Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.
Am 2. Dezember trifft sich der Ausschuss Telemedien des ZDF-Fernsehrats zu seiner nächsten Sitzung. Schwerpunkt der Beratungen werden dabei Stellungnahmen zum Entwurf für ein neues Telemedienkonzept des ZDF sein. Denn die öffentlich-rechtlichen Anstalten dürfen zwar rechtlich seit Mai diesen Jahres neue digitale Angebote entwickeln, allerdings nur auf Basis eines solchen Konzepts, das von den Aufsichtsgremien genehmigt werden muss. Interessierte konnten bis Ende Oktober Stellungnahmen zu diesem Entwurf einreichen.
Während manche wie Kollege und Streitgesprächspartner Hermann Rotermund ihre Stellungnahmen öffentlich gemacht haben, fallen diese grundsätzlich unter eine erhöhte Vertraulichkeitsverpflichtung: es könnten Geschäftsgeheimnisse betroffen sein. Das ist schade, weil sich die digitale Neuausrichtung der öffentlich-rechtlichen Angebote durchaus eine intensivere öffentliche Debatte verdient hätte.
Umso wichtiger ist deshalb ein gemeinsamer Offener Brief (PDF) der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), des Deutschen Bibliotheksverbands e. V. sowie von Wikimedia Deutschland e. V., der sich vehement gegen die Depublizierung von Bildungsinhalten ausspricht:
digitale Bildung kann nur mit dauerhaft verfügbaren Bildungsinhalten funktionieren. Das ZDF als Anbieter solcher Inhalte verkündet in seinem derzeit diskutierten Reformkonzept eine Veröffentlichung von digitalen Inhalten für fünf Jahre. Dies wird der wichtigen Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der deutschen Bildungslandschaft des 21. Jahrhunderts nicht gerecht.
Konkret kritisieren die Briefschreiber, dass der vorliegende Entwurf für ein neues Telemedienkonzept des ZDF Bildungsinhalte aus Bereichen wie Wissenschaft, Technik, Theologie oder Ethik oder politische Bildung trotz gesetzlicher Erlaubnis weiterhin depublizieren möchte. Die drei Organisationen bedauern diese Depublikationspläne aus jeweils unterschiedlichen Gründen:
Lehrerinnen und Lehrer greifen auf Dokumentationen zurück, wenn sie gut sind, nicht nur weil sie neu sind. Die Wissenschaft und freie Wissenssammlungen wie Wikipedia setzen auf Belege, die dauerhaft online sind. Bibliotheken bieten kostenfreien Zugang zu Wissen und Informationen. Ihre Nutzerinnen und Nutzer erwarten, dass Inhaltsangebote in Bibliotheken auf Dauer und nicht zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen.
Depublizierung von der Regel zur Ausnahme machen
Hinzu kommt, dass bei Bildungsinhalten – im Unterschied zu teuren fiktionalen Angeboten wie Filmen und Serien – die Lizenzkosten für dauerhafte Zugänglichkeit in den meisten Fällen überschaubar sind. Hier stellt sich eher die Frage, ob nicht zusätzlich zur dauerhaften Verfügbarkeit auch verstärkt auf freie Lizenzen gesetzt werden sollte. Zumindest bei der ZDF Doku-Reihe Terra X hat das in einem ersten Versuch gut funktioniert. Die Redaktion begründet die freie Lizenzierung auch explizit mit dem „öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag“.
Ich werde mich jedenfalls in der bevorstehenden Ausschusssitzung sowie im Fernsehrat selbst mit aller Kraft dafür einsetzen, die geplante Depublizierung von Bildungsinhalten von der Regel zur Ausnahme zu machen. Sofern die Lizenzen vorhanden oder leistbar sind, sollten öffentlich-rechtliche Bildungsinhalte grundsätzlich dauerhaft online verfügbar sein.
Grundsätzlich finde ich es erstrebenswert, dass Bildungsinhalte dauerhaft zur Verfügung gestellt werden. Allerdings besteht auch eine gewisse Gefahr, dass Bildungsinhalte, welche teilweise interpretationsbedürftig sind und schon lange obsolet sind, so dauerhaft eine korrekte Interpretation beeinträchtigen.
Beispiel: seit Jahren wird (verkürzt) berichtet, dass das gesetzliche Rentensystem nicht mehr tragfähig sei. Nur wenige Beiträge zeichnen ein vollständiges Bild und beschreiben die absichtliche Zerstörung des deutschen Rentensystems durch Lobbying, Medien und Politik. Inzwischen scheint es (medialer) Konsens zu sein, dass das Rentensystem nicht mehr tragfähig ist, obwohl Realitäten im Ausland (Österreich) dies widerlegen, wenn man es sachgerecht organisiert.
Würden nun diese „Falschen“ oder lückenhaften „Interpretationen“ des kranken Rentensystems in ihre überwältigenden Masse im Netz bleiben, dann verändert dies die Geschichte nachhaltig, weil das was oft wiederholt wird schlussendlich zur Wahrheit wird (Orwell).
Und warum sollte eine willkürliche, zeitliche Grenze, die Qualität der Beiträge verbessern?
Nur weil die obsolete Information zufällig 5 Jahre alt ist?
Wäre es nicht nötig/wirksamer die Mediathek redaktionell -zeitnah- zu bearbeiten, und bei obsoleten Informationen einen Hinweis auf diesen Umstand und einen Link auf eine aktuellere Darstellung zugeben?
Denn auch falsche Informationen können hilfreich für den Unterricht sein.
(Medienkompetenz)
Genau so ist es.
Außerdem ist auch das was wir in den Büchern im Geschichtsunterricht gelesen haben mit Sicherheit nicht alles wahr, denn Geschichte wird von Siegern geschrieben.
Wo fangen wir also an, wo hören wir auf?
Schwierige Frage, denn auch unsere Regierung macht Politik lieber in kompletter Eingenregie, anstatt auf vernünftige Stimmen aus der Wissenschaft zu hören zur Abwechslung.
Wichtig um mit solchen Infos umgehen zu können, ist ein kritischer Geist, der in der Deutschen Schule leider nicht gefördert, sondern bestraft wird so wie unser Schulsystem aussieht.
Würde man hier mehr Augenmerk auf die Reifung der Persönlichkeit und allgemeine Bildung legen, anstatt auf Verwertbarkeit durch die Industrie und Vorbereitung auf das Studium, so könnte die Mehrheit viel einfacher selbst beurteilen, wie aktuell und wahrheitsgemäß Aussagen sind.
Fake-News, AfD und solche Sachen wären dann weit weniger relevant auf einmal.