OK Google, wie gehst du mit kritischen Mitarbeiterinnen um?

Zwei Organisator:innen des Google Walkout verlassen den Konzern. Für Google ist das keine Lösung, sondern ein Problem.

Frau hält Schild hoch, auf dem steht Not Okay Google
Mitarbeiterinnen während des Google-Walkout im November. CC-BY-NC-ND 2.0 Prachatai

Im November hatten rund 20.000 Google-Mitarbeiter:innen ihre Arbeit niedergelegt, um gegen den Umgang des Konzerns mit sexueller Belästigung zu protestieren.

Eine der Hauptorganisatorinnen des Walkout, Meredith Whittaker, wird den Konzern nun verlassen. Das hatte zunächst am Montag ein Kollege auf Twitter geschrieben. Inzwischen hat Google die Nachricht bestätigt. Whittaker selbst hat sich auf Anfrage nicht dazu geäußert.

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Eine der lautesten Stimmen

Whittaker arbeitet seit 13 Jahren bei Google und hat dort zuletzt die Open Research Group geleitet. Im Konzern war sie eine der lautesten kritischen Stimmen. Vor dem Walkout im November beteiligte sie sich an den Mitarbeiter-Protesten gegen Googles KI-Forschung für das Pentagon (Project Maven) und eine Suchmaschine für China (Project Dragonfly).

In allen drei Fällen hatten die Mitarbeiter:innen eine Kurskorrektur des Konzerns erreicht. Maven und Dragonfly wurden eingestellt. Nach dem Walkout kündigte Google-Chef Sundar Pichai an, dass der Konzern seine Richtlinien rund um sexuelle Belästigung anpassen werde.

Neben ihrer Arbeit für Google ist Whittaker eine der Gründerinnen von AI Now, einem an die New York University angedockten Forschungsinstitut, das sich mit ethischen Fragen rund um sogenannte Künstliche Intelligenz beschäftigt. Das Institut forscht etwa zu den Risiken von Gesichtserkennung, der fehlenden Diversität im Feld oder den Auswirkungen von algorithmischen Entscheidungen auf Arbeit.

In dieser Funktion hat sich auch kritisch zu Entscheidungen von Google geäußert, zuletzt etwa zur Zusammenstellung von Googles Ethik-Aufsichtsrat. Mitarbeiter:innen forderten in einem offenen Brief, die Chefin eines rechtskonservativen Thinktanks aus dem so genannten Advanced Technology External Advisory Council (ATEAC) wieder zu entfernen, weil diese sich gegen die Rechte von Einwanderern und Transmenschen ausgesprochen hatte. Auch Whitakker hatte den Brief unterzeichnet. Kurz darauf wurde das Vorhaben abgesagt.

Engagement für Ethik: passt nicht mehr

Bereits im April hatten Whittaker und eine weitere Organisatorin der Walkouts, Claire Stapleton, gesagt, dass Google sie für ihren Aktivismus abstrafe. In einer internen E-Mail an Kolleg:innen berichteten sie über ihre Situation und forderten andere auf, gemeinsam über die Vorgänge zu sprechen.

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Zwei Monate später hat Stapleton, die in der Marketingabteilung von YouTube arbeitete, den Konzern verlassen. In einem öffentlichen Brief an Kolleg:innen schrieb sie, dass dies auch persönliche Gründe habe: Sie sei schwanger und habe die Situation am Arbeitsplatz nicht mehr ausgehalten, wo sie von ihren Chef mit einem „scharlachroten Buchstaben“ markiert worden sei. „Falls ich bliebe, fürchtete ich nicht nur weitere öffentliche Auspeitschungen, … ich rechnete damit.“

Erst habe man sie degradiert wollen. Nachdem sie sich einen Anwalt genommen hat, habe die Personalabteilung die Entscheidung rückgängig gemacht, sie allerdings aufgefordert, sich krankzumelden.

Whittaker berichtete damals, ihr Abteilungsleiter habe ihr nahegelegt, ihr Engagement für ethische KI „passe“ nicht mehr zu der Abteilung. Ihre Bemühungen, sich in eine andere KI-Abteilung versetzen zu lassen, seien gescheitert.

Google bestreitet die Vorwürfe. Man habe klare Regeln, die „Vergeltungsmaßnahmen im Arbeitsumfeld verbieten“ und alle solche Vorwürfe würden geprüft, wenn Mitarbeiter sie meldeten, sagte eine Sprecherin gegenüber Bloomberg.

Botschaft an Whistleblower:innen

Wie Google mit kritischen Mitarbeiter:innen wie Whittaker und Stapleton umgeht, ist entscheidend, weil es eine Botschaft sendet: Wer als Whistleblower die Strukturen und Entscheidungen des Konzerns kritisiert und auf ihre Veränderung hinwirkt, muss damit rechnen, abgestraft zu werden.

Damit schadet der Konzern nicht nur seinem öffentlichen Image. Er untergräbt sich selbst. Denn Whittaker und Stapleton sind keine Google-Hasser, im Gegenteil: Sie sorgen sich laut eigener Aussage um den Konzern und die Richtung, die er einschlägt. Das betont etwa Stapleton in ihrem Abschiedsbrief, wenn sie schreibt: „Es schmerzt mich sehr zu gehen, weil mir diese Firma, ihre Menschen und ihre Macht in der Welt so wichtig ist.“

Für Google sind solche Mitarbeiter:innen, die mutig und laut genug sind, um auf falsche Entwicklungen und Probleme im Konzern hinzuweisen, ein Gewinn – oder könnten es zumindest sein. Wer Expertinnen für den ethischen Einsatz von Algorithmen wie Whittaker auf seiner Lohnliste stehen hat, braucht im Grunde keinen externen Aufsichtsrat mehr, wie Google ihn einsetzen wollte.

Und wenn Mitarbeiter:innen mit ihren Protesten dafür sorgen, dass Google ab jetzt transparenter mit Belästigungsvorwürfen umgeht, dann nehmen sie dem Konzern Arbeit ab, die Menschen in den entsprechenden Abteilungen längst selbst hätten leisten müssen.

Kritische Mitarbeiter:innen wie Whittaker und Stapleton haben mit dafür gesorgt, dass Google in der Vergangenheit falsche Entscheidungen korrigierte und blinde Flecken erkannt hat. Wenn solche Menschen Google nun verlassen, dann ist das in erster Linie ein Rückschlag für Google selbst.

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