Wenn Zuckerberg vor den Bundestag käme: Unser Wunsch-Fragenkatalog

Der Facebook-Gründer bleibt seit Jahren zu vielen Aspekten seines Geschäfts Antworten schuldig. Auch wenn er nun vor dem US-Kongress befragt wird, will sich der 33-jährige Milliardär in Europa keiner ähnlichen Anhörung stellen – bisher. Sollte er aber doch mal in den Bundestag zitiert werden, haben wir schon mal ein paar passende Fragen an ihn.

Bei einer Begegnung im Jahr 2016 sprach Zuckerberg mit Merkels damaligem Kanzleramtsminister Peter Altmaier über Hate Speech und Künstliche Intelligenz. Datenmissbrauch war (noch) kein Thema. – Public Domain Screenshot

Im Skandal um den Missbrauch von Nutzerdaten durch Cambridge Analytica und andere Datenfirmen muss sich der Facebook-Chef seiner Verantwortung stellen: Mark Zuckerberg sagt vor Abgeordneten des Repräsentantenhaus und des Senats im US-Kongress aus. Eine ähnliche Aufforderung zur Aussage vor dem britischen Parlament und dem EU-Parlament hat der Facebook-Gründer aber verweigert. Auch im Bundestag wird Zuckerberg wohl so bald nicht Rede und Antwort stehen müssen, selbst seine Geschäftsführerin Sheryl Sandberg blieb eine Antwort auf eine Vorladung aus Berlin bisher schuldig.

Wir haben dennoch schon mal die wichtigsten Fragen für eine zukünftige Anhörung von Zuckerberg im Bundestag zusammengetragen. (Ein paar ganz unschuldige Fragen haben wir heute schon veröffentlicht.) Unser Katalog soll alle Themen abdecken, in denen Facebook der Öffentlichkeit bisher Antworten schuldig geblieben ist. Anregungen dafür holten wir uns dabei von den Kollegen vom Guardian, von Bloomberg und C|Net, die selbst Listen mit Fragen an Zuckerberg veröffentlichten. Die Soziologin Zeynep Tufekci argumentiert zwar, dass wir mehr als genug wissen, um Facebook viel härter zu regulieren. Aber das hindert uns trotzdem nicht daran, lange fällige Antworten einzufordern.

Zum Teil handelt es sich um Fragen, zu denen wir bereits ausführlich berichtet haben, aber das Unternehmen bisher eine offizielle Antwort verweigert. Hier unsere Auswahl:

Transparenz und Öffentlichkeit

  • Fühlt sich Facebook gegenüber der Öffentlichkeit eigentlich rechenschaftspflichtig? Und wenn ja, warum verweigern Zuckerberg und führende Mitarbeiter ihre Mithilfe bei der parlamentarischen Aufklärung des Datenskandals um Cambridge Analytica?
  • Warum erlaubt es sich Facebook, Journalisten und Politiker in fast allen wichtigen Fällen mit inhaltsleeren Pressetexten abzuspeisen?
  • Warum lobbyierte Facebook hinter verschlossenen Türen gegen das NetzDG?

Privatsphäre und Datenschutz

  • Facebook sammelt eine Unmenge an Daten. Wem gehören diese Daten, den Usern, den Kunden oder Facebook?
  • Seit Facebooks Bestehen gab es Kontroversen um Datenschutzverletzungen und die Datenschutzprinzipien der Firma. Die US-amerikanische Federal Trade Commission verpflichtete Facebook 2011 in einem Abkommen, keine falschen Behauptungen über die Privatsphäre oder die Sicherheit der Nutzerdaten mehr zu treffen. Hat Facebook dieses Abkommen eingehalten? Weisen die wiederholten Kontroversen auf Probleme in Facebooks Datenschutzverständnis hin?
  • Facebook hat wiederholt die Datenschutzbestimmungen erst nach massivem Protest angepasst. Wird auch in Zukunft die Sicherheit der Facebooknutzer erst riskiert, bevor datenschutzfreundlichere Einstellungen implementiert oder schädliche Funktion abgestellt werden? Werden Nutzer in Zukunft Opt-in- statt Opt-out-Entscheidungen zu datenschutzrelevanten Themen treffen können?
  • Besitzt Facebook interne Mechanismen, um die Folgen von neuen Features einzuschätzen und zu bewerten? Wenn nein, warum nicht?
  • Aktivisten kritisierten in den letzten Jahren die zunehmende Praxis Sozialer Netzwerke, Posts und Nutzer für eine gewisse Zeit, ohne Mitteilung, nicht mehr in der Suchfunktion oder dem Newsfeed anzuzeigen (auch „Shadow Banning“ genannt). Wendet Facebook „Shadow Bans“ an und wenn ja, wie bestimmt Facebook, welche Nutzer auf diese Art blockiert werden?
  • Wurden Drittanbieter-Anwendungen in der Vergangenheit von Facebook geprüft? Wenn nein, warum nicht?
  • Wird Facebook Anwendungen Dritter, die Zugang auf Nutzerdaten erhalten, in Zukunft prüfen? Ist die Kontrolle durch eine unabhängige Stelle in Zukunft vorgesehen?
  • Haben Facebook-Mitarbeiter oder Dritte Zugriff auf die Nachrichten des Facebook Messengers? Wenn ja, unter welchen Umständen?
  • Haben Facebook-Mitarbeiter oder Dritte Zugriff auf WhatsApp-Nachrichten? Und auf welche Art werden die Nutzerdaten des Messengerdienstes für Facebooks Werbezwecke genutzt?
  • Facebook, Whatsapp und Instagram ermuntern Nutzer dazu, ihre Telefonbücher hochzuladen. Warum werden die Nutzer nicht darauf hingewiesen, dass es datenunhöflich ist, ohne Rücksprache die Daten ihrer Freunde hochzuladen. Und warum nutzt Facebook diese Daten, ohne die Betroffenen zu fragen?

Einfluss auf Wahlen

  • Mit welchem Ergebnis hat Facebook den Einfluss russischer Werbung auf die US-Wahlergebnisse 2016 untersucht?
  • War eine Einflussnahme aus dem Ausland oder von anderen Interessengruppen auch in Deutschland möglich?
  • Vor der Bundestagswahl wurden deutschen Facebook-Usern „Geh Wählen“-Buttons angezeigt. Wurden diese Buttons wirklich allen Facebooknutzern Deutschlands angezeigt? Und wie stellt das Unternehmen fest, wer wirklich in Deutschland wählt?
  • In welchen Ländern werden noch „Geh Wählen“-Buttons angezeigt?
  • Wie möchte Facebook eine Einflussnahme auf Wahlen durch ausländische oder andere Akteure künftig verhindern?

Geld und Gesellschaft

  • Mark Zuckerberg sagt, er wolle die EU-Datenschutzgrundverordnung „im Geiste“ auch weltweit umsetzen. Wie passt das zu Facebooks Lobbyanstrengungen in Kalifornien gegen strengere Datenschutzregeln?
  • Gleichzeitig hat Mark Zuckerberg Interesse geäußert, Facebook in China zugänglich zu machen, was wahrscheinlich nicht ohne Selbstzensur ginge. Wird es zukünftig Facebook-User verschiedener Klassen geben? Woran stellt Facebook fest, aus welchem Land ein Nutzer kommt?
  • Zuckerberg sagte, es würde Jahre dauern, Facebooks aktuelle Probleme zu lösen? Warum dauert dies so lange? Können wir wirklich jahrelang warten?
  • Facebooks Geschäftsmodell ist es, Daten zu sammeln und durch zielgruppenspezifische Werbung Geld zu verdienen. Wie lässt sich dies mit den Forderung nach Datensicherheit in Einklang bringen?

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10 Ergänzungen

  1. Ich möchte anregen, künftig auch Schnapsproduzenten vorzuladen, um sie zu fragen, warum Alk besoffen macht und was sie dagegen zu tun gedenken.
    Interessant wäre auch herauszufinden, ob sie sich bewusst sind, daß sie mit dem Suff Wahlen und die Beteiligung an selbigen beeinflussen.

    Als Vorsitzenden des Gremiums hätte ich gern Harald Juhnke vorgeschlagen.

  2. Danke für den Bericht.
    Ich würde gerne netzpolitik fragen:
    1.)Wann kommt Ihr wieder aus dem Facebook-Hamsterrad?
    2.)Könntet Ihr wenigstens mal auf Alternativen hinweisen? Und als ersten Schritt eine freie Platform nutzen und nur eine „Weiterleitung“ zum Facebook einrichten?
    3.)Wann wird Netzpolitk mal wieder mutiger? Und macht z.B. eine Art Artikelserie von Influencerin, die sich dazu bekennen, ohne Facebbok klarzukommen?
    4.)Wann macht Ihr eine Artikelserie, wie die Alternativen zu Facebook und Co. aussehen. Und zwar für die Privatleute und für die Firmen, die denken, die FB-Werbung zieht. Wäre das was?

    1. 1.)Wann kommt Ihr wieder aus dem Facebook-Hamsterrad?

      Wir waren nie in deren Hamsterrad, sondern spielen an verschiedene Orten im Netz unsere Links aus, auch auf Facebook.

      2.)Könntet Ihr wenigstens mal auf Alternativen hinweisen? Und als ersten Schritt eine freie Platform nutzen und nur eine „Weiterleitung“ zum Facebook einrichten?

      Wir bieten seit langem ebenfalls vergleichbare Angebote in alternativen sozialen Netzen an, wie z.B. Mastadon: https://chaos.social/@netzpolitik_feed

      3.)Wann wird Netzpolitk mal wieder mutiger? Und macht z.B. eine Art Artikelserie von Influencerin, die sich dazu bekennen, ohne Facebbok klarzukommen?

      Wir finden Influencer generell eher langweilig und haben wichtigere Themen zu bearbeiten.

      4.)Wann macht Ihr eine Artikelserie, wie die Alternativen zu Facebook und Co. aussehen. Und zwar für die Privatleute und für die Firmen, die denken, die FB-Werbung zieht. Wäre das was?

      Wir berichten regelmäßig über Alternativen. Aber guter Hinweis, wir holen die Artikel aus dem Archiv, mit mehr Ressourcen würden wir auch regelmäßig neue Artikel schreiben.

      1. Hi,
        zu den Alternativen. a.)Ja, ich weiss, dass Ihr sowas anbietet. Nur leider nicht an den Stellen – Weitersagen und Unterstützen- dort gibt es nur den FB-Link usw. (ich hoffe, ich habe den nicht übersehen). Das geht als offensiver, im Sinne von mutiger.
        b.)Ja, Ihr berichtet regelmäßig über Alternativen- auch das finde ich gut. Nur, aktuell ist mir das zu wenig, denn jetzt ist FB im Negativ-Fokus und einige stöbern nicht in den Archiven, um Alternativangebote zu finden.
        c.)Zum letzten Punkt: „Und zu unserer Mission gehört es, Menschen zu erreichen und aufzuklären. Wenn wir das nur mit denjenigen machen, die bereits bekehrt sind, dann reicht uns das nicht.“ Deswegen schlage ich ja vor, eine alternative Plattform nehmen und einfach zum Facebook weiterleiten!
        Danke für die Antworten. Gemeinsam kommen wir aus der Ohnmacht- halt ein emotionales Thema, nicht wahr!

        1. a.)Ja, ich weiss, dass Ihr sowas anbietet. Nur leider nicht an den Stellen – Weitersagen und Unterstützen- dort gibt es nur den FB-Link usw. (ich hoffe, ich habe den nicht übersehen). Das geht als offensiver, im Sinne von mutiger.

          Die Buttons müssen wir noch evaluieren, vielleicht schmeißen wir die auch komplett raus. Ich weiß nur nicht, obs für Mastadon, Diaspora & Co und so ähnliche Funktionalitäten gibt.

          b.)Ja, Ihr berichtet regelmäßig über Alternativen- auch das finde ich gut. Nur, aktuell ist mir das zu wenig, denn jetzt ist FB im Negativ-Fokus und einige stöbern nicht in den Archiven, um Alternativangebote zu finden.

          Ist uns bewusst, aber wir sind leider ein kleines Team und irgendwer hat immer Urlaub oder jemand ist krank. Und manchmal kommt das alles zusammen.

          c.)Zum letzten Punkt: „Und zu unserer Mission gehört es, Menschen zu erreichen und aufzuklären. Wenn wir das nur mit denjenigen machen, die bereits bekehrt sind, dann reicht uns das nicht.“ Deswegen schlage ich ja vor, eine alternative Plattform nehmen und einfach zum Facebook weiterleiten!

          Unsere alternative Plattform ist netzpolitik.org. Von hier aus schicken wir alles auf andere PLattformen, mal automatisiert, mal händisch. Das hängt auch davon ab, wieviele Menschen man (derzeit) erreicht. Auch da spielen wieder die Ressourcen eine große Rolle, wir haben hier keinen Social Media Manager, der sowas für uns macht, das machen wir alles selbst und müssen uns auch fokussieren.

  3. Die Wortschöpfung „datenunhöflich“ wirkt auch mich sehr gekünstelt. Warum nicht ganz klassisch „unhöflich“?

    1. Weil das in dem Fall wohl eine vornehme Umschreibung für blöd ist.
      Man möchte aber nicht die Leute vor den Kopf schlagen, die man noch immer über FB zu erreichen meint.

      Huhu, Ihr FB-User!
      Könntet ihr bitte mal so freundlich sein und hier erklären, was es euch unmöglich macht, hier ohne den Weg über FB zu lesen?!
      Für mich ist das nicht nachvollziehbar.
      Danke!

      1. 48 Stunden und keiner hat den Bots beigebracht, auf externen Plattformen auf solche Fragen zu antworten.
        Oder können die FB-User nicht schreiben? Womöglich nicht mal lesen, sondern nur Bildchen glotzen?

        Alle 11 Millisekunden verarscht ein Programmchen in Deutschland einen Webseitenbetreiber. :-)

  4. Die Bundesregierung ist seit Jahren ein guter Facebook-Kunde. Dass sie so viel Geld für Digitales ausgibt, hätte man der Bundesregierung gar nicht zugetraut: In der vergangenen Legislaturperiode zahlte sie Facebook über beauftragte Werbe- und Mediaagenturen indirekt knapp vier Millionen Euro für Online-Werbung.

    Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Otto Fricke hervor, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.

    In der Zeit von Oktober bis Dezember 2017 gab die Regierung indirekt weitere knapp 670.000 Euro (brutto) für Facebook-Werbung und das Bewerben eigener Posts aus – obwohl sie nur geschäftsführend im Amt war.

    Am meisten Geld in Facebook-Anzeigen hat das Bundesverteidigungsministerium investiert: Zwischen Dezember 2013 und Februar 2018 gab es für verschiedene Kampagnen insgesamt 3,34 Millionen Euro aus.

    Mit Bezug auf genau die von der Bundesregierung an Facebook gezahlten Beträge möchte ich wissen, welche Steuern wo und in welcher Höhe von der Firma Facebook gezahlt wurden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.