Die Serienfertigung der sogenannten Eurodrohne kann nicht vor 2027 beginnen. Das schreibt das Bundesministerium der Verteidigung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Anfang des Jahres hatte die Bundesregierung noch erklärt, sie gehe „unverändert davon aus“, dass die Entwicklung bis zum Jahr 2025 abgeschlossen sei. Diesen Zeitplan hatte auch das Verteidigungsministerium zur Präsentation eines Modells auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin veröffentlicht.
Die Eurodrohne ist ein Programm der deutschen, französischen und italienischen Regierungen. Sie soll als Langstreckendrohne zur Aufklärung über feindlichem Gebiet eingesetzt werden und auch bewaffnet operieren. Das Verteidigungsministerium beschreibt dies als „Wirkung gegen stationäre und bewegliche Einzelziele“. Mit einem „überlappenden Einsatz mehrerer Systeme“ will die Bundeswehr bis zu fünf Tage durchgehend über feindlichem Gebiet aufklären. Geplant ist die Beschaffung von 21 Drohnen und 16 Bodenkontrollstationen.
„Interessenbekundungen“ aus Tschechien, Belgien und Griechenland
Mit der Entwicklung sind der europäische Rüstungskonzern Airbus Defence and Space sowie Dassault Aviation (Frankreich) und Leonardo (Italien) beauftragt. Die Endmontage eines Prototyps soll in einem Werk von Airbus erfolgen. Auch Spanien ist dem Projekt beigetreten, nach derzeitigem Stand sind dortige Firmen aber nicht an der Entwicklung beteiligt. Die Koordination des Gesamtprojekts obliegt der Gemeinsamen Organisation für Rüstungskooperation (OCCAR). Zunächst hat die OCCAR eine Konzept- und Entwurfsphase für die Eurodrohne betreut, jetzt beginnt die Entwicklungsphase.
Ende Mai hat Airbus ein Angebot für die Entwicklung der Eurodrohne vorgelegt, das derzeit von den vier beteiligten Nationen ausgewertet wird. Diese Preiskalkulation muss nun auf den aktuellen Stand gebracht und abermals geprüft werden. Erst danach beginnen die Verhandlungen über einen Vertragsschluss. Mit einer Unterzeichnung rechnet die Bundesregierung im Jahr 2020. Dann könnten weitere Regierungen auf das Vorhaben aufspringen, „Interessenbekundungen“ seien laut dem Verteidigungsministerium von den Regierungen Tschechiens, Belgiens und Griechenlands geäußert worden.
Dissens im staatenübergreifenden Rüstungsprojekt
Für die Verzögerungen ist laut dem Verteidigungsministerium der schleppende „Harmonisierungsprozess“ zwischen den beteiligten Staaten verantwortlich. Die Regierungen haben unterschiedliche technische und operationelle Vorstellungen für das System. Zu den deutschen Anforderungen an die Eurodrohne gehören der Flugbetrieb bei Tag und Nacht, „widrigen Witterungsbedingungen“, Turbulenzen sowie Flügen in Gewitternähe. Die Bundesregierung fordert auch den Einbau eines Enteisungssystems. Missionen sollen in mindestens zwei räumlich getrennten Einsatzgebieten auch unter Bedingungen des „elektronischen Kampfes“, also der Störung durch gegnerische Kräfte, möglich sein.
Über den Dissens im Rüstungsprojekt hatte zuerst das Luftfahrtmagazin Flightglobal berichtet. Demnach sind die Verzögerungen in der Entwicklung der Eurodrohne in schwer umsetzbaren Forderungen des deutschen Verteidigungsministeriums begründet. Dies hatte unter anderem der französische Senat bemängelt. Mit zwei Motoren und einem Gewicht von 10 Tonnen sei die Drohne „zu schwer, zu teuer und damit zu schwer zu exportieren“.
Deutsches Verteidigungsministerium leitet PESCO-Projekt
Für die Finanzierung hat die EU-Kommission die Eurodrohne in die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ oder engl. PESCO), in der die EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Sicherheit und Verteidigung enger zusammenarbeiten, aufgenommen. Hierfür stellt die Kommission als „Anschubfinanzierung“ 100 Millionen Euro bereit. Das hierfür eingerichtete Programm „European Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Aircraft Systems – MALE RPAS (Eurodrone)“ wird vom deutschen Verteidigungsministerium geleitet.
Mitglieder des SSZ-Drohnenprojekts sind die vier Entwicklernationen, als neuer Partner ist bei dessen Gründung Tschechien beigetreten. Die Luftwaffen der fünf beteiligten Länder sollen die Eurodrohne gemeinsam erproben und Konzepte für Trainings und Übungen entwickeln. Zu ihren Aufgaben gehört auch der Aufbau einer Infrastruktur für die Logistik. Bald könnten weitere Regierungen dem Projekt beitreten, die Länder Portugal, Belgien, Finnland, Ungarn, Niederlande und Polen sind laut der Bundesregierung Beobachter.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.