Die Serie „Neues aus dem Fernsehrat“ beleuchtet seit 2016 die digitale Transformation öffentlich-rechtlicher Medien. Hier entlang zu allen Beiträgen der Reihe.
Rundfunkgesetzgeber in Deutschland sind die Länder. Sie legen den demokratischen Auftrag fest, den öffentlich-rechtliche Medien zu erfüllen haben. Sie entscheiden darüber, wer im Rundfunk- (ARD), Fernseh- (ZDF) oder Hörfunkrat (Deutschlandfunk) sitzt und die Anstalten beaufsichtigt. Und sie legen auch fest, was öffentlich-rechtliche Medien alles nicht tun dürfen – neben Spaßverboten wie jenem der „Presseähnlichkeit“ sind das in einer sogenannten Negativliste unter anderem Routenplaner, Partnerbörsen und „Business-Networks“.
Vieles, was Rundfunkpolitiker:innen derzeit an (fehlenden) Strukturen, Angeboten oder der Aufsicht kritisieren, fällt deshalb eigentlich in den Bereich Selbstkritik. Wobei natürlich die große Herausforderung darin besteht, dass neue Regeln und Vorgaben nur bei Zustimmung aller 16 Bundesländer möglich sind. Ein großer Wurf ist angesichts unterschiedlicher Interessen der Länder und zunehmender politischer Polarisierung schwierig. Als Ausweg wurde deshalb im Februar diesen Jahres die Idee eines achtköpfigen „Zukunftsrats“ entwickelt, der laut FAZ als „beratender Think-Tank“ größere Perspektiven für die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufzeigen soll.
Schwachstelle Schattenstaatsbank
Bleibt die Frage, wer diese Personen sein sollen, an die die Länder – wiederum einstimmig – die Verantwortung für die Neugestaltung von Auftrag und Struktur öffentlich-rechtlicher Medien auszulagern planen. Eine mutige und auch demokratische Variante wäre gewesen, den Zukunftsrat etwas größer als Bürger:innenrat zu gestalten – mit per Los ausgewählten Mitgliedern (vgl. dazu einen Beitrag von Leonard Novy und Henning Banthien im Tagesspiegel; zur Idee der Besetzung von Rundfunkräten ganz allgemein per Los hat der Journalist und Experte für losdemokratische Verfahren Timo Rieg mit mir vor kurzem einen Podcast aufgenommen).
Stattdessen soll vonseiten der Länder zwar Verantwortung, nicht aber Einfluss an den Zukunftsrat delegiert werden. So war man zwar offenbar übereingekommen, keine aktiven Politiker:innen und keine aktiven Gremienmitglieder in den Zukunftsrat zu nominieren. Gleichzeitig wurden aber von konservativer Seite der ehemalige CDU-Politiker und Verfassungsrichter Peter Michael Huber sowie Johannes Beermann (CDU, ehemaliger Chef der Sächsischen Staatskanzlei) nominiert. Damit würde man ausgerechnet jenen Aspekt von Rundfunkräten in den Zukunftsrat übernehmen, der dort eine der größten Schwachstellen darstellt: die Schattenstaatsbank, also ehemalige Politiker:innen mit klar parteipolitischer Agenda auf Plätzen, die eigentlich für Vertreter:innen gesellschaftlicher Gruppen vorgesehen wären.
Aber auch sonst wird der Zukunftsrat den Rundfunkräten in Sachen Repräsentativität nicht viel voraus haben, eher im Gegenteil: Unter den bislang vorgeschlagenen Zukunftsräten findet sich zum Beispiel niemand unter 30 Jahren, niemand mit Migrationshintergrund und keine Redaktionsvertreter:innen. Bei nur acht Personen ist Repräsentativität aber ohnehin schwierig zu realisieren – was eben für eine größere, per Los ausgewählte Gruppe spräche.
Fazit
Auch ein Zukunftsrat kann und wird die Länder nicht aus ihrer gesetzgeberischen Verantwortung entlassen können. Aber er wäre natürlich eine Möglichkeit, freier und zukunftsorientierter über die Reform öffentlich-rechtlicher Medien nachzudenken, ohne Rücksicht auf Parteipolitik und wahltaktische Überlegungen. Damit das gelingen kann, darf es aber keine Schattenstaatsbank geben, die genau diese Probleme wieder in den Zukunftsrat holen würde. Lieber kein Zukunftsrat, als einer, wo erst wieder vor allem parteitaktische Spielchen gespielt werden. Dann soll es die Rundfunkkommission der Länder lieber gleich selbst unter sich ausmachen.
Die Knute der „Einschalt-Quote“ muss weg, denn sie verhindert Gemeinwohl und propagiert Populismus.
Der Dauerbeschuss mit dem Genre Krimi hängt den Zuschauern zum Hals heraus.
Mehr Bildung zur Primetime, bitte!