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Regierungskritische Stimmen in Gefahr
Weltweit werden Menschenrechtsaktivistinnen, Anwälte und Journalisten mit dem Staatstrojaner Pegasus ausgeforscht. Auch in Polen: Diese Woche wurde bekannt, dass der regierungskritische Rechtsanwalt Roman Giertych und die Staatsanwältin Ewa Wrzosek mit dem Staatstrojaner der NSO Group bespitzelt wurden. Nach Ungarn ist Polen das zweite EU-Land, in dem Oppositionelle mit Pegasus überwacht wurden. „Beide Opfer glauben, dass die polnische Regierung hinter dem Hack steht“, schreibt Markus Reuter. Was die die Sicherheitsbehörden des Landes zu den Vorwürfen sagen, lest ihr in seinem Bericht.
Auch Ägypten geht mit harter Hand gegen Oppositionelle und Aktivist:innen vor. Ein ägyptisches Staatssicherheitsgericht hat den berühmten Blogger und politischen Aktivisten Alaa Abd el-Fattah zu einer erneuten Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, Falschnachrichten verbreitet zu haben. Mehrere Jahre seines Lebens hat Alaa Abd el-Fattah, der zu den wichtigen Gesichtern der arabischen Revolution von 2011 zählt, schon im Gefängnis verbringen müssen – eigenen Angaben zufolge unter Folter und in Einzelhaft. Zuletzt klagte er über gesundheitliche Probleme. Markus Reuter berichtet, warum die Familie jetzt um das Leben des Demokratie-Aktivisten bangt.
Amazon hat zwar keine Staatstrojaner installiert, um Oppositionelle auszuspionieren, kooperiert dafür aber mit chinesischer Propaganda. Wenn ein Buch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf dem chinesischen Amazon verkauft wird, dann ist Kritik unerwünscht. Auf der chinesischen Webseite von Amazon ist die Möglichkeit zu Rezensionen auf Wirken des chinesischen Staates ausgeschaltet. Anders als andere Titel im Online-Laden hat das Buch bis heute keine einzige Bewertung. Markus Reuter erklärt, mit welchen Mitteln Amazon Pekings Gunst gewinnen will.
Das droht der Pornoindustrie
An Weihnachten geht der Pornokonsum traditionellerweise zurück. Kein Grund, nicht trotzdem über die Online-Anbieter und ihre Regulierer zu berichten: Erst Kamera an, Ausweis zeigen, dann Hose auf. So oder so ähnlich würden sich deutsche Jugendschützer:innen wohl eine wirksame Altersverifikation vor dem Online-Pornokonsum vorstellen. In einem Artikel-Trio berichtet Sebastian Meineck von den Plänen der Medienanstalten und erklärt, was den Pornoseiten wirklich droht.
Chris Köver kommentiert das Ganze: Während Kinder und Jugendliche nicht vor schlechten Erfahrungen geschützt werden, soll ein dystopischer Überwachungsapparat für Millionen Erwachsene entstehen. Jugendschützer:innen wollen Ausweiskontrollen vor Pornoseiten, und Netzsperren waren noch nie die Knaller-Idee, denn: „Netzsperren sind damit gleichzeitig sehr ernst und völlig albern. Ernst, weil autoritäre Staaten sich im Zweifel darauf berufen können, Deutschland mache das schließlich auch. Und albern, weil sie so leicht zu umgehen sind, dass jede:r horny Siebtklässler:in das technisch hinbekommt.“ Word.
Rezepte, aber nicht für Plätzchen
Wer im neuen Jahr ein Rezept von seiner Ärztin braucht, wird wohl auch weiterhin erstmal einen rosa Zettel statt einem QR-Code bekommen. Denn trotz großer Ankündigung wird das mit dem E-Rezept-Großrollout ab 1. Januar erstmal noch nix. Die Infrastruktur ist noch nicht so weit. Eine Meldung von Anna Biselli aus der Kategorie „Told you so!“.
Was (nicht nur) wir auch schon immer gesagt haben: Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten ist nicht mit Grundrechten vereinbar. Regierungen haben in der Hinsicht zuverlässig auf Durchzug geschaltet und wurden nicht müde, nach Gerichtsurteilen eine Vorratsdatenspeicherung neu einzuführen. Unser neuer Justizminister Buschmann will den Überwachungszombie aber offenbar wirklich begraben, schreibt Markus Reuter. Wir sind gespannt, das wäre ja wie Weihnachten!
Aber wie sieht das eigentlich auf europäischer Ebene aus? Unser Brüssel-Experte Alexander Fanta bietet einen Ausblick aufs netzpolitische Jahr 2022 in der EU. Neben Vorratsdatenspeicherung mit dabei: ePrivacy, Chatkontrolle und das Recht auf Reparatur. Erstmals konkreter geworden sind die Pläne der EU-Kommission für einen Media Freedom Act. Es geht dabei unter anderem um mehr Transparenz bei Staatsgeld für Medien. Das Vorhaben soll unabhängigen Medien den Rücken stärken. Mehr Details soll es in den nächsten Monaten geben.
Transparenz mögen wir ja generell und so hat uns auch der Urheberrechtstransparenzreport von YouTube interessiert. Wir haben dazu einen Text von Paul Keller übersetzt. Er hat sich den Transparenzreport angeschaut und kommt zum Ergebnis: Die Befürchtung, dass es durch automatisches Filtern zu Overblocking kommt, ist berechtigt. Viele automatisierte Entscheidungen hielten einer manuellen Prüfung nicht stand.
Apropos Prüfung: Das Schweizer Recherche-Team von Reflekt hat sich die Wikipedia-Artikel von Politiker:innen im Alpenland vorgenommen und einige Auffälligkeiten gefunden. Sie entdeckten Interessenskonflikte und Löschversuche und haben das ganze im Wiki-Design aufbereitet. Anna Biselli fasst die Ergebnisse zusammen. Am Ende kommt Reflekt zum Ergebnis: „So ist die Wikipedia das, was sie vorgibt zu sein: Eine wahnsinnig umfangreiche und wertvolle Online-Enzyklopädie, von Laien und Experten:innen verfasst wird – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen“.
Weihnachtszeit ist Daddelzeit
Wer an den Feiertagen endlich mal wieder Zeit zum Spielen hat und dabei auf die Plattform Roblox stößt, sollte vorher den Bericht von Christina Braun lesen. Sie fasst die Kritik am Anbieter zusammen, der laut Journalist:innen und Jugendschützer:innen seine minderjährigen Nutzer:innen nicht ausreichend schützen soll.
Auf dem anderen Ende der Altersskala sind die Senior:innen, die in Rheinland-Pfalz als Digitalbotschafter:innen unterwegs sind. Sie helfen anderen älteren Menschen im Umgang mit Smartphones und Co. und nehmen ihnen bei Kaffee und Kuchen die Angst vor den Apps. Jana Ballweber hat mit einer Digitalbotschafterin gesprochen, es geht um WhatsApp und Wetter, um Notfalleinsätze auf dem Startbildschirm und digitale Haustüren, die man besser zuschließen sollte.
Wem dabei zu warm ums Herz wird, dem legen wir unsere Lesung der ätzendsten Kommentare des Jahres ans Herz. Mit solchen Zuschriften umzugehen, ist im Zeitalter der digitalen Gereiztheit eine eigene Kulturtechnik geworden. Wir zelebrieren sie Jahr für Jahr mit einer Inszenierung. Auch diesmal hat sich Constanze Kurz wieder vor dem virtuellen Kamin platziert.
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