Recht auf Verschlüsselung: Indien zieht umstrittenen Gesetzentwurf zurück

Nach heftigen Protesten hat die indische Regierung ihren umstrittenen Gesetzentwurf zurückgezogen, der das Recht auf Verschlüsselung in Indien massiv in Frage gestellt hätte. Demnach hätten Nutzer und Unternehmen in Indien ihre verschlüsselte Kommunikation und andere Inhalte für 90 Tage unverschlüsselt aufbewahren müssen, um sie auf Geheiß Ermittlungsbehörden übergeben zu können.

Laut IT- und Telekommunikationsminister Ravi Shankar Prasad habe der zuständige Fachbereich seines Ministeriums den Entwurf ohne sein Wissen öffentlich gemacht. In einem ersten Schritt wurden zunächst Social-Media-Anwendungen von den geplanten Auflagen befreit, nun soll das gesamte Gesetz überarbeitet werden. Keinesfalls ziele der Entwurf auf „soziale Plattformen ab, die von ’normalen Menschen‘ genutzt werden“, so Prasad laut BBC.

Trotz des Rückziehers bleiben dennoch einige Fragen offen. Auf einer Pressekonferenz sagte Prasad:

I wish to make it very clear that there are two issues (here). One, (is) the creation of encryption. Many companies send their messages in encrypted form. Other (issue) is (related to) those who are consumers of applications like whatsapp, social media and other platforms available in the cyber domain. The purport of this encryption policy relates only, and only to those who encrypt. This has to be made very clear. As far as the ordinary consumers of applications are concerned, they do not fall in this domain. Because (for) those who encrypt, for a variety of reasons, there has to be a policy regulating the manner of their encryption.

Diese Unterscheidung lässt sich nicht so einfach treffen, denn die Zahl der Messenger, die standardmäßig auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung setzen, nimmt stetig zu – siehe etwa WhatsApp oder iMessage. Ab welchem Punkt aus einem „gewöhnlichen Konsumenten“, dem das Recht auf Privatsphäre zugesprochen wird, ein Nutzer werden soll, der seine Kommunikation unverschlüsselt aufbewahren muss, bleibt völlig unklar. Letztlich wird auch ein überarbeitetes Gesetz diese Grenze willkürlich ziehen müssen. Ob das dem indischen Staat Vorteile bei der Sicherheit verschafft, bleibt jedenfalls zweifelhaft.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

3 Ergänzungen

  1. Irgendwie ja schon spannend, daß sich die Politiker da global alle so einig sind… Als ob jemand ihnen alle die gleiche Rede schreibt. – I miss my Aluhut!

  2. Ist der Name der Behörde eigentlich ein Witz?

    Was der Typ da von sich gibt, geht einerseits gar nicht. Er hat nicht verstanden, was er da regulieren will. Nicht anders als bei uns. Ein Punkt im verlinkten Artikel ist interessant:

    |But the regulation of encryption technologies was the need of the hour, he added:|
    |“Some sort of encryption policy is being followed all over the world, particularly in free democratic societies“|

    Darf ich das so verstehen, dass diese „free democratic societies“ die Westlichen mit brillanten Leadern lupenrein freiheitlicher und demokratischer Gesinnung à la Cameron sind und nun als Vorbild herangezogen werden?

    Why, thanks a lot, Barack H. Obama for not jumping onto Cameron’s stupid fascist cryptowars bandwagon, safeguarding privacy at a turning-point in history, displaying great leadership and courageously setting standards for the world to follow!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.