Telefonüberwachung in Berlin auf niedrigstem Stand seit 2010

Telefonüberwachung ist seit jeher Bestandteil des Repertoirs polizeilicher Ermittlungsarbeit. Die Anwendung dieser Maßnahmen unterliegt eigentlich strengen Regeln. Trotzdem fehlt es an Transparenz, obwohl diese gesetzlich festgeschrieben ist.

Bild: Simon Samtleben. Lizenz: Creative Commons CC BY 2.0.

Der gerade für das Land Berlin veröffentlichte Jahresbericht 2015 über die Praxis der Telefonüberwachung (PDF) verzeichnet einen Rückgang der überwachten Telefongespräche sowie der betroffenen Personen. Auch die Fälle, in denen Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) eingesetzt wurde, sind weniger geworden. In einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz heißt es:

Damit ist die Anzahl der überwachten Gespräche – auch im Vergleich zum Jahr 2013 – gesunken und liegt auf dem niedrigsten Stand seit 2010.

Allerdings gibt es auch Punkte, die aufhorchen lassen: Schaut man sich die Gründe für die Überwachungsmaßnahmen an, wird deutlich, dass vermutete Fälle von Betrug, Computerbetrug sowie Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit im Laufe der Jahre deutlich zugenommen haben. Ebenfalls unter den Top-5 der Anlässe für Überwachungsmaßnahmen finden sich neben Raub, Erpressung und Bandendiebstahl, auch Mord und Totschlag sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Die Anzahl an Überwachungsmaßnahmen, die im Rahmen von Internetkommunikation durchgeführt wurden, ist stark angestiegen. Konstanz gibt es bei der Zahl der Fälle, in denen ein Richter die von der Polizei beantragten Überwachungsmaßnahmen ablehnt: Diese Zahl liegt seit mehreren Jahren bei Null.

Es scheint naheliegend, dass sich an der von Richard Gutjahr bereits vor Jahren kritisierten Problematik nichts geändert hat. Richter werden mit Anträgen überflutet, die sie – um der Lage Herr zu bleiben – im Eiltempo abarbeiten. Richtervorbehalt und Benachrichtigungspflicht, also die Mechanismen, welche Telefonüberwachung transparenter und nachvollziehbarer machen würden, existieren wohl weiterhin eher in der Theorie als in der Praxis.

Den jährlichen Bericht zur Telefonüberwachung gibt es in Berlin seit 2004.

2 Ergänzungen

  1. Neijn, nein, nein. Was haben die Telekommunikationsprovider die letzten Jahre gemacht? Wer hat noch analoge Telefonanschlüsse?

    Das nennt sich VoIP, und wo kann man das abgreifen, ganz still und leise? Der Artikel geht auf diese Änderung leider nicht ein, würde aber erklären warum logischerweise offizielle Telefonüberwachung sinken muss.

    Alles klar? :-)

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