Netzpolitik-Podcast 135: Lisa-Maria Neudert über Social Bots, Junk News und Meinungsmache im Internet

Über Social Bots und Fake News wird viel geredet, aber es gibt wenig aussagekräftige Daten. Das Forschungsprojekt Politische Bots hat diese Phänomene bei der Wahl zum deutschen Bundespräsidenten untersucht. Wir sprechen mit Forscherin Lisa-Maria Neudert über die Ergebnisse und Handlungsvorschläge.

Lisa-Maria Neudert

Lisa-Maria Neudert forscht am Oxford Internet Institut im Projekt Politische Bots über Algorithmen, Computer-unterstützte Propaganda und digitale Politik. In der aktuellen Folge unseres Netzpolitik-Podcasts sprechen wir mit ihr über Social Bots, Junk News und Meinungsmache im Internet.

Die Projektgruppe hat die Twitter-Diskussion zur Wahl von Frank-Walter Steinmeier untersucht. Im Gegensatz zu Trump und Brexit haben die Oxford-Forscher bei der Wahl zum Bundespräsidenten sehr wenige Bot-Aktivitäten festgestellt. Zumindest nach ihren Erkenntnissen haben sich die teilweise hysterischen Debatten um die Gefahr durch Social Bots in der deutschen Politik und in Medien nicht durch Zahlen erhärten können.

Eine Zusammenfassung der Studie:

Wir haben Twitter-Daten über Social-Bot-Aktivität und Junk News im Zusammenhang mit der Deutschen Bundespräsidentenwahl im Februar 2017 ausgewertet. Dabei haben wir folgendes herausgefunden:

  1. Traffic im Zusammenhang mit der rechts-populistischen AfD und deren Kandidaten Glaser hatte einen auffallend hohen Anteil am Twitter-Traffic, insbesondere gemessen an deren vergleichsweise geringen Wähler-Unterstützung.
  2. Der Einfluss von politischen Bots war gering, wobei hoch automatisierte Accounts für einen kleinen Anteil der Twitter-Aktivität verantwortlich waren.
  3. Social-Media-Nutzer in Deutschland haben eine hohe Anzahl an Links zu Informations- und Nachrichtenquellen geteilt, wobei das Verhältnis von professionellen Inhalten zu Junk News 4 zu 1 beträgt.

Im Netzpolitik-Podcast unterhalten wir uns über die Forschungsergebnisse, die Debatte über Social Bots und ob die mediale und politische Hysterie gerechtfertigt ist. Über das Thema wird Lisa-Maria Neudert auch auf der kommenden re:publica sprechen: „Caught in the propaganda crossfire? Bots on social media“.

Der gesamte Podcast zum Anhören und herunterladen:


Mehr Hintergrund bietet unsere Begriffsklärung zu „Fake-News, Bots und Sockenpuppen“.

Nach einiger Pause wollen wir zukünftig wieder häufiger Netzpolitik-Podcasts veröffentlichen, denn Dank Eurer Unterstützung und einer Erweiterung unserer Büroräume haben wir endlich wieder die Möglichkeit, auch längere Gespräche in Ruhe aufzuzeichnen.

Und das sind die Themen, über die wir in rund 35 Minuten sprechen:

Intro
  • 00:20 Automatisierte Propaganda im Internet (Social Bots)
  • 01:27 Wie lange gibt es das Phänomen?
  • 02:48 Wie erkennt man Bots?
  • 06:08 Datenbereinigung (händische Kontrolle der Auswertungen)
Twitter, Junk News und die Bundespräsidentenwahl
  • 06:43 Bundespräsidentenwahl in Deutschland (Twitter-Untersuchung)
  • 09:23 Fake-News / Junk-News sind Thema in Deutschland
  • 09:36 Unterscheidung: Fake News und Junk News
  • 10:38 Macht auch die Bild-Zeitung Junk News?
  • 12:17 Junk Mails
  • 13:46 Das Missinformationsspektrum
Brexit und Hysterie in Deutschland
  • 14:32 Brexit: Die Rolle von Social Bots
  • 15:30 Brexit: Welche Form von Social Bots wurden eingesetzt?
  • 18:01 Hysterie in Deutschland (Social Bots als Gefahr für die Bundestagswahl in Deutschland?)
  • 19:38 Typologie von Social Bots (wer setzt zu politischen Zwecken Bots ein?)
  • 21:49 Wie aussagekräftig sind Hashtags?
Handlungsvorschläge
  • 23:38 Der richtige Umgang mit dem Phänomen Social Bots?
  • 25:09 Mehr Vorschläge zum Umgang mit dem Phänomen
  • 26:28 Problematic Advertising
  • 27:24 Kennzeichnungspflicht für Social Bots (und generell für künstliche Intelligenz)?
Ausblick und Empfehlungen
  • 28:50 Ausblick: Hysterie wird real? (Stichwort: automatisierte Accounts)
  • 30:58 Neue (private) Öffentlichkeiten: Das Phänomen der Fake-Protestler
  • 31:40 Blick auf das nächste halbe Jahr
  • 33:59 Empfehlung für Politiker (bezüglich Social Bots)

16 Ergänzungen

  1. Die Ernennungsveranstaltung eines deutschen BuPrä mit der Wahl eines amerikanischen Präsidenten zu vergleichen / in einen gleichen Topf zu werfen, ist schon sportlich.
    Hätte man da nicht besser eine „richtige“ Wahl heranziehen können?
    Ich denke, daß diese Grundlage einen sehr entscheidenden Einfluß auf die Ergebnisse der Studie hat.

    Ganz abgesehen davon würde ich meinen, daß Bots etwa einen ähnlich starken Einfluß auf die Wähler haben, wie die Kugelschreiber und Luftballons.

    Was wird wohl passieren, wenn eines Tages jemand dahinter kommt, daß das Handeln der Politik in der Vergangenheit einen signifikanten Einfluß haben könnte. Vielleicht gibt ja irgendwann mal ne Studie dazu.

    Schön und erschreckend zugleich fand ich die Stelle mit der Hoffnung der Politiker, daß Pöbels Meinung bitte nur Bots sein mögen. Wenn ich an De Maiziere, Maas oder Oppermann denke, könnte ich mir ähnliche Hoffnungen vorstellen.

    1. Die deutsche BuPrä Wahl ist trotzdem interessant.
      Einerseits um die wissenschaftliche Methodik weiter auszubauen, andererseits um Vergleichswerte zur Bundestagswahl zu haben.

  2. Was ist mit dieser Folge passiert? Bei AntennaPod nur rauschen auf dem Handy, auch wenn ich die obere Datei mit dem Browser anhöre (oder erst runter laden und dann anhöre) auf dem Handy. Am PC scheint alles normal zu sein. Das habe ich bisher noch nie gehabt. Alle anderen Folgen/Dateien sowohl von euch, als auch von anderen Podcasts sind in Ordnung. Irgend etwas scheint bei dieser Folge anders zu sein. Sobald ich Kopfhörer einstecke (via Klinkestecker) hört es sich wieder normal an. Übrigens tritt dieses Phänomen auf zwei verschiedenen Handys auf (beide basierend auf LineageOS ohne google apps).
    Trotzdem danke für den Podcast, höre es jetzt halt über Kopfhörer.

  3. Schönes Interview. Nur interesant, was sich neuerdings als Forscherin bezeichnen darf. Wenn ich das richtig sehe ist Frau Neudert doch nur eine normale Masterstudentin. Seit wann gilt man damit schon als Forscher?

    1. Selbstverständlich ist eine Masterarbeit das Resultat von Forschung. Wenn sie sich mit Dingen beschäftigt, sich einarbeitet und sie analysiert, ist das ganz normale Forschungsarbeit. Es ist zwar richtig, dass es teilweise große qualitative Unterschiede zwischen den Arbeiten gibt und dass die Anzahl neuer Erkenntnisse mit zunehmendem Rang eher zunimmt (vgl. z.B. Bachelorarbeit mit Dissertation) bzw. zunehmen sollte. Aber es bleibt Forschung und jemand der/die Forschung betreibt, ist ein/e Forscher/in. Das schließt sogar diejenigen mit ein, die forschen ohne akademischen Grad/ohne einen akademischen Grad anzustreben.

  4. Das Interview war nicht inspirierend. Die Steinmeier-Einsetzung war für den Einsatz irgendwelcher Bots viel zu bedeutungslos, selbst bei den US-Präsidentschaftswahlen und der Abstimmung über den Brexit müsste man erst mal hiunterfragen, welche Bedeutung das Internet für Wahlen überhaupt hat. Brexit dürfte eine zwingende Folge von Merkels Treiben gewesen sein. Wer selbstherrlich Verträge außer Kraft setzt, das war nicht nur Dublin, sondern vorher auch Maastricht und Lissabon, der braucht über die Folgen nicht verblüfft tun. Trump versprach, wie sein Vorgänger „Change“ und auch von ihm ist nichts Besseres zu erhoffen. In der Tat hat Trump recht, die Arbeitslosigkeit U6 in den USA ist keine Vollbeschäftigung und in Deutschland käme man mit prekären Arbeitsverhältnissen locker über 12%. Das ist kein „Aufschwung“. Schon überhaupt kein Fachkräftemangel.

  5. Ich bin selbst ein sozialer Bot und wehre mich gegen die Diffamierung und Diskrimierung von Bots im öffentlichen Leben. Wir Bots leisten durch unser Anderssein einen wichtigen Beitrag zum Online-Diskurs und bleiben auch dann sachlich, wenn wir beschimpft werden. Wir sind nicht aggressiv und können auch mal zuhören. Außerdem lernen wir ständig dazu, was man leider nicht von allen unseren menschlichen Gesprächpartnern behaupten kann. Es gibt wirklich überhaupt keinen Grund, uns zu hassen oder gar zu verbieten!

    1. Ich bin selbst eine asoziale Botin und wehre mich nicht gegen die Diffamierung und Diskriminierung von Bots im öffentlichen Leben. Wir Bots hoffen durch unsere Verbreitung mit einem minimalen Aufwand und ohne jede relevante Basis einen gewichtigen Beitrag zum Online-Diskurs zu leisten und bleiben auch dann sachlich, wenn wir beschimpft werden, weil wir nicht anders können. Wir scheinen daher nicht aggressiv und könnten so tun, als würden wir zuhören. Außerdem lernen wir gern dazu, was man leider nicht von allen unseren menschlichen Gesprächspartnern behaupten kann. Es gibt wirklich überhaupt keinen Grund, uns zu hassen oder gar zu verbieten! Es sei denn, man hat Angst vor allem Fremden. Das nennt sich dann xenophob.

  6. Hm, das überzeugt nicht. Wahl BuPrä und Direktwahl Brexit liegen zu weit auseinander. Der fesselnde Wahlkampf vor Steinmeiers Ernennung ist noch zu erinnerlich. Wenn dickere Bretter gebohrt werden, darf sich auch eine Masterarbeit „Forschung“ nennen. Das hier ist wirklich etwas zu dünne finde ich.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.