Ich hatte es am Wochenende ja schon einmal angedeutet: Der Entwurf für einen Glückspiel-Staatsvertrag (PDF), wie er letzten Monat von den Ministerpräsidenten der Länder bei der EU eingereicht wurde, hat zahlreiche Schwachstellen. Nicht nur, dass auf den letzten Drücker noch eine Klausel zu Netzsperren in den Vertrag gerutscht ist (das war der Punkt, wo bei uns die Alarmglocken klingelten). Probleme gibt es auch noch an anderen Stellen.
Da ist zum Beispiel die „Experimentierklausel für Sportwetten“ §10a, die die Anzahl der Anbieter, die testweise eine Lizenz erhalten sollen (wir erinnern uns: dem EuGH missfällt das staatliche Monopol in Deutschland), beschränkt. Auf 7 Lizenzen. In Worten „sieben“. In meinen Augen ebenso realitätsfern ist die Konzessionsabgabe in Höhe von 16,67% auf „Spieleinsätze“ (Also eine Umsatzsteuer, statt z.B. einer Gewinnsteuer). Das mag bei Sportwetten evtl. gerade noch funktionieren, bei Casinospielen (insbesondere Poker, vgl. § 20) ist sie ein garantierter Showstopper.
Das hat man inzwischen auch bei der FDP gemerkt, deren Fraktionsvorsitzende auf Landesebene am Wochenende in Rostock einen durchaus bemerkenswerten Beschluss (PDF) gefasst haben:
Der Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, der von der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. April 2011 vorgelegt worden ist, wird von der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz abgelehnt. […]
Eine Begrenzung der Zahl der Konzessionen im Sportwettenbereich sowie die praktische Durchsetzung dieser Begrenzung mit Hilfe von Netzsperren sind abzulehnen, weil damit ein Placebo geschaffen werden soll, was in Wahrheit das Staatsmonopol manifestiert. […]
Deshalb fordern die FDP-Fraktionsvorsitzenden die Ministerpräsidenten der Länder auf, einen Entwurf für einen Glücksspielstaatsvertrag vorzulegen, der auf Grundlage des von der EU notifizierten Gesetzesentwurfes von FDP und CDU in Schleswig-Holstein zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielgesetz), […]
Ok, ok. Lassen wir die Meuterei in Schleswig-Holstein mal beiseite und sehen die Sache realistisch. Beim GlüStV geht es durchaus um elementare Bereiche liberaler Politik. Die Zugeständnisse, die die Fraktionsvorsitzenden andeuten, sind für die Koalitionspartner in den Ländern zudem „bezahlbar“. D.h., genau wie bereits beim Zugangserschwerungsersetz, könnte die FDP bei GlüStV mit vergleichsweise wenig Aufwand entscheidende Akzente setzen. Vor allem aber ist sie mit obigem Paper „committed“, wie man beim Poker sagt. Schaun mer mal.
(Beschluss via Kai in den Kommentaren. Danke!)
Nachtrag: Auf „ISA-Guide“, nach eigenen Angaben „Europas größtes Glücksspiel-Informationsportal im Internet“, ist im Laufe des Nachmittags ein recht ähnlicher Artikel von Andreas Schultheis erschienen. Wie es schaut, liege ich mit meiner Einschätzung gar nicht so schlecht (Und das, obwohl es bei mir bestenfalls für Mau-Mau reicht …)
Was gilt hier eigentlich als „Spieleinsatz“ bzw. was ist das einzelne Spiel?
Wird die Steuer einmalig fällig, wenn man die „Chips“ erwirbt? Oder wird sie bei jedem Einsatz der Chips fällig?
Zahlt man einmal, wenn man sich in ein Pokerspiel einkauft oder jedesmal, wenn man die Chips innerhalb des Spiels einsetzt?
Wenn man 6 Chips auf einen Roulettetisch legt, wird gleich einer einkassiert?
Solange das nicht irgendwo definiert ist (wie auch immer das sauber definierbar ist), wird sicher bald jemand auf die Idee kommen, alles als ein niemals endendes Spiel zu definieren, um die Steuer nur einmal zu zahlen auf Geld, das in das System eingezahlt wird.
Die Glücksspielanbieter, mit denen ich in den letzten Wochen gesprochen habe, interpretieren es „pro Einsatz“. Das kann bei vielen Casinospielen nicht funktionieren.
Genau, das ist das Problem. Nur von der anderen Seite betrachtet.
Ich unterstütze das Modell von der FDP aus Schleswig-Holstein, welches auch EU-konform wäre.
Um das Ganze zu untermauern mal eine einfache Rechnung: Beim Roulette gibt es 37 Zahlen (0 – 36). Setzt man auf eine Zahl, so erhält man im Gewinnfall den 36-fachen Einsatz. Setzt man nun auf jede Zahl je einen Euro, so erhält die Bank 37 Euro an Einsätzen. Da nun eine Zahl gewinnt, werden 36 Euro ala Gewinn ausgeschüttet, ein Euro bleibt beim Anbieter, also 1/37 des Umsatzes.
Angenommen es spielen nun zwei Spieler, einer setzt immer auf Rot, der andere auf Schwarz und zwar jeweils wieder je einen Euro. Der Anbieter nimmt also 2 Euro ein. Gewinnt nun entweder Rot oder schwarz, dann müssen diese 2 Euro an den Gewinner ausgeschüttet werden. Fällt nun die Zahl 0, (statistisch gesehen bei jedem 37. Spiel) so verlieren sowohl Rot, als auch Schwarz, die Einsätze verbleiben dann beim Anbieter. Auch hier wieder 1/37 des Umsatzes. Und so ist es auch bei jeder anderen Kombination von Einsätzen, der Anbieter gewinnt immer 1/37 bei einer hinreichend großen Zahl von Spielen.
1/37, das ist weniger als 3%. Wenn man weniger als 3% vom Umsatz einnimmt, kann man damit nicht 16,66% Lizenzgebühr bezahlen. Das Genze ist also Trick, um private Anbieter auszuschließen, dies aber zu verstecken.
Was soll ich davon halten, dass seit wenigen Wochen Taxis mit Leuchtreklame durch Dresden fahren. Meiner Erinnerung nach ausschließlich mit Werbung für einen einzelnen Online-Wettanbieter. Komisch das mir vorkommt^^
Tröste dich, das ging dem EuGH auch so ,)