Im November wird die erste „Heron TP“ an die Bundeswehr ausgeliefert und auf einem Militärflughafen nahe Tel Aviv stationiert. Am Sonntag hat die Drohne ihren Erstflug in Israel absolviert, meldet die Jerusalem Post. Welcher Luftraum bei dem Test überflogen wurde, schreibt die Zeitung nicht.
Das deutsche Verteidigungsministerium hat bei dem Rüstungskonzern Israel Aerospace Industries insgesamt fünf „Heron TP“ bestellt. Im Falle eines gleichzeitigen Einsatzes in zwei Mandatsgebieten könnte sich die Stückzahl auf sieben erhöhen, sodass die ebenfalls in Israel erfolgenden Trainings auf den deutschen Drohnen nicht unterbrochen werden müssen. Derzeit werden vier deutsche Soldaten in Israel zur Steuerung und Missionsführung der „Heron TP“ geschult, insgesamt sollen 35 Teams zu je zwei Personen ausgebildet werden.
Weichen für Kampfdrohnen sind gestellt
Die „Heron TP“ wurden bewaffnungsfähig bestellt, für die Aufhängepunkte von lasergesteuerten Raketen und die notwendige Elektronik hat das Verteidigungsministerium 50 Millionen Euro bezahlt, der Anschaffungspreis summiert sich damit auf 600 Millionen Euro. Weitere 180 Millionen werden für die Stationierung der Drohnen auf einer israelischen Luftwaffenbasis und die Ausbildung des deutschen Personals fällig.
Ob die Option zur Bewaffnung wahrgenommen wird, soll aber noch vom Bundestag entschieden werden. Entsprechende Pläne hegt die schwarz-rote Bundesregierung seit zwei Legislaturen, die Parteien wollen laut dem Koalitionsvertrag aber erst „nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ über die Kampfdrohnen entscheiden.
Die Weichen für die deutschen Kampfdrohnen sind jedoch gestellt. Vor über zwei Jahren hat die Bundeswehr in Manching ein „Waffensystemunterstützungsteam Unmanned Aerial Systems“ (WaSysUstgT UAS) eingerichtet, seit Oktober 2018 ist die Abteilung einsatzbereit. Die Aufgabe der Truppe ist die Begleitung bei der Einführung des neuen Waffensystems. Hierzu gehört auch die Einsatzprüfung und die Beurteilung, ob die ausgelieferten „Heron TP“ den Anforderungen entsprechen. Das Personal in Manching soll auch „operationelle“ Fragen abdecken, Lehrgänge erfolgen an einer Pilotenschule in den USA und in Israel.
Berufsbild „Waffensystem-Operateur“
Für ihre Drohnenbesatzungen hat die Bundeswehr neue Werdegänge eingeführt. Zur Steuerung und der Bedienung von Kameras und anderen Sensoren setzt die Luftwaffe „Luftfahrzeugführer“ und „Tactical Operators“ ein. Mit bestandener Ausbildung tragen sie das Tätigkeitsabzeichen „Militärluftfahrzeugführer“. Die Auswertung der Sensordaten erfolgt hingegen durch eigens geschultes Luftbildpersonal, das bei Einsätzen auch aus Deutschland arbeiten kann.
Wenn der Bundestag der Beschaffung bewaffneter Drohnen zustimmt, kommen zu diesen Tätigkeitsfeldern „Waffensystem-Operateure“ hinzu. Auch ohne Beschlussfassung bereitet die Bundeswehr entsprechende Lehrgänge vor, ab 2021 ist die Ausbildung des Raketen-Personals geplant. Sie werden bei der Bundeswehr als „Luftfahrzeugbesatzungsangehörige“ bezeichnet.
Ab 2028 soll die „Heron TP“ durch die „Eurodrohne“ ersetzt werden. Sie wird von Airbus Defence & Space gebaut und soll neben Raketen auch Lenkbomben abwerfen können. Für die Stationierung aller großen Drohnen der Luftwaffe errichtet das Verteidigungsministerium derzeit eine Basis im schleswig-holsteinischen Jagel.
150.000 Euro für „Drohnendebatte“
Jetzt hat es die Bundesregierung eilig, offenbar steht die Entscheidung zur Bewaffnung bevor. Das Verteidigungsministerium hat deshalb eine kurze „Drohnendebatte“ durchgeführt und dem Bundestag einen Bericht übermittelt, der Gründe für die Bewaffnung anführt. Die Veranstaltungsreihe bestand aus mehreren Livechats und Anhörungen, bei denen vorrangig Bundeswehrangehörige und Abgeordnete zugegen waren. Laut dem Verteidigungsministerium haben die fünf Veranstaltungen 150.000 Euro gekostet. Wofür die hohe Summe verwendet wurde, ist unklar.
Vor einem Bundestagsbeschluss für die Einführung von Kampfdrohnen will die SPD noch eine eigene Anhörung im Bundestag durchführen. In zwei Jahren sollen die bewaffneten „Heron TP“ dann einsatzbereit sein. Die Bundeswehr will die „Heron TP“ ab 2021 in Afghanistan und ab 2024 in Mali fliegen. Ob sie dort Lenkraketen tragen, soll der Bundestag für jedes Mandat einzeln entscheiden.
Transparenz und Kontrolle durch die Öffentlichkeit?
Auch wenn ich es sehr begrüßen würde, wenn jemand dieses Vorhaben zu Fall brächte: „Wir Öffentlichkeit“ müssen vermutlich mehr Wert darauf legen, vollständig und transparent darüber informiert zu werden, wann eine Drohne „in unserem Auftrag“ jemanden umbringen soll bzw. umgebracht hat.
Aus der historischen Verantwortung Deutschlands hielte ich es für angebracht, dass im Parlament ein Roter Knopf und Zähler installiert werden, der jedes Mal gedrückt werden muss bzw. hoch zählt, wenn entweder die Planung oder die Durchführung einer Drohnen-basierten Tötung freigegeben bzw. bestätigt wird. Dann haben Journalisten und Historiker einen zentralen Ansatzpunkt, um möglichen Verbrechen nachzugehen.
Wenn klar ist, dass Fragen gestellt und von den Verantwortlichen beantwortet werden müssen, beugt das einem „Moral Hazard“ vor. Dadurch ergäbe sich wenigstens die Möglichkeit, im Bedarfsfall zeitnah nach zu steuern.
Es würde dem Parlament und damit der gesamten Bevölkerung klar machen, dass Menschen durch „deutsche“ Kampfroboter umgebracht werden – und es würde helfen, öffentlich zu diskutieren, wie weit wir gehen wollen und wo wir Deutsche Grenzen ziehen wollen/müssen.
Das ist ein von Menschen ferngesteuertes Waffensystem, was ist daran absurd oder anonymisiert? Ernst gemeinte Frage, ich verstehe es nicht.
Ich auch nicht. Vermutlich schwirrt in den meisten Köpfen das Bild der US-Exekutionen per Joystick im Niemandsland aus Nevada heraus im Kopf. Von mir aus kann die Bundeswehr auf fernbediente Luftnahunterstützung zum Schutz und zur Feuerunterstützung setzen, meinen Segen haben sie.
Kann man für diese Aufgaben der Bundeswehr seinen Segen erteilen?