Mit einem Monat Verspätung hat der deutsche Bundestag das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) beschlossen. Es regelt nationale Details zum Digital Services Act (DSA) der EU. Im Zentrum des Regelwerks: Welche Behörden sind in Deutschland wofür zuständig?
Die Regeln des europäischen DSA gelten seit Mitte Februar für alle Online-Dienste und sollen unter anderem dafür sorgen, dass illegale Inhalte schneller aus dem Netz verschwinden und Nutzer:innen mehr Transparenz und Widerspruchsrechte bei Moderationsentscheidungen bekommen. Während die EU-Kommission die ganz großen Plattformen dabei selbst beaufsichtigt, ist für alle anderen das jeweilige Land zuständig.
Nun ist beschlossen: Die zentrale Koordinierungsstelle wird in Deutschland bei der Bundesnetzagentur angesiedelt sein. Das war absehbar, die Bundesnetzagentur hat bereits begonnen, sich auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. So hat sie beispielsweise eine Studie in Auftrag gegeben, um sich einen Überblick über die relevanten Dienste in Deutschland zu verschaffen.
Bundesnetzagentur hat sich vorbereitet
Nutzer:innen sollen außerdem bald ein Formular bei der Koordinierungsstelle finden. Damit können sie sich beschweren, wenn sie glauben, dass ein Online-Dienst sich nicht an die Regeln des DSA hält. Außerdem können sich bei der Stelle sogenannte „Trusted Flaggers“ bewerben. Das sind privilegierte Hinweisgeber. Wenn sie einen mutmaßlich illegalen Inhalt melden, sollen die Plattformen den Hinweise priorisiert behandeln.
Im Lauf des Gesetzgebungsverfahren hat der Bundestag noch einige Regeln im DDG konkretisiert. Tabea Rößner, grüne Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Digitalausschusses, verweist auf eine ihr besonders wichtige Änderung zum Aufbau der Koordinierungsstelle: „Ministerien und Bundestag sollen bei der Auswahl der Leitung nicht mitreden.“ So soll die Stelle möglichst unabhängig arbeiten können. „Dafür wollen wir im Hinblick auf Qualifikation und Unabhängigkeit höhere Anforderungen an die Leitungsposition stellen“, so Rößner in einer Pressemitteilung. „Sie soll zudem in einem Ausschreibungsverfahren und allein durch den Präsidenten der Bundesnetzagentur ausgewählt werden.“
Wie wirksam die Regeln des DSA und DDG werden und ob Nutzer:innen dadurch in Zukunft ein sichereres Online-Umfeld haben werden, wird neben den gesetzlichen Regelungen wesentlich von der Durchsetzung der neuen Regeln abhängen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellte bei einer Untersuchung fest, dass einige Tech-Konzerne versuchen, sich teils um die Regulierung herumzuwinden. Auf die neue Koordinierungsstelle kommt also viel Arbeit zu.
Die Organisation AlgorithmWatch bedauert, dass das Gesetz wohl zu spät kommt, um Wirkung zur Europawahl zu entfalten. „Der Gesetzgeber hat argumentiert, dass der DSA nicht zuletzt das Ziel hat, die Integrität demokratischer Wahlen zu schützen”, so Geschäftsführer Matthias Spielkamp. Aber ein Streit über Zuständigkeiten habe dazu geführt, „dass die Chancen enorm gesunken sind, die Plattformen schon im Vorfeld der Europawahl wirksam zu kontrollieren.“
Geht das besonders eilbedürftige Gesetz noch morgen in den Bundesrat für ein schnelles Inkrafttreten? Dazu steht im Artikel nichts.
Das DDG ist nicht zustimmungspflichtig.
Ja, aber das Gesetz muss trotzdem durch den Bundesrat, um in Kraft treten zu können. Auch als Einspruchsgesetz. Andernfalls kann er nicht in Kraft treten und es verspätet sich weiter.