#np13 – Datenjournalismus als Gegenpol zur staatlichen und kommerziellen Datenanalyse

Viele Medien betreiben datenjournalistische Projekte. Datenjournalist Michael Kreil erzählte, welchen gesellschaftlichen Auftrag der Datenjournalismus hat und welche Möglichkeiten und Projekte es derzeit gibt.

Michael Kreil bei seinem Vortrag auf der „Das ist Netzpolitik!“-Konferenz CC-BY-SA 4.0 Jason Krüger für Netzpolitik.org

Am 1. September 2017 fand unsere vierte „Das ist Netzpolitik“-Konferenz im Kosmos in Berlin statt. Alle Vorträge finden sich als Audio und Video auf media.ccc.de und Youtube.

Immer mehr Medien setzen auf Datenjournalismus. Michael Kreil arbeitet bei Data Science and Storys, dem Datenjournalismus-Team der Berliner Zeitung Tagesspiegel. Unter dem Titel „Datenjournalismus für die Informationsgesellschaft“ gab er auf der „Das ist Netzpolitik!-Konferenz“ einen Überblick über die Möglichkeiten von Datenjournalismus und stellte verschiedene Projekte vor.

Datenjournalisten arbeiten mit einem gesellschaftlichen Auftrag

„Ein Freund von mir hat den Fehler gemacht, einen Daten-Nerd auf seine Party einzuladen – und zwar mich“, beginnt Kreil seinen Vortrag und erzählt, wie er anhand der Einladung das Facebook-Netzwerk seines Freundes analysiert hat. Der Datenjournalismus hat in den letzten Jahren zugelegt, doch das ist nur „Kinderkram“, wie Kreil sagt. Geheimdienste oder Internet-Unternehmen wie Google oder Facebook haben viel größere Datenanalyseabteilungen. „Die Frage ist allerdings, ob das die guten Data Scientists sind“, meint Kreil.

„Das Spannende an Datenjournalisten ist, dass sie mit ihren Fähigkeiten Daten im gesellschaftlichen Auftrag analysieren können.“

Datenjournalisten bilden Kreil zufolge den Gegenpol zu den Datenanalytikern bei Geheimdiensten und Unternehmen. Sie können komplexe Daten visualisieren und damit abstrakte Themen erklären.

„Es gibt so viele Themen, die schlecht in den normalen Medien wie Bild, Text oder Video zu beschreiben sind. Das dann als interaktive Anwendung zu haben, kann ein Riesenvorteil sein.“

Guter Datenjournalismus funktioniert nur im Team

Michael Kreil stellt verschiedene interaktive Projekte vor, die er und sein Team in den letzten Jahren erstellt haben. Etwa das Lobbyradar, das die Lobby-Netzwerke der Hauptstadt grafisch darstellt oder die GSM Map, die zeigt, wie gut die Mobilfunknetze verschlüsselt sind. Auch mit netzpolitik.org gab es schon Kooperationen – so haben wir gemeinsam das Twitter-Netzwerk der AfD analysiert und visualisiert.

Kreil betont, dass guter Datenjournalismus nur im Team funktionieren kann. Man braucht Programmierer, die Tools zur Datenanalyse bauen und Anwendungen technisch umsetzen können. Man braucht Journalisten, die in den Daten Storys finden und erzählen können. Und man braucht Designer, die die Daten nutzerfreundlich darstellen können.

Viele Daten sind öffentlich verfügbar

Doch auch alleine kann man sich an datenjournalistischen Anwendungen versuchen. „Datenjournalismus kann jeder machen“, sagt Kreil. Er verweist auf die vielen öffentlichen Daten – etwa von Verwaltungen oder Websites – die man abgreifen und auswerten kann. Bei der Umsetzung sollte man mit freien Lizenzen arbeiten und seine Methodik öffentlich machen, um der Community die Möglichkeit zu geben, die eigene Arbeit zu bewerten und zu kritisieren.

Der Vortrag ist auch als Audiodatei verfügbar:

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