Der IT-Dienstleister Doctolib will künftig Daten seiner Nutzer:innen für das Trainieren von KI-Modellen verwenden. So steht es in den aktualisierten Datenschutzhinweisen des Anbieters, die ab dem 22. Februar wirksam werden. Doctolib beruft sich auf sein berechtigtes Interesse bei Daten wie Geschlecht, Geburtmonat und -jahr oder Antworten auf freiwillige Umfragen. Ob auch Gesundheitsdaten verwendet werden, dürfen die Nutzer:innen entscheiden.
Laut einer E-Mail, die an Account-Inhaber:innen verschickt wurde, entwickle Doctolib „fortlaufend neue daten- und KI-gestützte Produkte“. Als Beispiele nennt das Unternehmen „Erinnerungen an erforderliche Rezepterneuerungen und neue Funktionen bei den Patientennachrichten“. Nutzer:innen sollen zeitnah weitere Informationen in ihren Accounts angezeigt bekommen. „Dort haben Sie auch die Möglichkeit, Ihre Einwilligung zu erteilen. Selbstverständlich entscheiden Sie frei, ob Sie uns Ihre Einwilligung geben möchten. Diese können Sie jederzeit in Ihren Einstellungen anpassen.“
In den künftigen Datenschutzhinweisen wird klarer, um welche Art von Gesundheitsdaten es gehen könnte. In einer Liste sind etwa „Suchdaten, Terminhistorie, Dokumente, medizinische Notizen, vom Nutzer auf der Plattform eingegebene medizinische Informationen“ angeführt. Aber auch Informationen, die von den Praxen erhoben und bei Doctolib eingespeist werden, sollen dazuzählen.
Doctolibs KI-Strategie
Doctolib hatte im vergangenen Jahr einen immer größeren Fokus auf KI-Entwicklung gelegt. Im Mai verkündete das Unternehmen die Übernahme von Aaron.ai, einem KI-gestützten Telefonassistenten und bietet seitdem eine automatisierte Anrufentgegennahme als Produkt an. Nur einen Monat später übernahm Doctolib auch Typeless, das auf Spracherkennung im medizinischen Kontext spezialisiert ist. Bis Ende 2024 wollte Doctolib dann eigentlich einen „medizinischen Assistenten“ vorstellen.
Das aus Frankreich stammende Start-up Doctolib gilt als sogenanntes „Unicorn“ und ist die weitverbreiteteste Plattform für Online-Arzttermine in Deutschland. Laut eigener Aussage nutzen hierzulande 20 Millionen Patient:innen den Dienst, zudem bediene es über 100.000 Gesundheitsfachkräfte.
Doctolib war in der Vergangenheit wiederholt in die Kritik geraten. So hatte es laut einer Recherche von mobilsicher.de zeitweise sensible Gesundheitsdaten an Facebook und die Werbeplattform Outbrain übertragen. Auch sammelte es bei der Vermittlung von Arztterminen unnötig viele Daten und nutzte sie für Marketingzwecke.
Ein weiteres Problem kommt durch die Praxen, die Doctolib nutzen: Es gibt immer wieder Beschwerden von Patient:innen über Praxen, die eine Terminbuchung via Doctolib voraussetzen. In diesen Fällen werden diese praktisch von einer Behandlung ausgeschlossen, wenn sie das Portal nicht nutzen wollen.
App, die den Datenschutz ernst nimmt: …
App, die explizit auf die Verwendung persönlicher Daten besteht: „Boah ey! Die App hat jeder, die muss ich unbedingt drauf tun!“
Armes Deutschland. Doctolib ist nicht umsonst auf vielen Handys zu finden. Und gefühlt nicht einmal 3% nutzt stattdessen F-Droid, verwendet von dort eine App und verweigert, Daten für das KI-Training zur Verfügung zu stellen.
Und ich bin mir sicher, die paar Prozent an Deutschen, die der elektronischen Patientenakte widersprochen haben, werden trotzdem Datensätze hinterlassen, ganz gleich ob Doctolib installiert wurde oder nicht. Training mit sensiblen Daten, obwohl niemals zugestimmt wurde. So funktioniert der Datenschutz mittlerweile in Deutschland und es ist eine Katastrophe.
Ohne Doctolib bei vielen Praxen keine Termin.
Das ist nichtmal Versagen der Politik, das ist Vorsatz.
> Ohne Doctolib bei vielen Praxen keine Termin.
Falls das tatsächlich zutrifft muss dieses Problem für Patienten, Öffentlichkeit und Politik transparent gemacht werden.
Was kann man tun?
Wer kann eine Liste/Datenbank ins Netz stellen mit Praxen, bei denen Doctolib Voraussetzung für einen Arzttermin ist?
Beim Friseurwesen können sie gleich weitermachen. Meiner zwingt mir jetzt ne App auf – sonst keinen Termin mehr. Warum das funktionert? Weil 99% mitmachen.
Man nenne es beim Namen: Unmenschlich und Nötigung
Ein Arzt der nur eine bestimmte Zielgruppe behandeln will.
Andere nicht und hierfür erschwere ich alles, das diese abspringen oder weg bleiben.
Danke für diesen Beitrag
Schaumal an
Auch die wollen jetzt unseren Planet aufheizen und die Daten verheizen $$$
Sie überschlagen sich alle in letzter Zeit, jeder will reicher, größer, schneller, gewaltiger sein
Ach wat, Klimawandel? Wale retten?
Großes DANKE! – und schon ist das Konto gelöscht :-)
Zu Sven: Es gibt genug Friseure, die wenig verdienen, dankbar für jeden neuen Kunden sind und sich deshalb hüten werden, einem diesen App-Wahnsinn aufzuzwingen. Offensichtlich hat´s deiner nicht nötig, daher am besten wechseln.
Ansonsten gibt es Lichtblicke:
Angesichts des ersten Artikels über doctolib hier
https://netzpolitik.org/2024/doctolib-wachsender-riese-im-gesundheitsdatenmarkt/
habe ich kürzlich meinem langjährigen Zahnarzt davon erzählt und ihn gebeten, dabei nicht mitzumachen, schließlich klappe seine Terminplanung seit Jahren hervorragend. Antwort: „Dieser Mist kostet Geld, ist patientenunfreundlich und verkompliziert alles – kommt mir nicht ins Haus.“
Ich war bzw. bin sehr erfreut und habe es ihm auch so gesagt. Geht also doch!