BVerfG-Urteil zum BNDGrundrechte gelten für alle

Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, dass unsere Geheimdienste einfach nicht alles machen dürfen, was sie wollen und was die Bundesregierung gerne hätte. Ein Kommentar.

Die Richterinnen und Richter vor der Verhandlung
Zwei Tage hat das Bundesverfassungsgericht über das BND-Gesetz verhandelt. – Gesellschaft für Freiheitsrechte/Paul Loves-Wagner

Durch die Snowden-Enthüllungen und den anschließenden NSA-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag wurden viele Überwachungspraktiken unserer Geheimdienste aufgedeckt, die nicht von unserer Verfassung gedeckt waren.

Die Antwort der letzten Großen Koalition auf den Skandal war deutlich: Alles, was vorher illegal praktiziert wurde, wurde nachträglich mit dem BND-Gesetz legalisiert. Und es wurden noch mehr Überwachungsbefugnisse und -Maßnahmen eingeführt.

Wir haben damals schon vorhergesagt, dass das nicht verfassungskonform sein kann. In Teilen sieht das auch das Bundesverfassungsgericht so.

Das Bundesverfassungsgericht hat heute geurteilt, dass Grundrechte auch im Ausland gelten und unsere Behörden das selbstverständlich respektieren müssen. Das BND-Gesetz wurde in Teilen für rechtswidrig erklärt.

Es ist sehr gut, dass das Bundesverfassungsgericht deutlich erklärt hat, dass hier Grenzen zu ziehen sind. Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, dass unsere Geheimdienste einfach nicht alles machen dürfen, was sie wollen und was die Bundesregierung gerne hätte. Weil man eben auch auf unser Grundgesetz vereidigt wurde und dessen Werte selbstverständlich verteidigen sollte. Es ist gut, wenn das Urteil eine bessere Geheimdienstkontrolle verlangt. Im Vergleich zu anderen westlichen Staaten ist unsere Geheimdienstkontrolle eher ein Witz und extra so aufgebaut, dass sie nicht effektiv sein kann.

Es ist schade, dass das Bundesverfassungsgericht die Praxis der anlasslosen Massenüberwachung durch die „strategische Ausland-Ausland-Telekommunikationsüberwachung“ nicht für verfassungswidrig erklärt hat.

Und wieder haben wir ein Überwachungsgesetz einer Großen Koalition, das vom Bundesverfassungsgericht zurecht gestutzt werden musste. Es liegen noch einige Verfahren aus der letzten Legislaturperiode in der Warteschlange, darunter die Vorratsdatenspeicherung.

Und es zeigt sich, dass strategische Prozessführung funktionieren kann. Dieses Urteil ist vor allem der Verdienst der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Reporter ohne Grenzen, die sich zur Klärung dieser Frage verbündet haben. Und deren Strategie und Argumentation vor Gericht Erfolg gehabt hat. Chapeau und gerne mehr!

8 Ergänzungen

  1. Zitat: „Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, …“

    Es ist nicht gut, dass es immer wieder nötig ist, dass das Bundesverfassungsgericht überhaupt bemüht werden muss. Fremdschämen muss man sich doch für einen Gesetzgeber, der immer wieder durch Karlsruhe korrigiert werden muss.

    Welcher Bundestagsabgeordnete, der für das Gesetz gestimmt hat, bekennt nun, dass er sich daran beteiligt hat, eine jahrelange Praxis von Unrecht zu ermöglichen?

      1. Die Aufsichtsinstanz ueber die Abgeordneten ist in dieser Hinsicht der Waehler. Grossen Teilen der Waehlerschaft sind ihre grundlegende Rechte offensichtlich egal, sonst wuerden sie nicht CDU/CSU/SPD waehlen. Die Waehler der FDP wollen Grundrechte sowieso abschaffen, das regelt der Markt 8)

  2. “(…) Ausländer im Ausland galten bislang für den Bundesnachrichtendienst als „vogelfrei“, monierten Kritiker in den vergangenen Jahren immer wieder. (…)“ (heise.de, 19.05.20)
    Es gibt kein rechtsfreies Ausland und keine „vogelfreien“ (rechtlosen) Menschen. Überall auf der Erde genießen alle Menschen – zumindest Formal – Schutzrechte um sie bspw. vor der Willkür ausländischer Geheimdienste zu schützen. An den Begriffen „vogelfrei“ und „rechtlos“ zeigt sich die Arroganz dieser Dienste.
    „(…) Aktive und frühere Geheimdienstler sahen sogar die Sicherheit Deutschlands bei einer möglichen harten Entscheidung des Gerichts bedroht. Sie schlossen nicht aus, dass hinter dem Verfahren eine gezielte geheimdienstlich gesteuerte Aktion stecken könnte, um der Bundesrepublik zu schaden. (…)“ Hier könnte man nun glatt vermuten diese Herren seien unter die Verschwörungstheoretiker gegangen.
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-schraenkt-BND-Massenueberwachung-deutlich-ein-4723874.html

  3. Danke für den Artikel. In der schnellebigen Zeit muss diese Frage gestellt werden, „wer war nochmal Snowden“?
    Hier nochmal ein Dank an diesen Menschen. Der hat das alles ins Rollen gebracht und zahlt wohl einen hohen persönlichen Preis…,vermute ich zumindest.

    1. Snowdens Opfer sollte im Zeitalter der Überwachung zur Allgemeinbildung zählen.

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