US-GerichtGoogle ist ein Monopolist

Nicht nur sei Google ein Monopolist, sondern habe seine Marktmacht auch missbraucht. Das hat ein US-Gericht in einem wegweisenden Verfahren entschieden. Zunehmend verkleinert sich der Handlungsspielraum großer Tech-Konzerne.

Google-Chef Sundar Pichai in Warschau
Google-Chef Sundar Pichai hat derzeit wenig zu lachen: Sein Unternehmen hat massiv das US-Kartellrecht verletzt, urteilte ein US-Bundesgericht. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

In einem wegweisenden Urteil hat ein US-Bundesgericht den Suchmaschinen- und Werbeanbieter Google zu einem Monopolisten erklärt. Zudem habe das Unternehmen seine Marktmacht missbraucht, um die Monopolstellung illegal abzusichern, so der Richter in einem knapp 300 Seiten starken Urteil (PDF).

Der kartellrechtliche Fall ist der erste große der jüngeren Internet-Ära und gilt als ein großer Erfolg für die Administration von US-Präsident Joe Biden. Gemeinsam mit mehreren Bundesstaaten hatte das US-Justizministerium dem zu Alphabet gehörenden Unternehmen das vorgeworfen, was der Richter nun bestätigt hat: „Google ist ein Monopolist und hat wie ein solcher gehandelt, um sein Monopol aufrechtzuerhalten. Es hat den Abschnitt 2 des Sherman Act verletzt“, heißt es in dem Urteil.

Missbrauch der Monopolstellung

Demnach gibt es Produktmärkte für allgemeine Online-Suche sowie für allgemeine Text-Werbung neben Suchergebnissen. In beiden Bereichen habe Google ein Monopol erlangt. Dies hatte der Marktführer stets abgestritten: Schließlich könnten Nutzer:innen einfach zu einer anderen Suchmaschine wechseln, der hohe Marktanteil von rund 90 Prozent sei schlicht auf die Beliebtheit des Dienstes zurückzuführen.

Dies allein ist noch nicht illegal, sehr wohl allerdings die Praktiken, mit denen Google diese Stellung erlangt und zementiert habe, wie aus dem Urteil hervorgeht. So hat Google milliardenschwere Verträge mit Browser-Herstellern wie Apple und Mozilla, Smartphone-Herstellern wie Samsung und Motorola und großen US-Netzbetreibern abgeschlossen, um sich dort zur Standard-Suchmaschine zu machen.

Im Jahr 2021 habe Google über 26 Milliarden US-Dollar an diese Partner ausgezahlt. Mit dieser Voreinstellung, an der nur wenige Nutzer:innen rütteln, kann Google seine Partner nur umso enger an sich binden: Bei Mozilla, Hersteller des quelloffenen Firefox-Browsers, macht der Betrag etwa 80 Prozent des jährlichen Budgets aus. Wiederholt habe Mozilla deutlich gemacht, heißt es in dem Urteil, dass es ohne diese Zahlungen nicht in der Lage wäre, so zu funktionieren wie heute.

Noch nicht festgelegt sind die rechtlichen Konsequenzen des Urteils, darüber entscheidet der Richter später. Sie könnten eine milliardenschwere Geldstrafe, Abspaltungen von Geschäftsbereichen oder Auswahlbildschirme umfassen, mit denen sich Nutzer:innen selbst aktiv für eine Suchmaschine entscheiden. Google hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Unangefochtene Stellung macht bequem

Zu den für alle Beteiligten lukrativen Abhängigkeiten kommt die Datenmacht hinzu, mit der Google seine Konkurrenz immer weiter hinter sich lassen kann. Das führte schon die aus dem Jahr 2020 stammende Anklageschrift aus. Angebote wie Websuche und Werbung brauchen „komplexe Algorithmen, die ständig lernen, welche organischen Suchergebnisse und Anzeigen am besten zu den Suchanfragen passen“. Je mehr Daten Google von seinen Nutzer:innen sammeln kann, desto besser können die Suchergebnisse ausfallen.

Doch genau diese Qualität scheint in den vergangenen Jahren abgenommen zu haben. Diesen Eindruck hat nicht zuletzt eine Studie von Forscher:innen der Universität Leipzig und der Bauhaus-Universität Weimar bestätigt. Aufgrund seiner überragenden Marktposition könne Google sich dies leisten, unkte etwa Eva Galperin von der Digital-NGO Electronic Frontier Foundation (EFF): Während das Unternehmen jedes Jahr Milliarden an US-Dollar dafür ausgebe, sich zur voreingestellten Suchmaschine zu machen, seien die Suchergebnisse „zunehmend verfälscht, unsinnig und nutzlos“.

Das Urteil dürfte viele andere Kartellverfahren gegen Tech-Unternehmen beeinflussen, die derzeit in den USA anhängig sind. So hatte das US-Justizministerium etwa Apple verklagt, weil es seine Nutzer:innen mit unlauteren Methoden an seine Produkte binde. Die Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) wiederum zerrte Meta und Amazon vor Gericht. Beide sollen ihre Marktmacht missbraucht haben, um den Wettbewerb einzuschränken.

Spielraum wird auch in der EU enger

Auch in Europa reagieren Politik und Aufsichtsbehörden zunehmend auf die Probleme in digitalen Märkten. Seit im März das Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) in der EU in Kraft getreten ist, hat die EU-Kommission bereits eine Reihe an Verfahren gegen übermächtige IT-Konzerne eingeleitet, darunter auch gegen Google. Auch das deutsche Bundeskartellamt nutzt seine relativ neuen Befugnisse, um schrittweise potenzielle Probleme zu untersuchen oder gleich abzustellen.

Davon bleibt auch Google nicht verschont: „Das Unternehmen ist auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette der nicht suchgebundenen Onlinewerbung vertreten und verfügt bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen über eine außerordentlich starke Marktposition“, heißt es im aktuellen Jahresbericht der Marktwächter.

9 Ergänzungen

  1. Ich sehe da überhaupt gar kein Problem. Seit ich Android nutze benutze ich keine Google Apps, keinen Browser, keinen Kalender, keine Suchmaschine, keine Karten und seit einger Zeit auch keinen Playstore sondern Aurora Store. Daß >99% der DAUs dazu nicht in der Lage oder Willens sind, ist sicher nicht Googles Problem. Ich halte es für unbedenklich, wenn die Hersteller von Google eine Provision bekommen, wenn die Suchmaschine zunächst auf Google eingestellt ist, vorausgesetzt sie kann einfach geändert werden. Irgendwas müssen sie schließlich einstellen, denn ansonsten können die DAUs nicht suchen. auf dem Desktop kann man mit Firefox auch die Umleitung zu treffern über Google Server verhindern.

    1. @mw Monopol bedeutet, dass es irgendwann keine funktionierenden Alternativen für reflektierte Leute wie Dich gibt. Wie soll die Konkurrenz auch überleben? Mit dem Aurora Store zapfst du auch nur Google-Server an. Dem könnte Google vermutlich jederzeit einen Riegel vorschieben.

      Allgemein glaube ich nicht, dass eine Insel der Glückseligen möglich oder erstrebenswert ist. Wenn die Gesellschaft immer kaputter wird, betrifft uns das. Ich bin für Regeln, die auch technisch weniger bedarften Menschen helfen. Irgendwann bin ich auch alt und möchte mir keine CustomROMs mehr installieren müssen.

  2. Zitat: „Bei Mozilla, Hersteller des quelloffenen Firefox-Browsers, macht der Betrag etwa 80 Prozent des jährlichen Budgets aus. Wiederholt habe Mozilla deutlich gemacht, heißt es in dem Urteil, dass es ohne diese Zahlungen nicht in der Lage wäre, so zu funktionieren wie heute.“

    Mozilla hängt am Milliarden schweren Tropf von Alphabet Inc. und leistet sich als Non-Profit-Organisation dies:

    Mozilla this week said it has acquired ad metrics firm Anonym, touting the deal as a way to help the online advertising industry support user privacy while delivering effective adverts.
    https://www.theregister.com/2024/06/18/mozilla_buys_anonym_betting_privacy/

    Insofern wäre es eine gute Sache, wenn Mozilla nicht mehr „in der Lage wäre, so zu funktionieren wie heute.“

    Since 2017 Mozilla mutated to a henchman of the advertising industry. Und dieser finanzkräftigen Industrie gilt es durch Wettbewerbsrecht den Geldstrom abzudrehen, der deshalb so ergiebig sprudelt weil sie lächerlich niedrige Steuern zahlen.

    Auf der anderen Seite gibt es den Tor-Browser, als modifizierten Firefox-ESR fork. Dort wird mit viel Mühe versucht das rückgängig zu machen, was Google-finanzierte Mozilla Developer für die Werbewirtschaft in den Code implantiert.

    1. Außerdem gibt es den Mullvad Browser, der die ganzen Tor Browser patches enthält aber halt kein Tor. Für einen clearnet browser brauchbar.

    2. > Mozilla … als Non-Profit-Organisation

      The Mozilla Corporation is a wholly owned subsidiary of the Mozilla Foundation. Unlike the non-profit Mozilla Foundation, the Mozilla Corporation is a taxable entity.

      Mit anderen Worten: Die Foundation ist ein Deckmantel für die Corporation. Die Corporation soll Profite erzielen. Dabei die Hand aufhalten ist auch eine Methode.

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