoren oder Forschung bei einzelnen Aufsichtsbehörden soll unter anderem Doppelregulierung und unklare Zuständigkeiten vermeiden.

In eine ähnliche Richtung gehen die Vorschläge der FDP – zumindest, was die Aufsicht betrifft. Eine Änderung des Grundgesetzes soll die Datenschutzkonferenz derart stärken, dass sie eigenständig verbindliche Beschlüsse fassen kann. Insgesamt soll es eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Datenschutzrechts geben.

Abgesehen davon sieht die FDP Daten als Wirtschaftsmotor. Eine große Rolle spielen hierbei KI-Anwendungen, Deutschland soll „zu einem der stärksten Standorte für künstliche Intelligenz in der Welt“ werden. Der wichtigste Standortfaktor sei dabei die Verfügbarkeit von Trainingsdaten, entsprechend leicht sollte der Zugang dazu fallen.

Halt machen will die FDP nicht bei der Wirtschaft, unter anderem will sie gerichtliche Entscheidungen als Trainingsdaten zur Verfügung stellen, um die „Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Justiz“ auszuloten.

Datenschutz spielt im Programm der SPD keine überragende Rolle, vielmehr sind einzelne Punkte über das gesamte Papier verstreut. Das meiste davon findet sich weiter oben im Abschnitt „Anlasslose Massenüberwachung“, etwa „automatisierte (KI-basierte) Datenanalysen“ für die Polizei.

An anderer Stelle will die SPD den Datenschutz für Opfer von Hassdelikten stärken. Die Wohn- oder Aufenthaltsanschrift soll in Strafverfahren künftig nicht mehr durch Akteneinsicht offengelegt werden müssen. Das soll Betroffene besser schützen.

In Sachen Migration will die SPD die Ausländerbehörden stärken, den Datenaustausch verbessern und ein „One-Stop-Government-Verfahren“ etablieren. „Bei der Identitätsklärung werden wir unter Beachtung des Sicherheitsinteresses des Staates für klare Regelungen sorgen“, heißt es ominös.

Möglichst früh will die Linke die „Medien- und Datenschutzkompetenz von Kindern und Jugendlichen“ fördern, was auch für das Lehrpersonal gelte. Diese müssten verstärkt zu KI, Datenschutz und digitaler Technik geschult werden. Zudem dürfe KI nicht für die Bewertung oder die Vorhersage von Lernerfolgen genutzt werden.

„Gefährliche Lücken bei Datenschutz und Datensicherheit“ bei der elektronischen Patientenakte (ePA) will die Linke unverzüglich schließen. Generell soll die ePA der Verbesserung von Behandlungen dienen, „riesige Datenmengen“ dürften nicht ohne Wissen der Patient:innen für kommerzielle Marktakteure freigegeben werden.

Wenig erhellend fällt das Programm des BSW in puncto Datenschutz aus. Verankert ist die Thematik vorrangig unter „Bürokratieabbau“. Pflichten wie elektronische Rechnungsstellung für Betriebe seien „Zwangsmaßnahmen“, die das BSW ablehnt. Zugleich soll „Tracking mittels Cookies oder anderer Verfahren“ grundsätzlich unterbleiben, wenn das Nutzer:innen in ihrem Browser so einstellen.

Bundeswehr, äußere Sicherheit und Cyber

Die Union möchte für das Militär „die eigenen Cyberfähigkeiten massiv aufbauen“, ohne jedoch konkreter zu werden. Für die Bundeswehr soll eine „Drohnenarmee“ aufgebaut werden, „inklusive der notwendigen Produktionskapazitäten“.

Bei den Grünen klingt es weniger martialisch: Die Bundeswehr soll gut ausgerüstet sein, aber Sicherheitspolitik sei „mehr als die Summe aus Diplomatie und Militär“; sie müsse alle Stränge unserer Politik zusammenführen. „Potenzielle Aggressoren“ müsse man „wirksam abschrecken“. Die Grünen setzen sich international für „neue Regeln in den Bereichen autonome Waffen, Cyber und Weltraum“ ein, die aber – gerade für das ominöse „Cyber“ – nicht weiter präzisiert werden.

Die SPD bleibt bei diesem Thema auch eher wolkig: So wollen die Sozialdemokraten „die Cybersicherheit“ stärken und „unser Land vor hybrider Kriegsführung und Sabotage durch feindliche Akteure“ verteidigen. Ansonsten verweisen sie auf das beschlossene „Sondervermögen für die Bundeswehr“.

Sowohl Linke wie BSW arbeiten sich an der gegenwärtigen Sicherheitslage in Europa und anderswo mit bekannten Argumenten ab, Vorschläge für den Umgang mit neuen Arten digitaler Auseinandersetzungen enthalten ihre Programme jedoch nicht.

Transparenz und Informationsfreiheit

Zur Informationsfreiheit und Transparenz hat die Union in ihrem Programm nichts zu sagen.

Auch die SPD erwähnt Informationsfreiheit und Transparenz in ihrem Programm nicht. Lediglich „die Lücken im Transparenzregister“ will sie schließen und es wieder für die Zivilgesellschaft zugänglich machen.

Bei der Informationsfreiheit sieht es bei den Grünen auch nicht deutlich anders aus. Sie zeigen sich in Fragen der Transparenz laut ihrem Programm aber überzeugt, dass transparente und nachvollziehbare Politik das Gemeinwohl stärke: „Parlamentsarbeit und Gesetzgebungsverfahren wollen wir transparenter gestalten“, versprechen sie. Auch „Lobbytreffen der Regierung“ sollen sichtbar gemacht werden. Wenn es nach den Grünen geht, sollen „die Sitzungen der Fachausschüsse in der Regel öffentlich stattfinden und gestreamt werden“.

Zum großen demokratiepolitischen Reformprojekt der Ampel haben Sozialdemokraten und Grüne also nichts mehr zu sagen: Das jahrelang stiefmütterlich behandelte Bundestransparenzgesetz, das endlich das veraltete Informationsfreiheitsgesetz ablösen sollte, ist ihnen keine Silbe mehr wert.

Anders die Linke, die sich klar für ein Transparenzgesetz ausspricht. „Wir setzen auf mehr direkte Demokratie, auf Maßnahmen gegen Lobbyismus und auf mehr Transparenz“, verspricht die Partei. Außerdem will sie sich dafür einsetzen, dass „alle Akten der Geheimdienste u. a. zum Oktoberfest-Attentat und zum NSU-Komplex endlich freigegeben werden“.

Das BSW hat zu Transparenz und Informationsfreiheit nichts Konkretes zu sagen, sie wendet sich aber gegen Lobbyismus, der „durch weit strengere Regeln transparent gemacht und dadurch zurückgedrängt werden“ soll.

Ausbau digitaler Infrastruktur

Die Union verspricht den Ausbau „hochleistungsfähiger Breitband- und Mobilfunknetze“ in der Fläche und fügt hinzu: „Die noch bestehenden Hindernisse beseitigen wir“. Dabei verschweigt sie zwar, was sie damit genau meint, sie will aber grundsätzlich auf „mehr Wettbewerb, Kooperationsmodelle und eine verlässliche Förderung“ setzen. Zudem kündigt sie ein wohl dem TK-Nabeg ähnelndes „wirksames Beschleunigungs-Gesetz“ an und will den Ausbau in das „überragende öffentliche Interesse“ stellen.

Die SPD sieht den Ausbau offenbar als Selbstläufer und erwähnt ihn nur am Rande, etwa beim Bürokratieabbau mit Hilfe von Digitalisierung: „Die Grundlage dafür bildet eine flächendeckende Versorgung des ganzen Landes mit Glasfaser und Mobilfunk.“ Wie sie das erreichen will, verrät sie nicht.

Die Grünen wollen den privatwirtschaftlichen Ausbau von Glasfaser und 5G-Mobilfunk mit beschleunigten Genehmigungsprozessen, alternativen Verlege-Methoden und gefördertem Open Access vorantreiben. Ziel ist „Glasfaser in Stadt und Land und Mobilfunk ohne Funklöcher“. Ländliche und strukturschwache Regionen sollen von einer erhöhten staatlichen Gigabitförderung profitieren, Verbraucher:innen von einem verbesserten Recht auf schnelles Internet – mit schrittweise erhöhten Mindestbandbreiten und einem leichteren Nachweis von Unterversorgung.

Eine „hohe Dynamik beim Glasfaser- und Mobilfunkausbau“ sieht die FDP. Die soll durch eine „passgenaue Förderung“ dort ergänzt werden, wo sich der privatwirtschaftliche Ausbau nicht rechnet. Abgesehen davon will sie den Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsunternehmen stärken.

Den bisherigen Ansatz des Infrastrukturwettbewerbs will die Linke hinter sich lassen: „Es macht keinen Sinn, dass jeder Anbieter ein eigenes Mobilfunk- und Glasfasernetz aufbaut.“ Ein einziges Netz würde „Baukosten, Material und Umweltbelastung“ sparen und überall ein schnelles flächendeckendes Netz ermöglichen. Gelingen soll das mit gefördertem kommunalen und gemeinnützigen Ausbau von Glasfasernetzen. Zudem sollen beim Recht auf Internet die Downloadgeschwindigkeit auf 100 MBit/s erhöht und zugleich die Preise gedeckelt werden, sodass sich alle einen zeitgemäßen Anschluss leisten können.

Von der Schuldenbremse ausnehmen will das BSW unter anderem den Ausbau von Netzen. Sonst findet sich dazu nicht viel im BSW-Programm.

Öffentliche Verwaltung und sogenannte Künstliche Intelligenz

Grundsätzlich soll der Union zufolge der Staat eine „strategischere und stärker datenbasierte Politik“ verfolgen. Dabei helfen soll ein neu eingerichtetes Bundesdigitalministerium. Dort will die Union die „Verantwortung für Infrastruktur, Datenpolitik, KI, Plattformen und digitale Dienste, Verwaltungsdigitalisierung und modernes Regierungshandeln“ bündeln. Kümmern soll es sich unter anderem um die gesamte Beschaffung von IT im Bund und einheitliche Schnittstellen für IT-Systeme im öffentlichen Bereich.

Mit Hilfe sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) und einer vollständig digitalisierten Verwaltung will die Union den Staat zu einem Dienstleister umbauen, der „rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche niederschwellig und nutzerfreundlich Serviceleistungen erbringen kann“.

Der Einsatz von KI soll zu schnelleren Bescheiden führen, wobei die Union ein Recht auf individuelle Überprüfung vorsieht. Vermutlich eng verknüpft mit dieser Zukunftsvision ist die Ansage, in der Ministerialverwaltung und der Bundestagsverwaltung mit mindestens zehn Prozent weniger Personal auskommen zu wollen.

Das „Once-Only“-Prinzip soll sicherstellen, dass Bürger:innen und Unternehmen ihre Daten nur ein einziges Mal an die Verwaltung übermitteln. Auch sollen alle ein „digitales Bürgerkonto“ erhalten, samt einer sicheren digitalen Identität und eigenem Postfach für Behördengänge. Die BundID soll sich, bei gleichzeitiger eIDAS-Kompatibilität, zu einer einheitlichen DeutschlandID weiterentwickeln.

Auch die SPD will die Verwaltung ins 21. Jahrhundert hieven und misst dem Kampf gegen die schleppende Digitalisierung der Verwaltung eine „hohe Priorität“ bei. Jede Verwaltungsleistung sollte von Bürger:innen digital beauftragt werden können.

Dazu sollen alle Zuständigkeiten der Verwaltungsdigitalisierung in einem Ministerium gebündelt werden. Nachgeordnete Stellen wie ITZBund, Bundesdruckerei oder das BSI sollen dann besser zusammenarbeiten, hoffen die Sozialdemokraten.

Den digitalen und problemlosen Datenaustausch zwischen allen Behörden sieht die SPD als „Schlüssel“ dafür, einen bürgernahen und vorausschauenden Staat zu schaffen. Dabei helfen soll ein System, mit dem sich Daten einmalig übermitteln lassen. Rechtlich absichern soll das ein Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern.

Zudem will die SPD die Registermodernisierung umsetzen und dabei „plattformbasierte Lösungen zur Antragsbearbeitung“ aufbauen. Dazu gehört auch ein modernisiertes Ausländerzentralregister, das zur zentralen Informationsplattform im Ausländer- und Asylrecht werden soll. Daten sollen hierbei nur einmal erfasst und allen relevanten Behörden digital bereitgestellt werden.

Für Bürger:innen mit gültigen Papieren sollen zentrale Anlaufstellen das Tor zum modernen Sozialstaat bilden und auch digital erreichbar sein. Die Anmeldung soll über eine eID oder auch über eine DeutschlandID erfolgen. Letztere soll mindestens „Verwaltungsdienste zentral und unkompliziert verfügbar“ machen.

Eine ganze Reihe an Checks soll verbindlich in der Gesetzgebungsarbeit verankert und ineinander verzahnt werden, darunter der Bürgercheck, der Praxischeck und der Digitalcheck. Damit sollen etwa alle neuen Gesetze und größeren Novellierungen vor Verabschiedung auf Wirksamkeit, Bürgernähe, Praxistauglichkeit und Digitaltauglichkeit getestet werden. Kosten sparen und Verwaltungsprozesse beschleunigen sollen ganz allgemein Automatisierung und Künstliche Intelligenz.

Die Grünen locken mit einer „Deutschland-App“. Darin sollen „schrittweise alle staatlichen Verwaltungsangebote sicher, barrierefrei und anwendungsfreundlich“ zur Verfügung stehen. Mit ein paar Klicks sollen sich darüber etwa Personalausweise beantragen oder neue Wohnungen anmelden lassen, die Anmeldung soll mittels BundID erfolgen.

Hinter der App wollen die Grünen eine „moderne, modulare und standardisierte IT-Architektur“ schaffen, bei der die Verwaltungsbereiche von Bund, Ländern und Kommunen sinnvoll ineinandergreifen. Den Arbeitsaufwand senken sollen „Modernisierung und Automatisierung, auch durch den Einsatz von KI“, zudem soll die Ministerialverwaltung des Bundes verkleinert werden.

Daten von Bürger:innen und Unternehmen wollen die Grünen ebenfalls nur ein Mal einholen, dabei unterstützen soll eine weiter vorangetriebene Registermodernisierung und -vernetzung. Dafür brauche es auch eine sichere eigene Cloud in Deutschland.

Mehr Interoperabilität soll die Grenzen unterschiedlicher IT-Systeme von Unternehmen, Behörden und Forschungseinrichtungen überwinden helfen. Dabei sollen offene Standards sowie eine Open-Source-Strategie den Weg vorgeben.

Die deutsche Verwaltung habe sich „in hohem Maße von den amerikanischen Datenkraken abhängig gemacht“, bemüht das BSW ein nicht sonderlich geglücktes Bild. Statt weitere Milliarden an Microsoft, Oracle & Co. zu überweisen, sollte die nächste Bundesregierung vermehrt auf Open-Source-Lösungen setzen.

Durch Digitalisierung erreichte „effizientere und schnellere Prozesse“ könnten Bürokratie abbauen, so das BSW. Dazu zählt etwa ein zentrales Online-Portal für Bürger:innen und Unternehmen als „One-Stop-Shop“ für alle behördlichen Dienstleistungen, in dem Daten nur einmal eingegeben werden müssten („Once-Only-Prinzip“).

Flankiert werden soll das mit einem „nationalen Tag der Entrümpelung“. Zwei Mal jährlich sollen Behörden darüber nachdenken, welche Regeln und Richtlinien nicht mehr gebraucht werden und wie Verfahren und Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden können.

Behörden und ihre Mitarbeiter müssten sich als „Dienstleister“ verstehen, fordert das BSW. Sicherstellen sollen das unter anderem durch eine kontinuierliche Zufriedenheitsbewertung für alle Behörden durch die Bürger:innen, die Ergebnisse sollen auf der jeweiligen Website der Behörde veröffentlicht werden.

Insgesamt leide die deutsche Wirtschaft unter einer „Rekordbürokratie“, was sich häufig in einer „ineffizienten und bürgerfernen Verwaltung“ widerspiegle. Die Schuld daran trage laut BSW zu einem großen Teil die EU. „Wir lehnen die Übererfüllung von EU-Standards bei der Umsetzung in nationales Recht ab“, so eine der Schlussfolgerungen – was beispielsweise einen gestärkten Whistleblowing-Schutz verhindert hätte.

Wie die Union will die FDP ein Digitalisierungsministerium einrichten und dabei etwa die Verwaltungsdigitalisierung – eine „TOP-Priorität“ – aus dem Bundesinnenministerium herauslösen. Die gesamte Behördenlandschaft soll verschlankt und umfassend digitalisiert werden. Vorhandene Strukturen sollen sich mittels KI-gestützter Verwaltungsassistenten modernisieren lassen.

Als „zentrales Element“ soll das „Government as a Platform“-Modell eine Schlüsselrolle spielen. Auf dieser einheitlichen Plattform sollen alle digitalen Verwaltungsanwendungen in Deutschland zusammenlaufen, virtuell ausweisen soll man sich mit einer DeutschlandID. In der neu geschaffenen digitalen Wallet sollen zudem die wichtigsten Dokumente und Nachweise sicher auf dem Smartphone landen und sich miteinander verknüpfen lassen.

Dazu passend setzt auch die FDP auf das Once-Only-Prinzip. Bürger:innen und Unternehmen sollen Informationen der Verwaltung nur einmal bereitstellen müssen. Erreichen will sie das mit einer „Once-only-Garantie“ und einem Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen. Vollständig digitalisieren und vernetzen will die FDP zudem das Melderegister, Unternehmensregister und Gesundheitsregister.

Eine übergreifende Digitalisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung lässt sich dem Linken-Programm nicht im Detail entnehmen. Indes fordert sie „viel mehr Open-Source-Software“, die zudem nach dem Motto „Public Money – Public Code“ allen zugutekommen muss, wenn sie mit Steuergeldern bezahlt wurde. Software, die öffentliche Verwaltungen einkaufen oder entwickeln lassen, dürfe nur noch in Ausnahmefällen proprietär sein.

Auch will die Linke ein Recht auf Open Data schaffen und ein längst überfälliges Transparenzgesetz auf den Weg bringen. Das ist verknüpft mit der Ansage, bei öffentlichen Dienstleistungen und Verwaltungen anfallende Daten anonymisiert kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Bei Ausweisvorgängen im Internet dürfen keine Daten gespeichert werden, fordert die Linke weiter, und der elektronische Personalausweis und die Gesundheitskarte müssten an eine physische Chipkarte gebunden bleiben.

App-Zwang und Leben ohne Internet

Die Union macht sich für die „Digitalisierung aller Lebensbereiche“ stark und erwähnt in ihrem Programm dazu viele Einzelpunkte, die dadurch künftig schneller gehen und vorangetrieben werden sollen. Sie plant bei der Digitalisierung eine „Offensive“, erwähnt aber keinen Aspekt, der durch eine erzwungene Digitalisierung abgefedert werden müsste.

Auch die SPD setzt auf umfassende Digitalisierung und plant, alle neuen Gesetze auf Digitaltauglichkeit abzuklopfen. Fehlende Digitalisierung gelte es abzubauen. Dass Menschen Fähigkeiten, finanzielle Mittel oder technische Möglichkeiten fehlen könnten, um an der Digitalisierung teilzunehmen, findet keine Erwähnung.

Bei den Grünen sieht es ganz ähnlich aus: Man setzt auf eine „umfassende Digitalisierung“.

Das BSW hingegen möchte niemanden vom gesellschaftlichen Leben ausschließen, der aufgrund des Alters oder einer bewussten Entscheidung „kein Smartphone besitzt“. Solche Menschen sollen nicht diskriminiert werden. Das gelte auch „für Menschen, die keinen Computer und keinen Internetanschluss“ haben. Das BSW tritt „für ein gesetzlich geschütztes Recht auf nichtdigitale Teilhabe am öffentlichen Leben“ ein.

Auch die Linke lehnt einen „Digitalzwang“ ab.

Gesundheitsbereich

Zur Digitalisierung des Gesundheitsbereichs findet sich nicht allzu viel im Programm der Grünen – was im Übrigen für alle Parteien gilt. In jedem Fall soll das Gesundheitswesen „digital und effizienter“ laufen, auch durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Was die Nutzung von Daten für Forschung und Versorgung betrifft, wollen die Grünen den Weg aus der vergangenen Legislaturperiode weitergehen.

Derweil will die FDP sicherstellen, dass die Gesundheitswirtschaft Deutschlands „zukunftsorientiert, digitalisiert und wettbewerbsfähig“ agieren kann. Darunter versteht sie offenbar, für all jene einen reduzierten Zusatzbeitrag einzuführen, die sich mit „Gesundheits-Apps, Telemedizin und Wearables“ tracken lassen. In der Pflege sollen wiederum „digitale Anwendungen, Automatisierung und Robotik“ maßgeblich zu einer Entlastung des Personals führen, hofft die FDP.

Die Union sieht die voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitsbereich als „Schlüssel zu schnellerer und sicherer Versorgung“. Weiter ausschöpfen will sie hierbei die „Potenziale der elektronischen Patientenakte, von digitalen Gesundheitsanwendungen oder des Einsatzes von KI“ – im Einklang mit dem Datenschutz, wie sie betont. Darunter versteht die Union etwa die freiwillige Weitergabe persönlicher Gesundheitsdaten für klinische Studienzwecke, was sie mit umfassender Aufklärung verbinden will.

Bei der SPD soll die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und deren Digitalisierung im Besonderen „auf mehr Gemeinwohl statt Profit“ ausgerichtet sein. Viel erwartet sie sich dabei von der elektronischen Patientenakte, die „jetzt nach 20 Jahren Stillstand“ gekommen sei. Die will die SPD künftig zu einem „persönlichen Gesundheitsberater“ weiterentwickeln. Außerdem werde KI-Medizin „die Behandlung revolutionieren“ und, so steht es zumindest ausdrücklich im SPD-Programm, Heilungen für die Krebsbehandlung und Demenz ermöglichen.

Das BSW vermeidet solch kühne Vorhersagen, indem es den Digitalisierungsaspekt vollständig ausblendet.

Die Linke hat auf dem Schirm, dass die „gefährlichen Lücken bei Datenschutz und Datensicherheit“ bei der elektronischen Patientenakte geschlossen werden müssen. Keinesfalls dürften hierbei „riesige Datenmengen ohne Wissen der Patient*innen auch für kommerzielle Player freigegeben werden“. Zudem will die Linke wissenschaftliche Bewertungsverfahren für digitale Gesundheitsanwendungen einführen und dabei Open-Source-Anwendungen öffentlich fördern.

Die Wahlprogramme der Parteien

CDU/CSU: „Politikwechsel für Deutschland“,
SPD: „Mehr für Dich. Besser für Deutschland“,
Grüne: „Zusammen wachsen“,
BSW: „Unser Land verdient mehr!“,
Die Linke: „Alle wollen regieren. Wir wollen verändern. Reichtum teilen. Preise senken. Füreinander.“
FDP „Alles lässt sich ändern.“

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