Treue Gefolgschaft – so twittert die AfD

Die AfD schafft sich auf Twitter eine eigene Öffentlichkeit. Eine umfangreiche Datenanalyse von netzpolitik.org und Tagesspiegel ergibt: Die Partei spielt dabei nicht immer mit offenen Karten.

Das Twitter-Netzwerk der AfD. Links ganz groß: Der AfD-nahe Scheinriese @balleryna. – Alle Rechte vorbehalten Tagesspiegel / netzpolitik.org

Ein Artikel von Hendrik Lehmann, Lisa Charlotte Rost, Maria Fiedler, Markus Reuter und Michael Kreil.
Der Berliner Landesverband der AfD war dabei. Der Ortsverband in Magdeburg. Auch einzelne Politiker der Partei, etwa aus dem Berliner Abgeordnetenhaus. Sie alle verbreiteten Anfang März auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: Die Medien hätten eine „massive Reisewarnung“ für Schweden verschwiegen. Viele AfD-Anhänger teilten das, streuten die vermeintliche Nachricht noch weiter.

Später sah sich sogar das Auswärtige Amt genötigt klarzustellen, es gebe keine Reisewarnung. Die Partei verbreite Falschnachrichten, Fake News also. Doch das erreichte viele AfD-Anhänger schon nicht mehr. Und nach dem Anschlag in Stockholm fühlt man sich in der AfD ohnehin bestätigt.

Ob auf Facebook, Twitter oder der Videoplattform YouTube: In den sozialen Netzwerken schafft sich die AfD ihre eigene Öffentlichkeit. „Die Partei hat mit dem Schimpfen auf die ,Lügenpresse’ einen Bedarf nach wahrhaftigen Medien geschaffen. Den versucht sie jetzt durch eigene Parteikanäle zu befriedigen“, sagt der Politikberater Johannes Hillje, der seit Längerem die AfD beobachtet. Er sieht in den Netzwerken der AfD einen Paralleldiskurs, der an der Medienöffentlichkeit vorbei geführt wird. Das hat schon Donald Trump zum Wahlsieg verholfen und könnte auch den Rechtspopulisten auf dem Weg in den Bundestag nützen.

Wer erfahren will, wie genau die Strategie der AfD in den sozialen Netzwerken funktioniert, der nimmt sich am besten den Kurznachrichtendienst Twitter vor. Alles, was hier gepostet wird, ist öffentlich. Die wichtigste Währung: der „Retweet“. Wenn also Nutzer die Botschaft eines anderen an ihre eigenen Anhänger, die „Follower“, weiterverbreiten.

800 Accounts seit Dezember analysiert

Journalisten und Datenanalysten von Tagesspiegel und netzpolitik.org haben in den vergangenen Monaten gemeinsam das Twitterverhalten der Partei und parteinaher Nutzer analysiert. Die insgesamt 800 Accounts, die dafür seit Dezember 2016 beobachtet wurden, erlauben einen detaillierten Einblick in die Vorgehensweise und das Netzwerk der Partei.

Schaut man sich die Entwicklung der AfD auf Twitter an, fällt zuallererst eines ins Auge: Der offizielle Twitter-Account der Bundespartei wurde am 24. September 2012 gegründet – mehr als fünf Monate, bevor sich die AfD im Februar 2013 offiziell gründete. Parteichefin Frauke Petry und ihr heutiger Mann Marcus Pretzell traten kurz nach der Gründung der AfD Twitter bei. Und möglicherweise waren sie schon lange, bevor sie öffentlich ein Paar waren, näher miteinander bekannt: Sie eröffneten ihre beiden Accounts innerhalb von 24 Stunden am 16. und 17. März 2013. Inzwischen führt Petry das Twitter-Ranking der AfD-Politiker mit Abstand an, wie die Grafik zeigt. Über 38 500 Nutzer folgen ihr, weit mehr als dem durchschnittlichen Bundestagsabgeordneten auf Twitter. Aber auch mehr als der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter oder dem Linken-Chef Bernd Riexinger.

Diese Medien teilt die AfD auf Twitter

„Die AfD fährt vorrangig eine stark personalisierte Twitter-Strategie“, sagt Politikberater Hillje. Petry, Pretzell und auch die Berliner Landeschefin Beatrix von Storch seien sehr aktiv. Sie nutzten ihre Accounts, um Schlagzeilen zu machen. Wie etwa Pretzell, der nach dem Anschlag am Breitscheidplatz von „Merkels Toten“ sprach. Daneben verbreitet die AfD ihre Botschaften auch über die offiziellen Twitterkonten der Bundespartei sowie des Mitgliedermagazins „AfD Kompakt“. „Hier ist die Logik des alternativen Mediums zu erkennen. Auf diesen Accounts wird Pseudojournalismus betrieben“, sagt Hillje. Die AfD wolle ihren Anhängern vermeintlich „wahrhaftige Informationen“ liefern.

Wenn die Partei dann doch Links von journalistischen Medien teilt, dann verweisen diese im Vergleich mit anderen Parteien überdurchschnittlich häufig auf „B.Z.“, Focus Online und Welt.de. Besonders oft empfiehlt sie auch Artikel der neurechten Zeitung „Junge Freiheit“.

Der Scheinriese

Die AfD profitiert auf Twitter von ihrem großen Unterstützernetzwerk. Der vermeintlich reichweitenstärkste Kanal aus ihrem Umfeld ist ein Account namens „Balleryna“ mit fast 300 000 Followern. Lange Zeit zierte eine blonde Frau mit Pferdeschwanz und großen Ohrringen den Account, die sich als die Deutsch-Russin Irina ausgab. Seit ein paar Wochen ist die blonde Irina aber verschwunden: Ein anonymes „Team Balleryna“ zeichnet sich nun mit einem Profilbildchen in AfD-Blau verantwortlich. Ein Link führt auf eine AfD-Werbeseite.

Seit April 2011 hat „Balleryna“ gut 85 000 Tweets abgesetzt. Die Inhalte sind meist AfD-Parteiwerbung.
Netzwerkanalysen ergeben aber, dass es sich bei „Ballerynas“ Followern größtenteils nicht um Fans der Partei handeln kann. Nur drei Prozent der Follower haben überhaupt Deutsch als Sprache angegeben. Fast doppelt so viele sprechen Arabisch, der Rest alle möglichen Sprachen. Balleryna ist vor allem eines: ein Scheinriese, der Eindruck machen soll . Denn wer viele Follower hat, der ist wichtig. Balleryna ist aber nur ein anonymer Unterstützungsaccount unter fast einem Dutzend, die nach sehr ähnlichem Muster twittern.

Innerparteiliches Astroturfing

Sie erzeugen ein Grundrauschen im Sinne der Partei, ohne dass sich die AfD offiziell dazu bekennt. Sie haben die Möglichkeit, radikaler aufzutreten als mit offiziellen Parteiaccounts. So wird der anti-islamische Scharfmacher Kolja Bonke vom Netzwerk gepusht. Insgesamt ist das inoffizielle Unterstützernetzwerk ein Verstärker der Positionen von Petry, Pretzell, von Storch und dem offiziellen Parteiaccount „AfDKompakt“.

Auf Anfrage heißt es bei der AfD, dass mit den Betreibern der Unterstützeraccounts keine regelmäßigen Absprachen bestünden. Kontaktiert man aber die Unterstützer selbst per Direktnachricht auf Twitter – wie etwa den Macher des Accounts „mundaufmachen“ – heißt es: „Ja, es gibt Kontakte zwischen den Accounts.“ Man rede virtuell miteinander und stünde auch in Kontakt zu dem offiziellen Account „Afdkompakt“, sagt ein anderer, der das Konto „2017_AfDWaehlen“ betreibt. Dieser inoffizielle Account ist erfolgreicher als alle anderen im AfD-Netzwerk.

Die Methode, dass anonyme, reichweitenstarke Accounts in Kooperation mit der Partei arbeiten und diese unterstützen, kommt bislang in Deutschland so nicht vor. Üblich ist, dass solche parteinahen Accounts als offizielle Kampagnenaccounts gekennzeichnet sind. Doch sollte die AfD wirklich mit den Unterstützern kooperieren, wäre das durchaus praktisch: Die Partei könnte sich mit einer Graswurzelbewegung schmücken und diese gleichzeitig steuern.

Dies ist der erste einer Reihe von Artikeln über die AfD auf Twitter. Noch in dieser Woche gehen wir mehr ins Detail und erklären, wie die Daten im gemeinsamen Rechercheprojekt von netzpolitik.org und Tagesspiegel entstanden sind. Themen sind unter anderem der Scheinriese „Balleryna“, eigentlicher Ausgangspunkt der Recherche, sowie das einflussreiche, aber inoffizielle Unterstützernetzwerk rund um @AfDKompakt.

43 Ergänzungen

  1. Schöner Artikel und hübsche Aufmachung der Grafiken. Bei Grafik Nummer drei ist nur ein Fehler unterlaufen, meine ich: Der Punkt von Beatrix von Storch ist größer als der von Frauke Petry, obwohl Petry mit derzeit 38.732 Twitter-Followern mehr als von Storch (aktuell 18.213) hat, wie ihr im Text auch schreibt.

    1. Ja, da ist uns bei der Beschriftung ein Fehler unterlaufen, den wir jetzt korrigiert haben. Die Größe der Kreise sagt nichts über die Anzahl der Follower aus, sondern darüber wie häufig ein Account geretweetet wird.

      1. Derailing? Triggerhappy? Es ging mir um die Gelegenheit zu zeigen, wieviel sauberer die SPD da agiert, die ja von der Anzahl der Follower her in der gleichen Liga mitspielt!

        Man kann die AfD da doch nicht so ganz allein im leeren Raum betrachten, es braucht doch vergleichende Koordinaten um zu korrekten Einordnungen und Schlussfolgerungen zu kommen.

        1. Es wurde doch zum Beispiel die Vernetzung der anderen Parteien direkt oben gezeigt und die entsprechende Mediennutzung. Was ist denn jetzt genau dein Problem?

      2. @cervo

        „Leicht-und Vollfaschisten von der Afd“?????

        Wow, mit starken Begriffen können Sie um sich werfen! Sie gehören vielleicht auch zu denen, die ständig irgendwelche Geister von vor 80 Jahren wieder auferstehen sehen, sich aber überhaupt nicht fragen, aus welchem Geiste heraus aktuell (!), noch einmal: aktuell (!), 12 Millionen Heimatvertriebene und 400.000 Tote im Syrien-Weltkrieg entstanden sind. Vielleicht haben Sie auch immer gerufen „Refugees welcome“ – und haben dabei gedacht, dass die Flüchtlinge einfach so vom Himmel gefallen sind oder dass das Assad-„Regime“ allein dafür verantwortlich ist. Aber beides ist absurd. Ohne den Regime-Change-Versuch in Syrien, ohne Sanktionen, ohne Streichung der UNHCR-Mittel, ohne jahrelange Untätigkeit im Kampf gegen den IS … hätten wir wohl gar keine Flüchtlingskrise bekommen (und wohl auch nicht den immer mehr um sich greifenden Überwachungsstaat). Was soll uns Bürgern so wichtig an der Beseitigung Assads sein – wichtiger als dass ISIS&Co endlich in ihrem militärischen und ideologischen (!) Zentrum besiegt werden? Warum ist der IS nicht schon längst besiegt? Wer hier wirklich der Fremden- oder Menschenfeind, der „Leicht- oder Vollfaschist“ ist, das sollten angesichts der Millionen Opfer noch einmal ventilieren. Besten Gruß!

        1. „Whataboutism“ in Reinform. Ja, die westliche Syrienpolitik, sofern sie überhaupt existiert, hat Fehler gemacht, die fehlende Unterstützung für die Aufnahme von Flüchtlingen in der Region ist fatal, Daesh & Co. verüben schlimme Verbrechen.

          Trotzdem ist die AfD eine faschistoide Scheißpartei.

          1. „westliche Syrienpolitik, sofern sie überhaupt existiert“

            Der war echt gut!
            Das Zeug, welches Du nimmst, will ich auch.

        2. Um einen Foren-Beitrag inhaltlich einstufen zu können in welchem Geiste oder aus welcher Gesinnung heraus er geschrieben ist bzw. wurde, gelten für mich mittlerweile folgende Hinweise
          1. Wird auf einen Beitrag von einem Foristen tatsächlich inhaltlich eingegangen?
          wenn ja, soll vom Autoren des Beitrags wohl eine Sachdiskussion bezogen auf Sachargumenten geführt werden. Kein offensichtliches Indiz für die Verbreitung nazionalsozialistischer, völkischer, rassistischer und/oder menschenrechtsverachtender Inhalte und Positionen.
          wenn nein, wird vom Autoren vom Sachthema zu einem vermeintlich anderen Sachthema abgelenkt oder an einer überzeugungs- und gesinnungsbewertenden Äußerung Anstoß genommen, um gegen diese dann im Weiteren vermeintlich sachlich und in damit zusammenhängenden Argumentationsketten zu Felde zu ziehen, diese zu bestreiten oder grundlegend in Frage zu stellen. Eindeutige Hinweise und Belege für einen Diskussionsbeitrag mit nazionalsozialistischer, völkischer, rassistischer und/oder menschenrechtsverachtender Überzeugungen des/r Autors/in zu Teilen oder in Gänze mit der Absicht, diese nicht öffentlich bekennen zu wollen oder zu können, sondern unter dem vermeintlichen „Schutz der eigenen Meinung“ bzw. „Meinungsfreiheit“ wie es Mitglieder und Anhänger der nazionalsozialistischen Alternative für Deutschland, kurz NSAfD, wie ich sie gerne als wahre Tatsachenbehauptung so lange benenne, wie das BVerfGer, mir per Urteil das Gegenteil, nämlich eine unwahre Tatsachenbehauptung bescheinigt, und alle, regelmäßig und häufigst in Internetforen zu tun pflegen ohne sich absprechen zu müssen., wie man an dem Beitrag sieht auf den sich mein Forenbeitrag unmittelbar bezieht. Geoutet?

  2. Ich bin gespannt, wie sehr ihr noch ins Detail geht.

    Könnt ihr bitte noch ein paar Erläuterungen oder Legenden zu den Diagrammen anheften? Ich verstehe nicht zu 100 % welche Daten da in welcher Form dargestellt werden.

  3. Da müsste man schon, wie die Geheimdienste, verschiedene Quellen miteinander verknüpfen und dann die gigantischen Datenberge umwühlen. Die Methodik ist natürlich grenzwertig. Wer für sich Rechte fordert, hat die auch anderen zuzugestehen. Das machen solche Typen wie Zuckerberg, Politiker, Geheimdienste & co. nämlich nicht, da liegt der Haken der „grenzenlosen Freiheit“.

    Was von „Parteien“ zu halten ist, sollte jeder, der länger als eine Wahlperiode in der Bunten Republik leben musste, selbst wissen. Die Bedeutung von Twitter und anderen sozialen Netzwerken wird wahrscheinlich maßlos überschätzt.

    1. „Wer für sich Rechte fordert, hat die auch anderen zuzugestehen.“
      Das ist nur richtig, wenn sich diese anderen auch an die Regeln halten. Ansonsten darf und sollte man Widerstand leisten. Oder die Polizei rufen. Toleranz für Intolerante – das wäre lächerlich.

  4. „Doch das erreichte viele AfD- Anhänger schon nicht mehr.“

    Aufgrund welcher wie recherchierter Fakten kommt man bitte auf so einen Satz?

    „„Die Partei hat mit dem Schimpfen auf die ,Lügenpresse’ einen Bedarf nach wahrhaftigen Medien geschaffen.“

    Netter Versuch.
    Ich bin erstaunt, daß immer noch und unvermindert auf so platte Weise versucht wird, vom eigenen Versagen abzulenken.
    Die Lücke wurde von den „Qualitätsmedien“ selbst gerissen und nun ist es ein Leichtes, diese zu füllen.
    Vertrauen kann man nur selbst erwerben oder eben verspielen. Dafür die Fehler bei anderen zu suchen / anderen zuzuschreiben ist nicht nur unglaublich dumm, sondern verhindert jegliche Besserung.

    „Und möglicherweise waren sie schon lange, bevor sie öffentlich ein Paar waren, näher miteinander bekannt:…“

    Und was soll sowas? Ist das für irgendwas wichtig? Sieht so Qualitätsjournalismus aus?

    1. „Aufgrund welcher wie recherchierter Fakten kommt man bitte auf so einen Satz?“
      Weil die Richtigstellung von nur sehr wenigen AFD-Anhängern weiterverbreitet wurde.

      „Die Lücke wurde von den „Qualitätsmedien“ selbst gerissen und nun ist es ein Leichtes, diese zu füllen.“
      Das macht die Sache kein Stück besser. Egal für wie schlecht man die Qualität der etablierten Medien hält, es ist keine Lösung sie durch etwas ersetzen zu wollen, dessen Qualität noch schlechter ist (wie AFD-Tweets).

      „Und was soll sowas? Ist das für irgendwas wichtig? Sieht so Qualitätsjournalismus aus?“
      Da gebe ich dir recht, der Satz ist überflüssig.

  5. Also selbst mein dreizehnjähriger Sohn, den bisher im Internet nur Lego und Star Wars interessieren, hat ganz schnell verstanden, wie man gegenprüfen kann, ob eine Reisewarnung gab oder ob es irgendwo Schweine regnete.

    Sicher gibt es Klientel für derartige Falschmeldungen.
    Wäre es aber nicht verdammt klug, eben auch die gleichen Medien für Richtigstellungen zu nutzen und damit den Erfolg zu mindern oder gar ins Gegenteil zu kehren?

    Mancher würde sich vielleicht oder gar sicher angewidert von den Rattenfängern abwenden, wenn er bemerkt, daß er auch da nur belogen wird. Das allein wird allerdings ohne wirkliche Alternativen zur AlternativefD auch nur begrenzten Erfolg haben können.

    Lesestoff: https://www.rubikon.news/artikel/verstand-ohne-mitgefuhl-fuhrt-in-den-wahnsinn

  6. „Sie erzeugen ein Grundrauschen im Sinne der Partei, ohne dass sich die AfD offiziell dazu bekennt. Sie haben die Möglichkeit, radikaler aufzutreten als mit offiziellen Parteiaccounts. So wird der anti-islamische Scharfmacher Kolja Bonke vom Netzwerk gepusht.“

    Da @BonkeKolja von dieser Aussage etwas amüsiert zu sein scheint meine Fragen:

    1. Was genau macht Kolja zu einem „anti-islamischen Scharfmacher“? Woher stammt diese Einschätzung und worin begründet sie sich? (Mit genauer Betrachtung der Unterschiede zwischen Islam und extremistischem Islam)

    2. Gibt es Anzeichen dafür, dass Kolja Bonke das angebliche pushen seines Accounts in einer Form fördert, fordert, mitkommuniziert, etc. , oder handelt es sich hier um keinen Kausalzusammenhang sondern nur um eine Korrelation?
    Schließlich können Accounts auch ohne Wissen oder Zustimmung des Accountinhabers mit ganz eigenen Motiven gepusht werden, etwas das man sicher als „Drachenlord“-Effekt bezeichnen könnte. ;)

    1. Erstens: Das ist doch einfach. Bonke ist offensichtlich kein großer Freund des Islam. Das muss man auch nicht sein, aber dass er dem Islam neutral oder wohlwollend gegenüberstünde, kann man nicht behaupten, und er investiert aktiv Mühe in die Verbreitung von Informationen, die seinen Thesen dienen, mithin schon: anti-Islam.

      Scharfmacher, das ist jemand, der eine Diskussion zuspitzt, vereinfacht, emotionalisiert. Natürlich in dem Fall negativ konnotiert, positiv könnte man dann sagen „mit Humor und Esprit“ oder dergleichen. Jedenfalls ist ihm offensichtlich an einer gewissen Schärfe gelegen, vielleicht bricht sich auch einfach echter angestauter Unmut seine Bahn.

      Zu zwei, das würde mich auch interessieren. Ich habe schon eher den Eindruck, dass sich da Gleichgesinnte zusammenfinden, als den eines genial konstruierten Netzwerkes. Echte Bots mal ausgenommen, aber die erkennt man ja spätestens, wenn sie nicht menschlich kommunizieren können und auf Antworten nicht reagieren. Xyeinzelfall etwa wurde gelegentlich von Bonke retweetet, umgekehrt aber nie. Da gibt es ja schon unterschiedliche Stile und Schwerpunkte.

    2. Hallo Herr Netreaper, vielleicht haben Sie sich ja mal den Twitter-Account von Herrn Bonke angeschaut? Die Bezeichnung „anti-islamischer Scharfmacher“ ist sicherlich noch eine der netteren Umschreibungen für die rassistische Stimmungsmache und ausländerfeindliche Hetze, die dort tagtäglich stattfindet.

      Für die zweite Frage ist übrigens ganz unerheblich, ob Herr Bonke das Pushen fördert oder ob ihn die AfD-Accounts pushen und ihn damit fördern. Angesichts der Inhalte des Herrn Bonke ist auf jeden Fall zu sehen, dass die AfD an der Verbreitung seiner Hetze Interesse hat. Auch wenn Herr Bonke erst einmal nichts für diejenigen kann, die ihn verbreiten, so besteht in der Regel eben schon ein gewisser ideeller Zusammenhang, wenn Rechtsradikale Rechtsradikale verbreiten.

  7. Wie wird die Position der Twitter-Accounts in der Grafik und die Entfernung der einzelnen Accounts voneinander aus den Daten generiert? Verbindungslinien von der AfD nach außen sind ja vorhanden, diese sind nur länger als bei den anderen Parteien. Ist dies automatisch generiert oder per Hand auseinandergezogen? Es wäre noch schön zu erfahren, mit welchen Tools die Daten gesammelt und visualisiert werden.

  8. Mich interessiert in einer politischen Diskussion eigentlich nur, welche Fakten, Kritik und welches Argument jemand hat. Dann prüfe ich für mich: stichhaltig, berechtigt, oder nicht. Mit diesem ganzen ad-hominem-Gedöns kann ich nicht viel anfangen, das ist billig, schlechter Stil, hilflos, und ich denke auch nicht, dass eine Aussage je nachdem, wer sie macht, wahrer oder unwahrer wird. Sie ist einfach wahr oder unwahr, selbst wenn sie, Gott bewahre, vom Führer persönlich käme. Es ist eine reine Frage von Aussagenlogik, Bildung und factchecking, mehr nicht. Mit so einer Haltung, auf der historisch letztlich unsere abendländische Kultur seit der Aufklärung, und nicht zuletzt auch linke oder liberale Politik beruht, steht man heute allerdings alleine da und gilt als Exot, wenn nicht sogar Schlechtmenschsympathisant. Denn auch hier oben geht es nur darum, wer etwas sagt, und nicht um das, was er sagt. Das zu kritisieren ist dann auch verdächtig.

    Ganz unabhängig davon ist der hetzende ressentimentbeladene Rechtspopulist Bonke auf Twitter leider um Längen unterhaltsamer als seine ganzen herummoralisierenden wohlmeinenden Kritiker, die leider oft auch das Argumentieren verlernt oder nie gelernt zu haben scheinen und rhetorisch nix mehr drauf haben als ihr Haltungsgesülze und ihre Gut-Pose, und das ist dann halt einfach zuwenig.

    1. „das ist billig, schlechter Stil, hilflos, und ich denke auch nicht, dass eine Aussage je nachdem, wer sie macht, wahrer oder unwahrer wird.
      (…)
      Denn auch hier oben geht es nur darum, wer etwas sagt, und nicht um das, was er sagt. Das zu kritisieren ist dann auch verdächtig.“

      Das ist mir auch schon aufgefallen. Dazu kommt: Menschen müssen sich ja ganz offen Vorwürfe dafür gefallen lassen wenn sie von bestimmten Leuten zitiert werden.

      Ich halte es was das angeht mit dem Humanisten Michael Schmidt-Salomon, der sagt:
      „Man muss den Demagogen Recht geben wo sie Recht haben. Denn ansonsten können sie mit halben Wahrheiten ganze Erfolge feiern.“

    2. „Ganz unabhängig davon ist der hetzende ressentimentbeladene Rechtspopulist Bonke auf Twitter leider um Längen unterhaltsamer als seine ganzen herummoralisierenden wohlmeinenden Kritiker,…“

      Das würde ich nicht ganz so sehen. Für Twitter, das kann ich nicht einschätzen, mag das vielleicht zutreffen.
      Der anregende Konterpart findet nur woanders statt.
      Wer sich meint direkt batteln zu müssen, kann nur verlieren.
      „Wohlmeinende Kritiker“, die sich aufs Glatteis führen lassen, erreichen genau das Gegenteil dessen, was sie gern wollten.

      Warum lassen sich die Leute treiben und vorführen? Spielen die kein Schach?
      Wenn ich immer nur reagiere und nie agiere, kann ich nicht gewinnen!

      Da hocken se alle regungslos wie die Karnickel vor der Schlange. Wenn sie dann mal aufgescheucht werden, benehmen sie sich wie die Hühner.

      Rückgrat, Mut auch mal einen Fehler zu machen, den dann aber auch einzugestehen und wieder gut zu machen, Verlässlichkeit,…

      Ach, es könnte ja so einfach sein…

    3. @hartaberfair
      Ganz unabhängig davon ist der hetzende ressentimentbeladene Rechtspopulist Bonke auf Twitter leider um Längen unterhaltsamer… “

      Komische Vorstellung von Unterhaltung, welches Sie ihr Eigen nennen,sich an dumpfen,menschenverachtenden Sprüchen zu ergötzen,zeugt nicht vom menschlichen Niveau.
      Das Ihre goutierten Unterhalter direkt und indirekt Aufforderungen zur Gewalt verbreiten,scheint Sie nicht zu tangieren,wahrscheinlich haken Sie noch ihre Zustimmung mit einem „Like“.

      1. Interessant dies im unmittelbarem Zusammenhang mit dem Account @BonkeKolja zu tätigen und den Beweis für Aufforderungen zur Gewalt schuldig zu bleiben. Aber Fakten sind ja sowas von…

  9. Ach! Und noch einen:

    Was meint eigentlich der zahlengläubige Rechenkasper zur „ganzheitlichen“ Betrachtung?

    Wo liegt die Basis als Grundlage der Voraussetzung? Bei ca 80 Millionen? Bei Volljährigen? Bei Wahlberechtigten? Bei…?

    Was sind da 300.000?

    Ist 1% so viel Aufregung wert? Sagt das überhaupt etwas aus? Ist das eine Prozent vielleicht noch zu hoch gegriffen, zieht man Bots und „Beobachter“ noch ab?

    Sind die Gutmeinenden und gutmeinenden Journalisten vielleicht die, die dem rechten Unflat erst zu Relevanz verhelfen?

    Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht!

    Nicht, daß ich mich noch aufrege. :o

  10. Was soll das aussagen? Eine Abbildung zeigt, dass Linke, Grüne und Liberale gemessen an ihren Mitgliederzahlen überdurchschnittlich häufig zwitschern. Das zweite Diagramm, dass die Linken vor allem ehemaligen DDR-Zeitungen anhängen. Die werden auch meist in der ex-DDR leben und langsam aussterben. Außerdem, dass die Grünen und die Roten perfekt übereinstimmen. Kein Wunder es sind ja die früheren aufmüpfigen Kinder dieser „Partei“. Wenn ich überwiegend Heise lese, stehe ich trotzdem nicht im Verdacht Liberaler zu sein. Nächstes Diagramm Ballerina sonderte seit April 2011 85000, ca. 14000 tweets pro Jahr ab, macht 40 im Monat das ist etwas mehr als einer pro Tag. Das würde ich nicht auffällig bezeichnen. Bisher ist diese Datenanalyse nichtssagend, zu den Aussagen könnte man auch ohne Zahlenjongliererei kommen. Ergebnis, je mehr Verstand, desto weniger Gezwitscher.

  11. Netzpolitik.org betätigt sich neuerdings als nicht-staatlicher Geheimdienst. Das dürfte für einen Präventivschlag reichen.

  12. Die AfD bedient eine populistische „Marktlücke“, in die sich die etablierten Parteien – konkret die CDU – nicht trauen. Aber sie hätten gern die Wähler aus diesem Bereich abgefischt.

    Einzig aus diesem Grund ist die AfD ins Leben gerufen worden – ein (zukünftiger) Koalitionspartner für die CDU. Das Schema entspricht dem der US-Tea Party – von (weitgehend) anonymen Sponsoren finanziert, populistisch vordergründig, aber ansonsten komplett konform. Im Wesentlichen nur zur „Steuerung“ und Stabilisierung der grösseren Volkspartei konzipiert.

    Wie man das begründet? Ganz einfach, diese sog. „rechts-populistische“ Partei verspricht ihren Anhängern… gar nichts. Hartz IV, Sozialabbau usw. geht auch mit der AfD ungehindert weiter. Nur ein „bisschen“ ausländerfeindlicher gibt sie sich. (Mit der CDU als Koalitionspartner wird das vermutlich dann auch kein Thema mehr sein.)

    Keine einzige europäische und populistische Partei verhält sich so! Weder die Front National, noch die FPÖ usw.

    WENN man aber (s)eine Klientel hofiert, dann muss man ihr auch etwas bieten – und sei es nur als leere Versprechung oder Worthülse! Nein, bei der AfD wird schon im Vorfeld (bzw. Kleingedruckten) klar ausgeschlossen, dass sie jemals etwas am Status Quo ändern will und wird. Nur ein bisschen offen ausländerfeindlicher, wie gesagt.

    Ein klarer Indikator, wie die neue „Braut“ bereits für die CDU aufgehübscht wird, sind die Kommentare in den MSM. Vor allem auf dem ZDF werden häufig Sympathien für die AfD bekundet. Wenn sie sich sich nur ein „wenig“ bessern würden…

    Insofern sehe ich solche (guten) Artikel wie diesen nur als Bestätigung, dass sich die AfD modernster Methoden bedient und (wie gewünscht) die Leute gegeneinander ausspielt. Sehr gut zu sehen an den Kommentaren hier! Ihr verhaltet euch EXAKT nach Wunsch der AfD-Gründer! Die einen keulen und die anderen fühlen sich dadurch erst recht bestätigt.

    Aber die entscheidende Frage, WAS die AfD eigentlich vor hat und WARUM in dieser Form, auf die geht niemand weiter ein.

    1. @Fritz
      Ihrem Post kann man viel abgewinnen.
      Die AFD ist Fleisch vom Fleisch der CDU, mit vielen EX CDUlern bis in höchste Führungsämter besetzt.
      Sie erschliesst der CDU neue Wählergruppen ,welche die CDU, um international nicht in braunen Verdacht zu geraten,nicht direkt ansprechen würde,dafür hat sie jetzt ihre dunkelbeigen Schmuddelkinder.
      Nach getaner Arbeit werden die vermeintlich abtrünnigen Kinder wieder“ Heim ins Reich“ geführt.
      Aus Braun wird offiziell wieder reines Schwarz.
      Analog hierzu die Erstarkung der NPD bei der Baden Württemberg Wahl 1968, die aus CDUlern hervorging und 1972 wieder von der CDU absorbiert wurde,hat die CDU schon damals viel zum Erstarken einer Rechtsaussenpartei getan,wenn nicht indirekt gefördert.
      Während die SPD die Parteien links von ihr bis zur Selbstzerfleischung bekämpft,nimmt die CDU ihre installierten Rechtsaussensatelliten nach getaner Arbeit,wieder unter ihre Fittiche.
      Allianzen einzugehen und den Partner bedeutungslos werden zu lassen, hat bei der CDU Methodik,machtgeile Führungskräfte ihrer Koalitionspartner scheren sich nicht darum,wieso auch,die Führungskräfte haben mit Eingehen der Koalition ihre Schäfchen ins Trockene gebracht.
      Das eigen Hemd ist der Führungskraft allemal näher als der Rock der Partei.
      Jeder der SPD Führungskräfte,welche die SPD bisher auf 20% runterruiniert haben, ist später die Karriere und Einkommensleiter heraufgeklettert,“Die Rente ist sicher“ hat Norbert Blüm einst plakatiert,wessen Rente damit gemeint war,ist eindeutig.
      Dank des CDUablegers AFD ist die nächste „GROKO“ scheinbar alternativlos.

  13. Gibt es eine Möglichkeit die Usernamen zu sehen, die in dem AfD-Netzwerk drin sind?
    Ich würde wirklich gerne wissen ob die Troll-Accounts aus meinem Forschungsprojekt auch mit dabei sind. :D

  14. In dem Abschnitt unter dem dritten Bild steht:

    „Inzwischen führt Petry das Twitter-Ranking der AfD-Politiker mit Abstand an, wie die Grafik zeigt.“

    Ich kapiere nicht, auf welche Grafik sich das bezieht. Das Bild direkt darüber scheint die Behauptung nicht zu stützen.

    Interessanter Artikel!

  15. Interesant, aber leider – wie so häufig – eher eine politisch-technokratische Perspektive, während der human factor, i.e.S. (tiefen)psychologische Motive, d.h. warum lassen wir uns so gern belügen, was haben wir persönlich davon und wie spalten wir dies ab – unterschlagen werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.