Bereits vor zehn Jahren berichtete Markus erstmals über das Portal „Ideen sind etwas wert“, auf dem der Verband der österreichischen Musikwirtschaft gemeinsam mit dem Fachverband der Film- und Musikindustrie sowie „mit freundlicher Zustimmung des BMBF“ Unterrichtsmaterial zum Thema Urheberrecht und „geistiges Eigentum“ bereitstellt. Die Unterstützung des Bildungsministeriums für die Lobby-Materialien war damals auch in einer parlamentarischen Anfrage erörtert worden.
An der einseitigen und Kritik an übermäßigem urheberrechtlichem Schutz komplett aussparenden Darstellung der Thematik – ein klarer Verstoß gegen das Kontroversitätsgebot für Lernmaterialien – hat sich seither wenig geändert. Die Aufbereitung und auch die Inhalte wurden jedoch immer wieder aktualisiert. Im Foliensatz (PDF) zu „Geistiges Eigentum und Urheberrecht“ findet sich in der aktuellsten Fassung unter anderem folgender Hinweis (Hervorhebungen im Original):
Eine EU-weit durchgeführte Studie kommt zum Schluss, dass in den fünf größten EU-Ländern der durch Piraterie verursachte Verlust an Wertschöpfung mehr als 27 Milliarden Euro beträgt und dass mindestens 200.000 Jobs verloren gegangen sind (gesamte Kreativwirtschaft zwischen 2008 und 2011).
Wie ebenfalls an dieser Stelle dargelegt, sind die Zahlen dieser von der Anti-Piraterie-Organisation BASCAP der Internationalen Handelskammer beauftragten Studie komplett hanebüchen:
Die drei Bereiche mit den mit Abstand größten Wertschöpfungsverlusten zwischen 2008 und 2011 sind (1) architekturbezogene Aktivitäten, (2) (Bau-)Technik und diesbezügliche Beratungsleistungen sowie (3) leitungsbezogene Telekommunikation. Keiner dieser Bereiche ist auch nur am Rande von Piraterie betroffen. Ursache für den Rückgang sind vielmehr die geplatzte Immobilienblase in Spanien sowie Strukturwandel in der Telekommunkationsindustrie. Die einzigen zwei Bereiche mit substantiellen Zuwächsen trotz Wirtschaftskrise sind hingegen (1) Fernsehen und Rundfunk sowie (2) Film, Video und Fernsehproduktion – also jene Bereiche, wo sich noch am ehesten Verluste wegen Piraterie vermuten ließen.
Lobbying mit Auftragsstudien zu betreiben ist das eine, dieselben Fantasiezahlen dann aber auch noch als Fakten in Unterrichtsmaterialien einzuschleusen ist selbst für die Urheberrechtslobby eine neuer Tiefpunkt.
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