27 Ergänzungen

  1. Als Streisand-Effekt wird das soziologische Phänomen bezeichnet, wenn der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, das Gegenteil erreicht, indem ungeschicktes Vorgehen eine öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt, die das Interesse an der Verbreitung der Information deutlich steigert.

    Man mag sich fragen, ob solche Beiträge nicht das Phänomen eher befördern, indem Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird. Auch muss sich Journalismus immer die Frage gefallen lassen, in wieweit Aufreger-Themen auch instrumentalisiert werden, um selbst Aufmerksamkeit zu erlangen?

    Immerhin taugt das Phänomen „Tate“ dafür, ein Dilemma der freiheitlichen Netzgemeinde zuzuspitzen: Meinungsfreiheit soll auch in extremster Variation nicht angetastet werden, andererseits sollen toxische Entwicklungen bekämpft werden. Derzeit scheint der Stand der Debatte zu sein: Sperrt die Macher weg, beschlagnahmt ihr Vermögen, aber deren Inhalte löschen, das geht gar nicht.

    Man mag sich fragen, an welcher Stelle eigene Einstellungen Teil der Lösung sind, und wo Teil des Problems.

  2. >> Bereits im Dezember 2022 wurde Andrew Tate in Rumänien verhaftet, wo er lebt. Er kam 2023 jedoch mit der Auflage frei, das Land nicht verlassen zu dürfen.

    Das wird Herrn Tate wenig stören, denn aus seiner Sicht ist Rumänien ein Paradies, wo ungezügelter Machismus gesellschaftlich nicht nur akzeptiert, sondern geradezu kultiviert wird, wie in ganz Süd-Ost-Europa. Mangelnde Bildung und schlechte Vorbilder für Jugendliche sind der Nährboden für dieses Verhalten. In Spanien und Italien hingegen wird es in manchen Regionen hingegen besser.

    Machos werden meist folgende Charaktereigenschaften zugeschrieben:
    * Konservative Ansichten (z. B. „Kinder, Küche, Kirche“)
    * Offensives, aggressives und draufgängerisches Verhalten
    * Imponiergehabe und Narzissmus
    * Unhöfliches, überhebliches oder herablassendes Verhalten
    * Pflege von Ritualen des Kräftemessens
    * Die Neigung zu prestigeträchtigen Statussymbolen
    * Sexismus und Misogynie
    * Homophobie
    * Übertriebene sexuelle Aktivität, wobei von der Frau Unterwerfung erwartet wird

    1. > Machos werden meist folgende Charaktereigenschaften zugeschrieben

      Beobachtbares Verhalten anstatt „Charaktereigenschaften“ ist genauer. Doch wie kommt es zu solchen Verhaltensauffälligkeiten?

      Schlechte Vorbilder wurden schon genannt, hierzu gehört auch Nachahmung aus Film-Szenen, insbesondere von einschlägigen Schauspielern, die in Jugendkreisen als Verkörperungen der „harten Kerle“ dienen und Fan-Kult genießen.

      Mithin sind es jene schwachen, zurückgebliebenen, männlichen Versager, die es nötig haben ihr angekratztes Selbstbewusstsein ein wenig aufzupolieren. Viele davon sind schlicht Dauerversager beim weiblichen Geschlecht, die versuchen, über ihr Loosertum mit Großmann-Gehabe hinwegzutäuschen, was aber nur innerhalb ihrer Peer-Gruppe mäßig gelingt.

      Während junge Erwachsene ihr Macho-Verhalten während erster Beziehungen vielfach reduzieren, kann es aber bei manchen auch schlimmer werden, wenn sie trotzdem erfolgreich werden, mehr Macht erlangen, obwohl sie dieses Verhalten eigentlich nicht mehr nötig hätten. Jetzt ist es die Lust, andere von oben herab zu erniedrigen, die das Verhalten toxisch für die Gesellschaft werden lässt. Sie sollten nicht mehr bewundert werden, sondern dafür geächtet werden, ohne ihnen weitere Aufmerksamkeit zukommen zulassen.

      Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch unter Frauen immer noch/wieder fragwürdige Stereotypen von Männlichkeit grassieren, die sich auf sexuelle Begierden und Partnerschaften auswirken. Besonders Frauen, die immer wieder einen Typ von Männern auf den Leim gehen bzw. diese „anziehen“ und leidvolle Erfahrungen sammeln, sollten sich gründlich selbst hinterfragen, inwieweit sie einer subtilen Bewunderung von „Mistkerlen“ unterliegen. Haltet euch fern von Typen, die ihr nur „insgeheim“ bewundern könnt.

      1. „Mithin sind es jene schwachen, zurückgebliebenen, männlichen Versager, die es nötig haben ihr angekratztes Selbstbewusstsein ein wenig aufzupolieren.“

        Wie arrogant kann man sein? Ist aber natuerlich bequem und so herrlich selbstversichernd…

        1. Wenn männliche Jugendliche und Jungmänner denen Pubertät noch anhält, sozialpsychologisch begutachtet wurden, weil sie auffällig geworden sind, dann finden sich darunter kaum mental starke (vs. schwach), kaum erfolgreiche (vs. versagende) und kaum altersgemäß gut entwickelte (vs. zurückgebliebene) Persönlichkeiten mit gesundem (vs. „angekratztes“) Selbstbewusstsein, sondern Ausprägungen am anderen Ende der Skala. Wer solche defizitäre Eigenressourcen besitzt, hat große Motivation (hat es nötig), seine Merkmale so gut es eben geht zu überspielen (aufpolieren), vor allem in sozialen Gruppen wo ständiger unerbittlicher Vergleichs- und Überbietungskampf stattfindet.

          Ich hoffe, damit zur Minderung ihrer empfundenen Arroganz beigetragen zu haben. ;)

    2. „Übertriebene sexuelle Aktivität“
      Waaas? Das klingt aber nach Prüderie!
      „wobei von der Frau Unterwerfung erwartet wird“
      Naja, dann möglicherweise – aber, ist das belegt? Ist da wirklich viel (was ist übertrieben) Aktivität? Wir reden ja über allgemeine Merkmale, nicht anekdotisches Vorkommen.

  3. Whoa, mal kurz innehalten hier.

    Netzpolitik.org und die GFF treten in die Fußstapfen von Zensursula und machen sich für Netzsperren stark? Natürlich nur mit Richtervorbehalt – soviel Rechtsstaatlichkeit muss sein. Auch wenn das häufig nur Folklore ist (siehe https://fragdenstaat.org/blog/2023/08/22/hier-sind-die-gerichtsbeschlusse-zur-letzten-generation/).

    Doch damit werden nur Symptome bekämpft, die Ursachen bleiben bestehen. Es wird sich also genau nichts im gewünschten Sinne ändern.

    Was helfen könnte, wäre bessere Bildung. Sehr viel bessere Bildung. Das wäre natürlich ein auf Jahrzehnte angelegtes Projekt. Kurzfristige Ergebnisse sind da nicht zu erwarten.

    Doch warum den anstrengenden Weg gehen, wenn frau es sich auch einfach machen kann: Aus den Augen, aus dem Sinn.

    Wo wir schon dabei sind: Bitte auch gleich Pro-Ana-Seiten und -accounts sperren, weil dort ein gefährliches Frauenbild kolportiert wird.

    Es wäre auch denkbar, geltendes Recht durchzusetzen. Nur so als Idee.

    Der im verlinkten Deutschlandfunk-Artikel erwähnte europäische Haftbefehl hat als Grundlage Vorwürfe aus der Zeit zwischen 2012 und 2015!11!!

    1. Nein, Netzpolitik fordert hier gar nichts. Dies ist ein Artikel in der Kolumne von Carla Siepmann, also ein Meinungsartikel. Das heißt, wenn hier jemand etwas fordert dann nur Carla selbst. Aber tatsächlich zitiert sie die Accountsperren als eine Forderung der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

      Dann schreibt Carla was sie davon hält. Und das ist nicht viel: Zum einen verbreiten Tates Anhänger den Inhalt, da kann man noch so viele Accounts sperren, es bringt nichts. Es ist zu viel Inhalt und Löschen ist eh Quatsch, wenn es nicht strafbar ist.

      Schließlich fordert Carla: „Es braucht eine konsequentere Strafverfolgung, mehr Anlaufstellen für die Opfer von Gewalt im Netz sowie verbesserte Meldefunktionen auf den Plattformen.“

      Statt „konsequentere Strafverfolgung“ hätte sie auch schreiben können „geltendes Recht durchzusetzen“. Aber ich gebe dir Recht, dass ist nur ein Rummdoktern an Symptomen. Nur welche Bildung brauchen wir da? Im Grunde etwas, dass dafür sorgt, dass sich Jungs und Mädchen als gleich und gleichberechtigt ansehen. Und das fängt schon im Kindergarten an.

      Hier haben wir eine zweiteilige BBC-Dokumentation, die zeigt was man daran gehen könnte:
      https://www.youtube.com/watch?v=3Y4lgKnmWSk&list=PL2iZ3RTVA_U_RQhzssg13VONTuzAjiqdh
      https://www.youtube.com/watch?v=xRL5AhO38vo&list=PL2iZ3RTVA_U_RQhzssg13VONTuzAjiqdh&index=3

      Ich weiß, das ist alles andere als einfach: Da haben wir Frisuren, Kleidung, Spielzeug und noch viel mehr Stereotypen, die natürlich nicht mit ein bisschen Gendern verschwinden, sondern nur mit ganz viel Arbeit und Wille von allen Beteiligten.

      1. Die Frage sollte nicht „Can Our Kids Go Gender Free“ lauten, sondern „Should Our Kids Go Gender Free“. Und „Gender Free“ sollte am besten bedeuten, dass man den Gender-Humbug aus der Schule verbannt und sich auf „Education“ konzentriert.

  4. Es wird immer so viel von „digitaler Gewalt“ und „Hass“ geredet, ohne konkrete Beispiele und Belege zu nennen, was genau das sein soll. Diese Einordnung wir dem Leser einfach vorgesetzt, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, selbst zu urteilen. Finde ich vor dem Hintergrund der Debatte, wie dem rechtlich beizukommen sei, ziemlich bedenklich.

    1. „Stochastischer Terrorismus“ ist diesbezüglich mein Lieblingsunwort. – Wir haben uns SEHR weit von „Sticks and stones may break my bones, but words shall never hurt me.“ entfernt.

      1. „Stochastischer Terrorismus“ ist schlicht eine korrekte Bezeichnung fuer das entsprechende, zu beobachtende, Vorgehen und Verhalten. Hat aber eher nichts mit dem Thema des Artikels zu tun.

      2. Zu „Stochastische Gewalt und Stochastischer Terrorismus“

        Zitat:
        Der digitale Raum erweitert die Kommunikations-und Handlungsmöglichkeiten. Dies gilt auch für den Bereich der körperlichen Gewalt. Stochastische Gewalt beschreibt in diesem Zusammenhang das Entstehen von körperlicher Gewalt als wahrscheinlichen, aber im konkreten Einzelfall nicht vorhersehbaren Vorgang. Vermittelt wird dieser Prozess durch Kommunikation, für die der digitale Raum historisch einzigartige neue Voraussetzungen bietet. Ausgehend von einer systemtheoretischen Bestimmung von Gewalt als Sonderform von Kommunikation wenden wir uns der Stochastik von Terrorismus und Gewalt im digitalen Kontext zu. Für eine zeitgemäße Polizeiarbeit, so unsere These, ist das Konzept stochastischer Gewalt sowohl als Beobachtungslinse für externe Gewaltkommunikation (wie z.B. der über Hassrede in Gang gesetzten Hasskriminalität) von Bedeutung als auch im Sinne einer Selbstaufklärung über den intern durch Kommunikation erzeugten Eigenanteil an der Entstehung von Gewalt. Unser Bei-trag schließt mit Ansatzpunkten zur Prävention.
        https://www.researchgate.net/publication/357429323_Stochastische_Gewalt_und_Stochastischer_Terrorismus_als_Phanomene_einer_digitalisierten_Welt

  5. Von den „woken“ wurden Männer insbesondere Alte weiße Männer lang genug als toxisch diskriminiert usw…. Entsprechend suchen sich dann gerade junge Männer ganz betont Vorbilder die nicht „woke“ sind.

    Das sind dann leider oftmals hoch toxische oder kriminelle Personen die dann als Vorbilder genommen werden. Es bräuchte wieder positive Vorbilder für Männlichkeit, die jedoch fehlen überall komplett. Entweder sind das so toxische Alpha Typen die sich in den Vordergrund drängen, oder Leute die Männlichkeit und Stärke generell verteufeln und somit natürlich von Jungen Männern gemieden werden.

    Es bräuchte wieder mehr Positive Männliche Vorbilder in der Gesellschaft die das übernehmen können ! Ansonsten werden wir die männliche Jugend an die Rechten verlieren und das wäre fatal.

    1. Das Problem ist ein Stueck weit, dass die „woken“ eigentlich nur „weisse Maenner“ als toxisch beschreiben, denn bei anderen waere das in ihren Augen potentiell rassistisch.

      Im Ergebnis fuehlen sich die einen diskriminiert und die anderen bestaetigt und alle sehen „woke“ eher als Aergerniss, sehr kontraproduktiv.

        1. Leider haben diverse sehr sichtbare „woke Vertreter“ stark dazu beigetragen, aus dem gleichen Artikel:

          „Woke wird aber mitunter auch von Progressiven mit negativer Konnotation gebraucht, etwa um ein aggressives, rein performatives Vorgehen zu kritisieren, das der eigentlichen progressiven Agenda schade und die systemischen Ursachen der Unterdrückung nicht adressiere.[2] Der politisch linke Publizist Bernd Stegemann z. B. bezeichnete Woke abwertend als „moralistisch-regressive Politik“,[24] Susan Neiman veröffentlichte 2023 das Buch Links ist nicht woke.“

          1. Für mich ist „woke“ tatsächlich negativ konnotiert, auf Grund sehr vehement auftretender selbstbezeichneter Wokies und ihrer Standpunkte. Und mein Umfeld ist linksliberal geprägt, dass die Rechten Begriffe aktiv negativ framen wollen ist mir so klar wie diesbezüglich egal.

        2. „Der Begriff „woke“ wurde von politischen Gegnern erfolgreich „umgeframt“ und fast ausschließlich pejorativ als Kampf- und Reizwort in Debatten eingesetzt, um den eigenen anti-woke Standpunkt zu signalisieren.“

          In einem eher linksalternativen Umfeld hatte ich „woke“ als eher negativ eingeordnet, ohne das rechte framing mitbekommen zu haben. Die sichtbarsten „wokies“ waren privilegierte Bürgerkinder, die sich primär bei Themen engagierten, in denen sie radikal konsequent „allies“ sein konnten, ohne die eigenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Vorteile zu gefährden. Und das gerne inhaltlich unqualifiziert, zum Beispiel 1:1 Übernahme von US-Debatten bei totaler Ignoranz lokaler kulturhistorischer Gegebenheiten. Und auch gerne extrem aggressiv im Auftreten, da wurde schnell wegen naiver Wortwahl als „rechtsextrem“ oder gleich „Rassist/Faschist“ bezeichnet.

          Bestenfalls ein Kommunikationsdesaster.

  6. Es gibt im Übrigen auch toxische Weiblichkeit.

    Eine Form dessen strahlt ein Sender namens „ProSieben“ schon seit 2013 aus und heißt „Germany’s Next Topmodel“ und sie versuchen vorzutäuschen, dass es das mittlerweile nicht mehr sei. (Was unfreiwillig lächerlich rüberkommt, wenn ich in Archivmaterial der aktuellen Staffel sehen musste, dass die teilnehmenden Männer in normalen Schuhen glänzen dürfen und die Frauen sich auf Stöckelschuhen blamieren dürfen.)

    1. Vielen Dank für den Artikel.

      Ich finde es wichtig, dass das Thema auch hier zum Tragen kommt.

      Zu oft muss man in den letzten Jahren feststellen, dass Sexismus und Frauenhass auf social Media/online nicht nur immer sichtbarer und aggressiver wurden, sondern auch normalisiert wird.

      Da wird Frauen vorgeworfen, es einfach auszuhalten oder zu ignorieren, wenn sie online systematisch fertig gemacht werden.

      Dabei missachten die meisten Männer in der Disksussion fast vollkommen, dass dieser „Lösungsansatz“ bei solchen Personen nichts nützte.

      Die Männer machen dann weiter und stürzen sich auf die Person, bis diese online nichts mehr sagt oder ihre Präsens aktiv einschränkt und damit ihre Reichweit stagniert bzw. weniger wird.

      Diese Männer entziehen einem Teil der Menschen einen Platz im Internet und schränken eine Partizipation ein – dies ist ein reales Problem für uns alle.

  7. Die Lösung besteht darin gesellschaftlich eine gesunde Männlichkeit zu fördern und biologische und psychologische Geschlechterdifferenzen zu akzeptieren. Der einzige Grund warum Tate überhaupt so viele Anhänger hat ist, weil so viele junge Männer ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden und von Kindesbeinen durch institutionelle Misandrie im besten Fall als defekte Mädchen behandelt wurden.

    1. > weil so viele junge Männer … durch institutionelle Misandrie im besten Fall als defekte Mädchen behandelt wurden

      Wenn ich solchen Mist lese, frage ich mich sogleich, welchen Defekt der Schreiber wohl selbst hat?

    2. Stimmt, Karl. Gut, dass derartig toxische Männchen keine Chance haben, sich fortzupflynzen. Schließlich nehmen Frauen Reißaus vor Machos und suchen Zuflucht bei uns schüchternen Nerds.
      Aber ist das so?

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