PornhubKeine Werbezahlungen mehr über Visa und Mastercard

In den USA ist Visa angeklagt, von illegalen Aufnahmen Minderjähriger profitiert zu haben. Nun setzen zwei der größten Zahlungsanbieter ihre Dienste nicht nur für Pornhub selbst aus, sondern auch für Werbung, die auf der Seite geschaltet wird. Das Timing irritiert.

oben banner von pornhub, darunter hält eine hand eine weiße leere kreditkarte
Keine Zahlung mehr für Werbung auf Pornhub. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Kreditkarte: Claire Abdo / unsplash, Montage: netzpolitik.org

Visa und Mastercard, zwei der größten Zahlungsanbieter der Welt, haben angekündigt, keine Zahlungen mehr für Anzeigen auf der Pornoplattform Pornhub abzuwickeln. Die Entscheidungen folgten unmittelbar, nachdem ein Richter vergangene Woche eine Klage gegen Visa zugelassen hatte.

Eine damals 13-Jährige hatte gemeinsam mit weiteren Betroffenen zivilrechtlich gegen Visa und Mindgeek, das Unternehmen hinter Pornhub, geklagt. Diese sollen finanziell von einem Video profitiert haben, das gegen ihren Willen auf der Plattform verbreitet wurde – Fachleute bezeichnen solche Bilder als „Child Sexual Abuse Material“, kurz CSAM. Visa soll von diesen und weiteren illegalen Aufnahmen gewusst haben und Pornhub trotzdem weiter seine Dienste für die Zahlungsabwicklung zur Verfügung gestellt haben, so die Begründung des Richters. Damit sei das Unternehmen mutmaßlich beteiligt an der Straftat. Die Rede ist gar von einer „kriminellen Vereinbarung“.

„Neue Unsicherheit“

In einer Stellungnahme von Donnerstag meldet sich Visa-CEO Alfred Kelly zu Wort. Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und sexualisierte Gewalt gegen Kinder seien illegal und Visa erlaube keinerlei illegale Aktivitäten in seinem Netzwerk. Aus diesem Grund sei es bereits seit Ende 2020 nicht mehr möglich, mit Visa auf Pornhub oder anderen Mindgeek-Seiten mit nutzergenerierten Inhalten zu bezahlen. „Entgegen dem, was sie sie in den vergangenen Tagen womöglich gelesen haben, können Sie ihre Visakarte nicht auf Pornhub benutzen.“

Das ist richtig. Was Kelly nicht schreibt: Visa hat zwar die Zahlungsabwicklung auf Pornhub eingestellt. Wer aber Werbung auf der Seite schalten wollte, konnte diese weiterhin mit Visa bezahlen, über das Tochterunternehmen TrafficJunky.

Die Entscheidung des Gerichts habe nun eine „neue Unsicherheit“ über die Rolle von TrafficJunky geschaffen, so der CEO. Deswegen werde Visa auch dort die Zahlungen bis auf weiteres suspendieren.

Kurz nach der Veröffentlichung von Visa folgte Mastercard. In einem Statement an Gizmodo schrieb das Unternehmen, es werde Banken anweisen, keine Zahlungen mehr mit Mastercard an TrafficJunky zu akzeptieren. „Neue Fakten aus dem Gerichtsurteil der letzten Woche haben uns auf Werbeeinnahmen außerhalb unserer Sicht aufmerksam gemacht, die Pornhub mit indirekter Finanzierung zu versorgen scheinen“, sagte Mastercard. „Dieser Schritt wird unsere Entscheidung vom Dezember 2020, die Verwendung unserer Produkte auf dieser Website zu beenden, weiter durchsetzen.“

Bewegung erst auf Druck

„Neue Fakten“, „außerhalb unserer Sicht“, „unsere Regeln verbieten ganz klar“ – die Statements der beiden Zahlungsriesen zu diesem Zeitpunkt irritieren. Denn bereits zum zweiten Mal bewegen sich die Unternehmen erst, nachdem öffentlicher Druck oder rechtliches Risiko sie förmlich dazu zwingen.

Dass Visa Ende 2020 die Abwicklung von Zahlungen auf Pornhub einstellte, war damals weder auf neue Informationen noch auf veränderte Regeln zurückzuführen. Die Probleme mit nicht einvernehmlich geteilten Videos und Aufnahmen von Minderjährigen auf Pornhub waren schon länger bekannt. Es geschah, nachdem die New York Times eine Reihe von Artikeln über diese Aufnahmen veröffentlichte und damit eine Art internationale Empörungslawine gegen Pornhub ins Rollen brachte – unter die Visa offenbar nicht geraten wollte.

Professionelle Pornodarsteller:innen, deren legale und völlig unproblematische Aufnahmen ebenfalls auf Pornhub zu sehen waren, verloren damit plötzlich ihr Einkommen aus der Seite. In der Berichterstattung dominierte jedoch die Sicht von Personen, die weniger mit Gewalt und Missbrauch ein Problem zu haben schienen, als mit Pornografie und Sexarbeit an sich. Auch in der jetzigen Debatte sind Anti-Pornografie-Aktivist:innen gefragte Gesprächspartner:innen.

Und nun ist Visa doch teilweise unter die Lawine geraten, zumindest rechtlich. Denn auch wenn noch kein Urteil ergangen ist, hat das kalifornische Gericht die Klage gegen Mindgeek und Visa zugelassen. Und just in diesem Moment fällt Visa und Mastercard auf, was davor keine Rolle zu spielen schien: Dass das Finanzierungsmodell von Tube-Seiten mit kostenlosen Inhalten wie Pornhub vor allem auf Werbung basiert. Und dass es ein Problem darstellen könnte, wenn diese Werbung – mit der sich Mindgeek ganz überwiegend finanziert – weiterhin über ihre Netzwerke bezahlt werden kann.

Mindgeek: „Zuversicht in unsere Richtlinien“

Mindgeek hat auf eine kurzfristige Presseanfrage nicht geantwortet. Gegenüber Gizmodo sagte das Unternehmen: „Trotz der heutigen Aussetzung der Zahlungsakzeptanz für unsere Werbeplattform sind wir äußerst zuversichtlich in unsere Richtlinien und die Tatsache, dass wir Vertrauens- und Sicherheitsmaßnahmen eingeführt haben, die die jeder anderen großen Plattform im Internet weit übertreffen.“ MindGeek habe „die umfassendsten Sicherheitsvorkehrungen in der Geschichte der nutzergenerierten Plattform getroffen.“

Screenshot von Zahlungsmöglichkeiten auf Pornhub
„Leider können wir derzeit keine Kreditkarten akzeptieren.“ Zahlungsmethoden auf Pornhub (Bildhintergrund verfremded von netzpolitik.org)

Nachdem Visa und Mastercard ihre Dienste 2020 entzogen hatten, hatte Pornhub alle nicht-verifizierten Videos auf seiner Seite gelöscht, rund 80 Prozent aller Inhalte. Seither dürfen nur noch registrierte und per Ausweis verifizierte Nutzer:innen Videos hochladen. Premium-Abos können auf Pornhub derzeit nur per Lastschrift oder mit Kryptowährungen bezahlt werden.

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1 Ergänzungen

  1. „Keine Werbezahlungen mehr über Visa und Mastercard“
    „für Anzeigen auf der Pornoplattform“
    Schade, ich dachte der Werbesumpf würde jetzt mal ernsthaft ausgetrocknet. Da habe ich wohl das Kleingedruckte überlesen…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.